Adam Tellemeister: "Also stelle ich die Frage, ob die Schweizer Bohème eher im Ausland zu finden ist. Die Schweizer leben in einer homogenen Kantonskultur, die keine Kultur der Nation darstellt.
Ich glaube der Schweizer guckt ins Ausland, wie er da reflektiert worden ist. Was lässt Schweizer im Ausland zusammenkommen? Ist Berlin ein Stück deutsche Heimat? Offenbar gibt es in der Schweiz keine Möglichkeit für subkulturelle Situationen, wie man sie zum Beispiel in Berlin immer noch finden kann."
Die Helvetia Röschti-Bar mitten in Berlin-Kreuzberg, zwischen türkischen Kramlädchen, Imbissbuden und Teestuben gleicht ein wenig dem Alpenstaat in Europa: mittendrin, aber doch nicht ganz dabei. Viereinhalbtausend Schweizer sind gemeldet in Berlin und etwa 40 von ihnen - Künstler, Schauspieler, Autoren und Regisseure - haben sich versammelt, um über die Kulturszene zu Hause und im Ausland zu sprechen.
In der Schweiz ist kein Platz für künstlerische Freiheit, geschweige denn für eine Künstler-Bohème. Die kreative Szene spielt sich im Ausland ab, denn wessen Kunst den vorgegebenen Rahmen sprengt, verliert nicht selten Ausstellungsmöglichkeiten und staatliche Unterstützung. Auch Vertreter der Botschaft sind zur Stellungnahme eingeladen, aber die offizielle Schweiz weilt heute Abend scheinbar in Vollbesetzung auf der Berlinale. Derweil erklärt Regisseur Marc Ottiker, wieso man als Schweizer Künstler nach Deutschland geht:
"Der materielle Druck ist weniger groß. Und überhaupt, in der Schweiz, da geht's um Wettbewerb, Wachstum, all diese Dinge, mit denen Unsereiner natürlich nicht viel anfangen kann. Vielleicht ist Bohème in der Schweiz eher so etwas Luxuriöses. In der Schweiz tut man sich schwer mit dem Anschluss an eine pluralistische Gesellschaft, das hat man jetzt bei der Minarettabstimmung wieder gesehen. Und da gehe ich lieber wohin, wo es eine Bereitschaft gibt, sich den Realitäten zu stellen."
Das Deutschlandexil der Schweizer Kreativszene hat der Maler und Aktionskünstler Adam Tellmeister sogar zum künstlerischen Programm erhoben: seine Flucht aus der Schweiz und seinen Asylantrag in die DDR hat er zum Thema einer Langzeit-Performance gemacht hat. Über 200 Schweizer Künstlerkollegen schickten ihm unlängst Pakete aus der Heimat nach Berlin. Unter anderem kam auch ein abgeschnittener Schweinekopf ohne Absender. Verräter, die dann auch noch Erfolg im Ausland haben, sieht man nicht gern in der Schweiz. Als Künstler hat man kommerziellen Erfolg zu haben oder sich zurückzuhalten.
Adam Tellmeister: "Der Stellenwert von Kunst innerhalb der Bürgerschaft ist ein total anderer als hier in Deutschland. Wenn der Bürger sich gestört fühl, wird er sofort auch recht bekommen. Subversive Kultur wurde systematisch an den Rand gedrängt und ausgemerzt in der Schweiz."
Zählt also pekuniärer Erfolg in der Schweiz mehr als künstlerische Kreativität? Prominente Beispiele weisen in diese Richtung. So sollen hinter der überraschenden Festnahme von Roman Polanski vor allem wirtschaftliche Interessen gestanden und die Schweizer Behörden sich so den Schutz ihres Bankgeheimnisses gegenüber den USA erkauft haben.
Das Vorgehen sei nicht nur eine "groteske Justizposse, sondern auch ein ungeheurer Kulturskandal", schrieb damals der Verband der Regisseure. Aber manchmal endet der Horizont eben schon an den eigenen Landesgrenzen. Auch bei der Diskussion der Schweizer Künstler in Berlin, wenn es um die nationale Identität geht. Der Schauspieler Rene Schönenberger meint über deutsche Arbeitskräfte in der Schweiz.
Schönenberger: "Der Kanton Zürich ist davon am meisten betroffen. Da kommen fast jeden Monat 1000 Deutsche mit sehr guten Positionen in den Kanton und besetzen dadurch sehr, sehr viele Kaderstellungen und können sozusagen den Schweizer befehlen. Den Obrigkeitswahn, den gibt's in diesem Sinne nicht in der Schweiz. Da kann man sagen: ja Moment mal, sind wir eigentlich die Fremden oder ist er der Fremde?"
Der Tenor der Diskussion in Berlin war ein anderer: Man begrüßte, dass es immerhin einige Deutsche gibt, die das verschlafene Zürich etwas aufmischen. Und freute sich über die Möglichkeit unangepasster Schweizer Künstler, nach Deutschland auszureisen.
Ich glaube der Schweizer guckt ins Ausland, wie er da reflektiert worden ist. Was lässt Schweizer im Ausland zusammenkommen? Ist Berlin ein Stück deutsche Heimat? Offenbar gibt es in der Schweiz keine Möglichkeit für subkulturelle Situationen, wie man sie zum Beispiel in Berlin immer noch finden kann."
Die Helvetia Röschti-Bar mitten in Berlin-Kreuzberg, zwischen türkischen Kramlädchen, Imbissbuden und Teestuben gleicht ein wenig dem Alpenstaat in Europa: mittendrin, aber doch nicht ganz dabei. Viereinhalbtausend Schweizer sind gemeldet in Berlin und etwa 40 von ihnen - Künstler, Schauspieler, Autoren und Regisseure - haben sich versammelt, um über die Kulturszene zu Hause und im Ausland zu sprechen.
In der Schweiz ist kein Platz für künstlerische Freiheit, geschweige denn für eine Künstler-Bohème. Die kreative Szene spielt sich im Ausland ab, denn wessen Kunst den vorgegebenen Rahmen sprengt, verliert nicht selten Ausstellungsmöglichkeiten und staatliche Unterstützung. Auch Vertreter der Botschaft sind zur Stellungnahme eingeladen, aber die offizielle Schweiz weilt heute Abend scheinbar in Vollbesetzung auf der Berlinale. Derweil erklärt Regisseur Marc Ottiker, wieso man als Schweizer Künstler nach Deutschland geht:
"Der materielle Druck ist weniger groß. Und überhaupt, in der Schweiz, da geht's um Wettbewerb, Wachstum, all diese Dinge, mit denen Unsereiner natürlich nicht viel anfangen kann. Vielleicht ist Bohème in der Schweiz eher so etwas Luxuriöses. In der Schweiz tut man sich schwer mit dem Anschluss an eine pluralistische Gesellschaft, das hat man jetzt bei der Minarettabstimmung wieder gesehen. Und da gehe ich lieber wohin, wo es eine Bereitschaft gibt, sich den Realitäten zu stellen."
Das Deutschlandexil der Schweizer Kreativszene hat der Maler und Aktionskünstler Adam Tellmeister sogar zum künstlerischen Programm erhoben: seine Flucht aus der Schweiz und seinen Asylantrag in die DDR hat er zum Thema einer Langzeit-Performance gemacht hat. Über 200 Schweizer Künstlerkollegen schickten ihm unlängst Pakete aus der Heimat nach Berlin. Unter anderem kam auch ein abgeschnittener Schweinekopf ohne Absender. Verräter, die dann auch noch Erfolg im Ausland haben, sieht man nicht gern in der Schweiz. Als Künstler hat man kommerziellen Erfolg zu haben oder sich zurückzuhalten.
Adam Tellmeister: "Der Stellenwert von Kunst innerhalb der Bürgerschaft ist ein total anderer als hier in Deutschland. Wenn der Bürger sich gestört fühl, wird er sofort auch recht bekommen. Subversive Kultur wurde systematisch an den Rand gedrängt und ausgemerzt in der Schweiz."
Zählt also pekuniärer Erfolg in der Schweiz mehr als künstlerische Kreativität? Prominente Beispiele weisen in diese Richtung. So sollen hinter der überraschenden Festnahme von Roman Polanski vor allem wirtschaftliche Interessen gestanden und die Schweizer Behörden sich so den Schutz ihres Bankgeheimnisses gegenüber den USA erkauft haben.
Das Vorgehen sei nicht nur eine "groteske Justizposse, sondern auch ein ungeheurer Kulturskandal", schrieb damals der Verband der Regisseure. Aber manchmal endet der Horizont eben schon an den eigenen Landesgrenzen. Auch bei der Diskussion der Schweizer Künstler in Berlin, wenn es um die nationale Identität geht. Der Schauspieler Rene Schönenberger meint über deutsche Arbeitskräfte in der Schweiz.
Schönenberger: "Der Kanton Zürich ist davon am meisten betroffen. Da kommen fast jeden Monat 1000 Deutsche mit sehr guten Positionen in den Kanton und besetzen dadurch sehr, sehr viele Kaderstellungen und können sozusagen den Schweizer befehlen. Den Obrigkeitswahn, den gibt's in diesem Sinne nicht in der Schweiz. Da kann man sagen: ja Moment mal, sind wir eigentlich die Fremden oder ist er der Fremde?"
Der Tenor der Diskussion in Berlin war ein anderer: Man begrüßte, dass es immerhin einige Deutsche gibt, die das verschlafene Zürich etwas aufmischen. Und freute sich über die Möglichkeit unangepasster Schweizer Künstler, nach Deutschland auszureisen.