Gibt es ein "Grünes Bewusstsein"? Warum engagieren sich manche Länder stärker für die Umwelt als andere? Und wie wirken sich kulturelle Faktoren auf die Umweltpolitik aus? Diese Fragen haben Catharina Bening von der Uni St. Gallen angetrieben, bevor sie ihre Doktorarbeit begonnen hat. Die junge Ökonomin beschäftigt sich seit bald zwei Jahren intensiv damit. Zu Beginn hörte sie oft ein Argument: Je reicher ein Land ist, desto mehr kann es sich weichen Zielen wie Umweltschutz widmen. Catharina Bening:
"Dann aber können wir uns nicht erklären, warum so Länder wie Uruguay, die eben in diesem Nachhaltigkeits-Index auf Platz drei sind, und Kanada auf Platz 36: warum da solche Unterschiede bestehen. "
Kanada ist deutlich reicher als Uruguay, engagiert sich aber dennoch weniger im Umweltschutz. Bening stieß auf andere Erklärungen: Wer sich für die Umwelt einsetzt, muss geografisch besonders gefährdet sein oder in der Geschichte größere Katastrophen erlebt haben. – Auch das hörte sich überzeugend an, passte aber nicht zu ihren Beobachtungen. Catharina Bening:
"Dann gibt es eben Inseln in der Südsee, die schon vor 300/400 Jahren so was wie eine Umweltschutzsteuer eingeführt haben. Ohne dass es in ihrer Geschichte ein Ereignis gegeben hätte, von dem man sagen könnte: das hat sie getroffen, das hat sie in ihren Lebensverhältnissen stark erschüttert, darauf haben sie reagiert – also es ist als eine Reaktion passiert. Sie haben sich aber diese Umweltschutzsteuer schon sehr früh geleistet und dadurch etwas geschaffen – im Vergleich zu Nachbarinseln beispielsweise – , was heute unvergleichlich ist. "
Für die Wissenschaftlerin war damit klar: Es musste noch weitere Erklärungen geben. So hat sie beobachtet, dass die Natur für Inder oder Peruaner eher einen spirituellen Charakter hat. Deutsche oder US-Amerikaner dagegen heben ihre Nützlichkeit hervor. Solche Unterschiede seien von großer Bedeutung – belegen sie doch, wie kulturelle Faktoren wie Religion, Ethik oder Einstellungen das "Grüne Bewusstsein" prägen:
"Genauso wie die Frage: was für ein Lebenskonzept habe ich denn überhaupt? Sehe ich mein Leben als ein Leben integriert in die Umwelt und Natur oder aber sehe ich die Natur als Feind, die ich beherrschen muss. Es ist natürlich entscheidend, was ich für ein Bild von der Natur habe – ob feindlich oder paradiesisch, wohin ich will, wo ich her komme und was mein Lebenskonzept grob gesagt ist."
Das grüne Bewusstsein beeinflusst schließlich auch die Umweltpolitik. Rene Kemp arbeitet am ökonomischen Forschungsinstitut in Maastricht. Seit Jahren beschäftigt er sich mit nachhaltigen Strategien in der Energiepolitik – und die sähen Deutsche ganz anders als Niederländer:
"Was sicherlich ganz anders in beiden Ländern ist, das habe ich von deutschen Experten gelernt: Unser niederländischer Ansatz, selbst organisierte Innovationsprozesse auszulösen, wäre in Deutschland schwer vorstellbar. Es würde dort große Widerstände dagegen geben, dass der Staat und die Wirtschaft gemeinsam technologische Veränderungen begleiten. Und dadurch würde es an Zusammenarbeit mangeln."
Das berühmte niederländische Streben nach einem Konsens wirke sich hier positiv aus. Kemp meint, im Nachbarland sei man zudem weniger radikal: so erklärt er sich, dass die Niederländer sich nicht nur auf erneuerbare Energien verlassen wollen. Kraft-Wärme-Kopplung sei hier sehr beliebt. Der Forscher beschreibt das mit dem Begriff "Pragmatismus":
"Wir Niederländer sind pragmatisch in dem Sinn, dass wir auch Einschränkungen erkennen, die angeblich nachhaltige Lösungen haben – ja es ist bestimmt so, dass die Holländer pragmatisch sind."
Schon unter Nachbarn unterscheidet sich also das grüne Bewusstsein stark. Ganz anders aber sieht es auf verschiedenen Kontinenten aus, wie Catharina Bening erklärt:
"Wenn man jetzt natürlich nicht nur intereuropäisch blickt, sondern über offensichtlich große Kulturgrenzen hinweg blickt und so etwas wie Religion mit einbezieht – was natürlich ein ganz großer Faktor ist – und dann das hinduistische Verständnis mit dem christlichen vergleicht, dann kommt zum Beispiel so ein Faktor wie Zeit zum Tragen. Wenn ich kein lineares Zeitkonzept habe, wie es im Christentum zum Beispiel der Fall wäre oder im Islam, sondern eher ein zirkuläres, dann kann ich Ideen, die mit Nachhaltigkeit und Umweltschutz, die ja eher zukünftig ausgerichtet sind, gar nicht so implementieren."
Mit kulturellen Erklärungen, meint die junge Wissenschaftlerin, kommt man jedenfalls weiter: So könne man auch ermitteln, wie erfolgreich nachhaltige Strategien in unterschiedlichen Ländern sein könnten: Lebenskonzepte, der Grad an Pragmatismus oder Zeitvorstellungen in einer Kultur lieferten dazu einen Schlüssel.
"Dann aber können wir uns nicht erklären, warum so Länder wie Uruguay, die eben in diesem Nachhaltigkeits-Index auf Platz drei sind, und Kanada auf Platz 36: warum da solche Unterschiede bestehen. "
Kanada ist deutlich reicher als Uruguay, engagiert sich aber dennoch weniger im Umweltschutz. Bening stieß auf andere Erklärungen: Wer sich für die Umwelt einsetzt, muss geografisch besonders gefährdet sein oder in der Geschichte größere Katastrophen erlebt haben. – Auch das hörte sich überzeugend an, passte aber nicht zu ihren Beobachtungen. Catharina Bening:
"Dann gibt es eben Inseln in der Südsee, die schon vor 300/400 Jahren so was wie eine Umweltschutzsteuer eingeführt haben. Ohne dass es in ihrer Geschichte ein Ereignis gegeben hätte, von dem man sagen könnte: das hat sie getroffen, das hat sie in ihren Lebensverhältnissen stark erschüttert, darauf haben sie reagiert – also es ist als eine Reaktion passiert. Sie haben sich aber diese Umweltschutzsteuer schon sehr früh geleistet und dadurch etwas geschaffen – im Vergleich zu Nachbarinseln beispielsweise – , was heute unvergleichlich ist. "
Für die Wissenschaftlerin war damit klar: Es musste noch weitere Erklärungen geben. So hat sie beobachtet, dass die Natur für Inder oder Peruaner eher einen spirituellen Charakter hat. Deutsche oder US-Amerikaner dagegen heben ihre Nützlichkeit hervor. Solche Unterschiede seien von großer Bedeutung – belegen sie doch, wie kulturelle Faktoren wie Religion, Ethik oder Einstellungen das "Grüne Bewusstsein" prägen:
"Genauso wie die Frage: was für ein Lebenskonzept habe ich denn überhaupt? Sehe ich mein Leben als ein Leben integriert in die Umwelt und Natur oder aber sehe ich die Natur als Feind, die ich beherrschen muss. Es ist natürlich entscheidend, was ich für ein Bild von der Natur habe – ob feindlich oder paradiesisch, wohin ich will, wo ich her komme und was mein Lebenskonzept grob gesagt ist."
Das grüne Bewusstsein beeinflusst schließlich auch die Umweltpolitik. Rene Kemp arbeitet am ökonomischen Forschungsinstitut in Maastricht. Seit Jahren beschäftigt er sich mit nachhaltigen Strategien in der Energiepolitik – und die sähen Deutsche ganz anders als Niederländer:
"Was sicherlich ganz anders in beiden Ländern ist, das habe ich von deutschen Experten gelernt: Unser niederländischer Ansatz, selbst organisierte Innovationsprozesse auszulösen, wäre in Deutschland schwer vorstellbar. Es würde dort große Widerstände dagegen geben, dass der Staat und die Wirtschaft gemeinsam technologische Veränderungen begleiten. Und dadurch würde es an Zusammenarbeit mangeln."
Das berühmte niederländische Streben nach einem Konsens wirke sich hier positiv aus. Kemp meint, im Nachbarland sei man zudem weniger radikal: so erklärt er sich, dass die Niederländer sich nicht nur auf erneuerbare Energien verlassen wollen. Kraft-Wärme-Kopplung sei hier sehr beliebt. Der Forscher beschreibt das mit dem Begriff "Pragmatismus":
"Wir Niederländer sind pragmatisch in dem Sinn, dass wir auch Einschränkungen erkennen, die angeblich nachhaltige Lösungen haben – ja es ist bestimmt so, dass die Holländer pragmatisch sind."
Schon unter Nachbarn unterscheidet sich also das grüne Bewusstsein stark. Ganz anders aber sieht es auf verschiedenen Kontinenten aus, wie Catharina Bening erklärt:
"Wenn man jetzt natürlich nicht nur intereuropäisch blickt, sondern über offensichtlich große Kulturgrenzen hinweg blickt und so etwas wie Religion mit einbezieht – was natürlich ein ganz großer Faktor ist – und dann das hinduistische Verständnis mit dem christlichen vergleicht, dann kommt zum Beispiel so ein Faktor wie Zeit zum Tragen. Wenn ich kein lineares Zeitkonzept habe, wie es im Christentum zum Beispiel der Fall wäre oder im Islam, sondern eher ein zirkuläres, dann kann ich Ideen, die mit Nachhaltigkeit und Umweltschutz, die ja eher zukünftig ausgerichtet sind, gar nicht so implementieren."
Mit kulturellen Erklärungen, meint die junge Wissenschaftlerin, kommt man jedenfalls weiter: So könne man auch ermitteln, wie erfolgreich nachhaltige Strategien in unterschiedlichen Ländern sein könnten: Lebenskonzepte, der Grad an Pragmatismus oder Zeitvorstellungen in einer Kultur lieferten dazu einen Schlüssel.