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Native Advertising
Werbung im redaktionellen Gewand

Werbung im Internet kann extrem störend sein: Animierte Banner über und neben den Texten oder Anzeigen, die sich über das Angebot schieben, über das man gerade lesen will. Immerhin aber: Hier ist Werbung deutlich als solche zu erkennen. Bei einer neueren Werbeform, dem sogenannten Native Advertising, ist das mitunter anders.

Von Daniel Bouhs | 29.09.2014
    Wer wissen will, wie Online-Werbung heute funktioniert, der muss nur beim Internetportal "Curved" vorbeischauen. Testberichte von Smartphones und handlichen Tablet-Computern - solche Seiten gibt es natürlich viele im Netz, doch "Curved" ist eine besondere. Hinter diesem Angebot steht nämlich nicht etwa ein Verlag, sondern eine Werbeagentur. Treibende Kraft: E-Plus.
    "Lust zu machen auf mobilen Lifestyle, auf mobile Endgeräte"
    - das ist der Auftrag von Matthias Schrader. Der Hamburger Werbeprofi hat "Curved" aufgebaut. Er beschäftigt Handytester und veröffentlichen sie einen Bericht, dann finden sich darunter Angebote von E-Plus. Das Unternehmen verdient daran, dass Nutzer mobil im Internet surfen. "Curved" soll Interesse wecken und damit das Geschäft von E-Plus ankurbeln. Ein Modell, das in der analogen Welt so ähnlich seit Jahrzehnten funktioniert.
    "Ich vergleiche das immer so ein bisschen mit dem Michelin-Restaurantführer. Auch Michelin als Reifenhersteller ist bekanntlich nicht im Restaurant-Business, aber versucht Lust darauf zu machen, das zu Hause zu verlassen, nach draußen zu fahren 200 Kilometer, ein Sternerestaurant zu besuchen."
    Advertorials und gesponsorte Artikel
    Möglichst unauffällig Lust auf neue Produkte machen - das ist Native Advertising: Werbung, die sich in journalistische Angebote einfügt, so gut es geht. In anderen Varianten bezahlen Unternehmen beispielsweise Blogger dafür, dass sie ihre Produkte in "gesponserten Artikeln" besprechen. Mit "Advertorials" bestellen sie wiederum ihren Wunsch-Inhalt.
    Beim Smartphone-Portal "Curved" hat sich etwa ein Schuhhersteller einen Testbericht von Musik-Streamingdiensten gewünscht - als passendes junges Umfeld für sein Produkt. Der Schuh wurde schließlich in Szene gesetzt: in dem Foto, das dem Testbericht beigestellt wurde. Ein neues und kompliziertes Zusammenspiel, findet selbst Werbeprofi Matthias Schrader:
    "Das ist sicherlich ein Spagat und da experimentiert ja auch die ganze Branche mit. Wichtig ist, dass das entsprechend gekennzeichnet wird und da kann man sich am Ende des Tages immer darüber streiten, wie groß muss das halt passieren."
    Wie leicht können Nutzer Werbung noch identifizieren? An diesem Streit beteiligt sich auch Michaela Zinke. Sie arbeitet beim Bundesverband der Verbraucherzentralen in der Arbeitsgruppe "Surfer haben Rechte" - und sie ist skeptisch:
    "Grundsätzlich ist das tatsächlich eine Form, die würde ich schon sagen relativ hingeht zur Schleichwerbung, dass eben nicht mehr erkennbar ist, was ist der redaktionelle Teil und was ist hier Werbung."
    Werbung nicht als solche gekennzeichnet
    Mit Begriffen wie "Advertorial" könnten viele Nutzer jedenfalls nichts anfangen, mahnt die Verbraucherschützerin. Die Hinweise seien außerdem oft viel zu versteckt. Schade sei das, sagt Zinke, denn:
    "Per se ist gegen Werbung grundsätzlich ja nichts einzuwenden. Ich glaube, wenn der Deal sozusagen fair ist, ist es für die Verbraucher auch in Ordnung, dass sie Werbung bekommen."
    "Fair heißt unterm Strich?"
    "Dass es transparent ist letztlich, dass sie einfach wissen: Das hier ist jetzt Werbung und das ist der Teil, auf den ich mich verlassen kann, der wurde sozusagen unabhängig recherchiert, sage ich jetzt mal, ohne dass Einfluss von einem Unternehmen dahinter stand. Und ich würde sagen: Dann ist es okay."
    Doch genau darum geht es Unternehmen natürlich: Dass Werbung dem Verbraucher möglichst nicht mehr als solche auffällt. Das Prinzip "Native Advertising" wird deshalb eine streitbare Angelegenheit bleiben.