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Naturführungen per GPS

Um mehr junge Menschen in die Umweltbildung zu locken, bedienen sich die Naturpädagogen im Duvenstedter Brook der neuesten Technik: Mit GPS-Geräten ausgerüstet geht es über Stock und Stein durch das Naturschutzgebiet.

Von Maike Strietholt | 08.07.2010
    "Ihr wählt unten rechts die Karteikarte Inhalt aus und geht dann ganz unten zurück zur Modus-Auswahl, und bestätigt das dann."

    Die 20 Studenten blicken noch ein wenig skeptisch auf die Geräte in ihren Händen. Was klingt wie ein Computerkurs, ist der Beginn einer naturkundlichen Führung. "Naturscout" nennt sich der Taschencomputer, ist handtellergroß und soll die Gruppe durch den "Duvenstedter Brook" führen – ein Naturschutzgebiet bei Hamburg.

    Henning macht sein Freiwilliges Ökologisches Jahr beim Naturschutzbund Hamburg und kennt das System:

    "Jetzt habt ihr 'Feste Route gehen' oder 'Auf allen Wegen gehen' auszuwählen, und dann seht ihr die Routen, die derzeit zur Auswahl stehen."

    Und da gibt es dann die "Große Runde", die "Wiese-Moore-Wälder-Route" oder die "Vogeltour"– man kann sich aber auch einfach frei durchs Gelände bewegen.

    Der Naturscout funktioniert mit GPS-Technik. Immer, wenn einer derjenigen Punkte erreicht ist, die auf der Landkarte im Gerät mit einem Fernglas gekennzeichnet sind, gibt es ein "Pieps" - Informationen zum Standort werden dann auf dem Bildschirm angezeigt. In Form von Texten, Audiodateien und kurzen Videos.

    Die Gruppe der Universität Kiel ist inzwischen losmarschiert und wurde vom ersten "Pieps" gestoppt - es ist der Sumpf. Markus liest den Informationstext vor:

    "Das flache Wasser im Sumpf erwärmt sich schnell – ideale Bedingungen insbesondere für Mückenlarven, die wiederum Wasserinsekten wie Libellen und Käfer ernähren. Zudem werden die geschlüpften Mücken gern von Amphibien und Vögel gefressen. Fazit: Der Sumpf steckt voller Leben!"

    "Was sieht man da?"

    "Den Sumpf!"

    "Ist das dieser Blickwinkel hier? Das wurde wohl im Winter aufgenommen. So, dann spiele ich hier mal ein Geräusch ab – die Stockente vielleicht."

    Die Studenten besuchen noch den Insektenteich und begehen die Feuchtwiese; Sie lauschen im Erlenbruchwald der Audioaufnahme eines Spechtrufes und informieren sich am Schilf über den Graureiher. Nach einer guten Stunde geben Markus und Erik ein erstes Urteil ab:

    "Vorteile sind auf jeden Fall, dass Dinge, die eigentlich theoretisch vermittelt werden in Büchern oder in Schaubildern, direkt erfahrbar sind, dass man den Hintergrund als Input auf dem PDA hat und sich das dann direkt angucken kann in der Natur."

    "Also ich glaube, ersetzen kann es einen Pädagogen bestimmt nicht, also wenn da zum Beispiel etwas Besonderes am Wegesrand ist, wie die Maus die wir eben hatten – da könnte er bestimmt auch noch etwas zu sagen. Und das kann das Gerät leider nicht."

    Naturpädagogen gibt es im Duvenstedter Brook natürlich auch – doch die können die große Nachfrage an Führungen bei Weitem nicht abdecken. Und so wird das GPS-Gerät seit seiner Einführung vor drei Jahren rege genutzt – an manchen Tagen sind alle zehn Geräte gleichzeitig "unterwegs".

    Tobias Hinsch vom Naturschutzbund Hamburg hat den Naturscout entwickelt und erklärt, was außerdem für das Gerät spricht:

    "Wir stehen als Naturschutzverband immer vor der Herausforderung im Naturschutzgebiet Informationen im Gebiet zu bieten, ohne selbst in das Naturschutzgebiet einzugreifen, das heißt, wir möchten das Gebiet nicht mit einem Schilderwald versehen. Und da war eine technische Lösung für uns ein neuer Weg, der attraktiv erschien."

    Und:

    "Der ausschlaggebende Punkt war, dass wir merkten, wie unglaublich schwer es ist, Jugendliche für den Naturschutz zu begeistern, und da mit dem Naturscout einen neuen Weg in der Umweltbildung etablieren wollten."

    Mittlerweile gibt es eine Studie über das Naturscout-System– und die bestätigt den Ansatz des Naturschutzbundes: Vor allem junge Menschen nutzen den GPS-Führer.

    An eine ernsthafte Konkurrenz zu Playstation, Youtube & Co. glaubt Marlena trotzdem nicht:

    ""Das ist wahrscheinlich auch nur interessant, so lange das neu ist. Wenn sie es einmal gemacht haben, finden sie es wahrscheinlich auch langweilig, und machen lieber etwas anderes.""

    Informationen:

    Duvenstedter Brook