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Naturschutz
Lücken am Grünen Band werden geschlossen

Es ist ein einzigartiger Biotopverbund: Das Grüne Band erstreckt sich über 1.400 Kilometer entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Aber der Streifen hat Lücken, die meisten stammen aus den 1990er-Jahren. Jetzt sollen viele davon geschlossen werden.

Von Jens Falkowski | 04.08.2014
    "Ich denke, man sieht hier auch sehr schön, dass die Grenze so eine breite Schneise hineingeschlagen hat. Wir stehen hier auf den Resten einer alten Binnendüne."
    Dieter Leupold vom BUND in Sachsen-Anhalt führt eine Gruppe entlang der ehemaligen Grenze zwischen DDR und Bundesrepublik. In der Altmark ist ein erster Lückenschluss gelungen. Auf 20 Kilometern entsteht hier wieder ein Biotopverbund. Charakteristisch für das Grüne Band sind die offenen Flächen ohne Bäume. Dieter Leupold und seine Mitarbeiter entdecken hier immer wieder bedrohte Arten.
    "Wir haben jetzt gerade vor wenigen Tagen im Grabensystem direkt am Grünen Band mit der Vogelazurjungfer eine auch deutschlandweit vom Aussterben bedrohte Art gefunden, die hier erstaunlicher Weise noch Restpopulationen immerhin auf einer Länge von circa 20 Kilometern haben, und da hoffen wir sehr, dass wir diese Bestände stabilisieren können. Oder wir haben in einem Moorgebiet eine andere Tagfalterart, den Scheckenfalter. Der ist in Deutschland akut vom Aussterben bedroht. Hat hier am Grünen Band den bedeutendsten Flugort."
    Damit das Grüne Band wieder zu einem ganzen Biotopverbund wird, müssen vor allem Grundstücksfragen geklärt werden. Das Land Sachsen-Anhalt hat sich dazu entschlossen, die fehlenden Flächen zu erwerben. Für Anne-Marie Keding vom Umweltministerium ein aufwendiges, aber geordnetes Verfahren.
    "Jeder, der schon einmal ein Grundstücksgeschäft gemacht hat mit einem, der ihm gegenüberstand, wo man entweder Grundstück gegen Geld getauscht oder vielleicht einen Flächentausch gemacht hat, kann sich das vorstellen, wie viele Punkte da auch zu berücksichtigen sind. Wenn das ganze über 20, 30, 100 Eigentümer erfolgen muss, und dann noch die Bewirtschafter noch dazu, und dann noch die Träger öffentlicher Belange, da kommen leicht Verfahrensdauern von zehn, zwölf Jahren zustande. Und wenn dann einer nicht mitmachen will, gar nicht, und alle Möglichkeiten nutzt, dann sind sie auch mal bei 20 Jahren."
    Land muss angekauft werden
    So greifbar wie in Sachsen-Anhalt ist der Lückenschluss aber nicht überall. Insgesamt sind neun Bundesländer an dem Projekt beteiligt. Auch für das Bundesamt für Naturschutz ist es eine große Aufgabe. Den Lückenschluss fördert es mit 1,6 Millionen Euro. Für die Präsidentin Beate Jessel ist der Verbund trotzdem bedroht.
    "64 Prozent sind zwar noch in einem guten Zustand, die Lebensräume. Aber eben auf 25 Prozent der Länge haben wir Lücken beziehungsweise sind die ehemals offenen Standorte in Sukzession übergegangen. Dort drohen diese offenen extensiv genutzten oder gepflegten Lebensräume verloren zu gehen und dort muss etwas passieren."
    Die Idee des Grünen Bandes kam 1989 vom BUND. Seitdem ist es das größte Projekt des Umweltverbandes. BUND-Vorsitzender Hubert Weigert hält den durchgehenden Verbund für zentral:
    "Denn eine der Hauptursachen für den dramatischen Artenrückgang in unserer gesamten Landschaft ist ja die Isolation von Lebensräumen, dass es keinen Lebensraumzusammenhang mehr gibt. Von daher ist das Grüne Band als zusammenhängender Lebensraumverbund so wichtig und deswegen ist es so wichtig, die Lücken jetzt zu schließen."
    Damit dies schnell gelingt, sind die Erfahrungen von Dieter Leupold aus dem Pilotprojekt ein wichtiger Schlüssel.
    "Wir haben hier in der Altmark die Erfahrung gemacht, dass diese Kombination zwischen Naturschutzvorhaben und auch einer touristischen Entwicklung, die wir unter dem Projekt ‚Erlebnis Grünes Band' zusammenfassen, dass das eine geeignete Strategie ist, um Akzeptanz vor Ort zu schaffen, auch neue Mitstreiter zu gewinnen und dann gemeinsam nach Lösungen zu suchen."
    Engagement, dass Erfolge vorweisen kann: In der Nacht kann Dieter Leupold den Besuchern einen in Deutschland besonders seltenen Schwalbenart, den Ziegenmelker, zu Gehör bringen.