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Nanowürstchen aus Gold

Chemie.- Ob schmucke Ringe, Ketten oder auch einfach Barren im Tresor: Seit jeher zieht Gold das Interesse der Menschen auf sich. Doch auch Wissenschaftler sind von dem Edelmetall fasziniert: Goldteilchen in Nanometer-Größe absorbieren Licht – und das besonders stark.

Von Frank Grotelüschen | 28.07.2009
    Gerade mal 20 bis 40 Nanometer lang und eine Form wie ein Würstchen. So beschreibt Michael Cortie das Objekt seiner Forscherbegierde. Nanorods, also Nanostäbchen, so nennt der Professor aus Sydney die noch junge Variante des Edelmetalls Gold. 1997 entdeckten Forscher aus Taiwan die Millionstel Millimeter messenden Stäbchen eher zufällig. Und seit wenigen Jahren erst kennen die Experten ein Rezept, wie man die Nanowürstchen gezielt in verschiedenen Größen herstellen kann: zum Beispiel lang und dünn wie eine Thüringer, oder aber kurz und dick wie die gemeine Currywurst.

    "Wir beginnen mit einem Goldsalz, das wir in einer Flüssigkeit auflösen. Dazu kommt eine Art Seife, und zwar eine ganze Menge. Danach geben wir den magischen Tropfen dazu, und zwar eine Lösung aus Silbernitrat. Jetzt kommt noch etwas Vitamin C hinein. Dann können wir uns zurücklehnen, und eine Stunde später haben wir eine rosa- oder blaufarbene Suppe vor uns mit lauter goldenen Nanowürstchen."

    Klingt ein wenig nach Hexenküche - und ist es auch. Denn warum man ausgerechnet ein Tröpfchen Silberlösung dazugeben muss, damit die Nanowürstchen was werden - Cortie und seine Kollegen haben schlicht keine Ahnung. Dafür wissen sie etwas anderes:

    "Sie haben faszinierende Eigenschaften - vor allem, was ihre Wirkung auf Licht angeht. Und zwar können sie Licht äußert wirkungsvoll absorbieren. Der Clou: Verschieden lange Nanostäbchen absorbieren jeweils unterschiedliche Farben. Und da wir die Größe der Stäbchen mittlerweile sehr genau einstellen können, können wir präzise die Farbe bestimmen, die die Teilchen absorbieren: rot, blau oder grün - die ganze Palette."

    Die Ideen, wie man das technisch ausnutzen könnte, sind vielfältig: Die Forscher denken an Sensoren, an die optische Datenspeicherung, an Flüssigkristalle für Bildschirme oder an neuartige, effizientere Solarzellen. Michael Cortie aber ist an einer anderen Sache dran. Er will die Goldwürstchen als Wärmefilter für Fensterscheiben verbraten.

    "Im Sommer möchte man vermeiden, dass die Sonne unsere Häuser und Büros zu stark aufheizt. Deshalb versucht man schon lange Fenster zu entwickeln, die das Sonnenlicht durchlassen, aber keine Wärme. Es gibt viele Ansätze, aber die Nanostäbchen erscheinen uns besonders vielversprechend. Sie können die Wärmestrahlung der Sonne höchst effektiv absorbieren. Und im Gegensatz zu anderen Substanzen bleichen sie mit der Zeit nicht aus."

    Die Goldstäbchen sollen in einer Kunststoff-Lösung einfach aufs Glas aufgesprüht werden. Man muss also keine Scheiben austauschen, sondern kann die vorhandenen Fenster einfach nachbehandeln. Hier aber besteht noch Forschungsbedarf: Die Experten haben bislang noch keinen Kunststoff gefunden, der über Jahre UV-stabil wäre. Und sowieso: Vergoldete Fenster für den Wärmeschutz - ist das nicht viel zu teuer? Nein, nein, meint Nanoexperte Michael Cortie. Denn:

    "Natürlich müssen genug Nanostäbchen vorhanden sein, damit der Effekt greifen kann. Doch viel ist das nicht: Pro Quadratmeter Beschichtung wird man Gold im Wert von nicht mehr als zwei Euro brauchen."