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"National befreite Zone"

In ihrem Buch "In der NPD - Reisen in die National Befreite Zone" beschrieben die Sportjournalisten Christoph Ruf und Olaf Sundermeyer, wie die NPD ihre Propaganda gezielt in die Fußballszene trägt. Von der Anwerbung rechtsextremer Fans bis hin zu Aktivitäten im Jugendbereich reichen die Strategien der Partei.

Von Johanna Herzing |
    "Man schnappt sich dann in der Provinz ein umgrenztes Gebiet. Das sind oft Regionen, wo die Partei bzw. die Bewegung eh schon stark ist, und macht einfach Freizeitangebote. Das geht von rechtsautonomen Jugendzentren bis hin zu Kinderbetreuung, bis eben auch zur Gründung von Sportvereinen und da eben auch Fußballvereinen. Nach dem Spiel gibt es dann halt ein Bier, und dann redet man halt auch mal über Inhalte, und das sind dann die Inhalte der NPD, und das ist gefährlich."

    Die Inhalte der NPD kennt Christoph Ruf zur Genüge. Gemeinsam mit seinem Kollegen Olaf Sundermeyer ist der Sportjournalist mit der rechtsextremen Partei auf Tuchfühlung gegangen. In ihrer Reportagensammlung "In der NPD - Reisen in die National Befreite Zone" legen die Autoren offen, wie die Rechtsextremisten sich den sogenannten Marsch in die Mitte der Gesellschaft vorstellen. Beispielsweise über den Sport.

    "Für die NPD eignet sich grundsätzlich alles, was massenkompatibel ist, weil sie aus ihrem Ghetto raus wollen ohne sich inhaltlich aus dem Ghetto zu entfernen - das ist ein rein strategisches Ziel. Fußball interessiert die Leute. Da braucht man kein Prophet zu sein. Es ist dann schon nahe liegend, dass man sagt, man kümmert sich um den Volkssport Nummer Eins."

    So versucht die Partei zum einen bei ohnehin rechten Fußballfans Anklang zu finden - wie etwa bei den "Blue Caps", einer Gruppe von so genannten Ultrafans des 1. FC Lokomotive Leipzig. Die "Blue Caps" leisteten Ordnerdienste auf NPD-Veranstaltungen und wurden vom Verein deshalb bereits mit einem Stadionverbot belegt. Zum anderen haben Rechtsextremisten die unteren Ligen und den Amateurfußball für sich entdeckt. So wurde im vergangenen Jahr der Fall Hildburghausen in Thüringen bekannt. Dort hatte ein Neonazi mit enger Unterstützung durch die thüringische NPD einen eigenen Fußballverein, den SV Germania Hildburghausen, gegründet. Und auch im Westen Deutschlands sind rechte Tendenzen im Fußball durchaus ein Problem. Angelika Ribler von der hessischen Sportjugend berät in ihrem Bundesland Vereine, die Schwierigkeiten mit Rechtsextremismus, Rassismus oder Antisemitismus haben:

    "Das wohl prominenteste Beispiel aus Hessen bezieht sich auf einen Verein, der fünf Jahre lang einen Jugendtrainer beschäftigt hat, der gleichzeitig eine hohe NPD- Führungskraft war und ist. Als Außenstehender würde man eventuell sagen: So ein Mensch darf niemals in Kontakt mit Kindern und Jugendlichen kommen und muss sofort aus dem Verein rausgeschmissen werden. Nun kann ich als externe Beraterin aber nicht den Vereinen vorschreiben, was sie zu tun oder zu lassen haben."

    Zu den Maßnahmen, die Angelika Riblers mobile Interventionsteams den Vereinen anbieten, zählen unter anderem die Änderung der Vereinssatzung, die Einführung eines Trainerkodex oder ein Mustermietvertrag für Vereinskneipen. Außerdem führen die Berater Schulungen durch, etwa zu rechtsextremen Symbolen und Codes - denn viele rechte Gruppierungen sind mittlerweile von Glatze und Springerstiefel auf weit subtilere Erkennungsmerkmale umgestiegen. Vom sofortigen Ausschluss rechter Vereinsmitglieder hält Ribler allerdings wenig:

    "Also ich bin als Sportjugendvertreterin - wenn es überhaupt irgendwie geht - gegen Verbote, zumindest im Jugendbereich. Wir haben die Situation, dass die jungen Leute, die sich rechten Cliquen anschließen, in der Regel schon aus vielen Institutionen rausgeflogen sind und wenn überhaupt dann noch dem Sport nachgehen. Das heißt, der Sportverein ist manchmal die letzte Station, wo die überhaupt noch zu kontakten sind."

    Trotz aller Brisanz warnt Ribler davor, das Problem Rechtsextremismus im Fußball zu dramatisieren. Anders als Christoph Ruf kann sie bei den Vorfällen noch keine Strategie der NPD erkennen. Den Begriff "Unterwanderung" lehnt sie deshalb ab. Zudem leisteten vor allem die so genannten Fanprojekte, die sich gegen Rassismus engagieren, auf Ebene der 1. bis 3. Bundesliga sehr gute Arbeit. Besonders wichtig sei aber die Arbeit in den unteren Fußballklassen und in den Dorfvereinen:

    "Und je weiter Sie die Liga runtergehen, desto schwieriger werden die Rahmenbedingungen - will sagen: da sind eben keine Fanprojekte, da ist niemand, der sich um die Fans kümmert. Und dann kann man natürlich wenn es solche Rahmenbedingungen gibt, auch wieder offener seine Meinung zu Tage befördern."

    Dass auch Politiker das Thema "Rechtsextremismus im Sport" ernst nehmen, zeigte sich zuletzt am Donnerstag. Bei einer Bundestags-Debatte zum Thema "Sportpolitik" erklärte Martin Gerster von der SPD:

    "Wir haben hier eine Entwicklung, die wir seit Jahren beobachten, dass Rechtsextreme den Sport missbrauchen wollen, insbesondere den Fußball, um ihre gefährlichen Ideologien letztendlich zu verbreiten und ich glaube, wir müssen alles daran setzen, dass wir hier diesen Bestrebungen eine klare Absage erteilen."


    "In der NPD - Reisen in die National Befreite Zone" von Christoph Ruf und Olaf Sundermeyer, Verlag C.H. Beck, 229 Seiten. 12,95 Euro