"Also was haben wir denn jetzt hier, eins, zwei, drei, vier, ... zehn, sehr schön, und was ist mit dir? Alle gut? Hallo Rebecca ! - Hier der hat doch so eine schöne Zeichnung. - Der Richard, der graue - der Richard ist ein halber andalusischer Großesel. Die hier ist aus Ungarn. - Alle in Augenschein genommen. Keiner hat ein Problem." -
Sarah Fuchs zählt die Häupter ihrer Lieben. Zehn Esel ihrer 14-köpfigen Eselherde stehen auf dem Kleinen Rummelsberg, ein Drumlin, eine eiszeitliche Kuppe, von Gräsern, Kräutern und Büschen bewachsen. Er ist 83 Meter hoch und liegt bei Brodowin, ein Dorf in der südlichen Uckermark im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Lerchen tirilieren im Himmelsblau. Grüne bewaldete und Wiesenhügel, soweit das Auge reicht, dazwischen glitzern schilfumstandene Seen, leuchten goldgelb Stoppelfelder, mitten darin Sölle, kreisrunde Teiche, wie dunkle Augen im welligen Land. Auffällig breit sind hier die Hecken entlang der Feldwege, die Ufer-, Feld- und Wiesensäume. Esel gehören eigentlich nicht in diese gewässerreiche Landschaft.
"Und dass die hier an diese dornigen Sträucher gehen? - Na ja, das sollen sie ja, das ist ja der Trick; das machen ja eben die Schafe nicht und deswegen kannst du mit Eseln auch so verbuschte Flächen aufkriegen. Esel kommen aus wüstenartigem Gelände ursprünglich, das heißt, die brauchen karge Lebensräume und deshalb sind's eigentlich die idealen Weidetiere für diese Trockenrasen."
Die Trockenrasen auf den Drumlins sind Teil der vielgestaltigen biotopreich -en Brodowiner Endmoränenlandschaft. Nur wenn sie nicht verbuschen, bieten sie Lebensraum für die Trockenrasenfauna und -flora mit ihren seltenen Orchideen, Käfern, Libellen oder Eidechsen. Auf diesen kargen Rasen sind Esel als Landschaftspfleger nützlich. Neuerdings sind sie hier als Reit- und Lasttiere zur touristischen Attraktion geworden:
"Könnt ihr zur Seite gehen? - Machen wir einen Wechsel? - Stop - Wechsel! - Steh! - So, wer ist dran? Peter ist dran - Du bist jetzt zum zweiten Mal dran, nicht? - Dann gehe ich nach dir. - Eh, ich bin schon lange - So, also dann gehen wir weiter, das Muli möchte vorgehen."
Zehn Kinder drängeln sich um zwei Eselsrücken. Ein Dritter trägt Gepäck und Proviant in bastgeflochtenen Körben. Die sechs Erwachsenen müssen laufen - auf einer Halbtagestour durchs Brodowiner Land auf einem schmalen Saumpfad durch einen Dinkelacker am baumumstandenen Rosinsee entlang.
"Was ist da so schön am Eselreiten? - Da ist es so wackelig, und man muss eben nicht laufen. Und die haben auch so'ne weiche Mähne, finde ich, und die steht so hoch. Dass man sich schön festhalten kann. Die sind so niedlich. Schon schön, aber man muss so viel laufen eigentlich."
Diese Tour ist Teil einer eigentlich für einen Tag veranschlagten 15-km Eselwanderung, der sogenannten Plagefenn-Tour:
"Die Tour führt Sie rund um das älteste Naturschutzgebiet Brandenburgs, das Plagefenn, durch die wald- und seenreiche Ausnahme-Landschaft um Brodowin. Wir wandern durch naturgemäß bewirtschaftete Buchenwälder und märchenhafte Erlensümpfe, bis wir den Rosinsee erreichen, einen klaren Waldsee. Baden ist erlaubt und eine willkommene Abkühlung nach langer Wanderung. Das letzte Stück führt uns entlang von ökologisch bewirtschafteten Äckern und Weiden zurück ins Dorf Brodowin."
Das ist auf der Website von 'Packeseltouren Brandenburg', dem jüngst gegründeten Öko-Touristik-Unternehmen der Diplom-Biologin und Esel-verliebten Sarah Fuchs zu lesen. Die Beschreibung lässt ahnen, hier bewegt man sich durch eine besondere Agrar- und Waldlandschaft.
"Halt! Halt mal halt, beide Füße aus den Bügeln, sonst darfst du gar nicht absteigen, sonst bleibst da hängen und dann musst du hier auf diese Seite. - Perfekt! Und ist der Platz schön? - super beautiful. Eine zweite Person, die mit...-ja warte ich muss erst den Rucksack aufnehmen. Und die Martha nimmt diese Schirme.- So Achtung, jetzt heben wir das hinten runter, und ich hab euch zwei Picknickdecken mitgebracht. Soll ich das Essen auspacken, Sepp?"
"Ach, wie schön!" - "Wer will en Apfel?"- "Ich möchte en Apfel"
Picknick mit Eseln unter schattigen Buchen an einer Badestelle am Ufer des Rosinsees.
"Eiszeitliche Gletscher und das abfließende Schmelzwasser haben den See vor 12.000 Jahren geformt. Er ist 9 Meter tief; das Wasser ist kalkhaltig und ... nährstoffarm. Eine Besonderheit sind die am Seegrund wachsenden Armleuchteralgen... Zu den regelmäßigen Besuchern gehören Schwarzstorch, Fischadler und Eisvogel. Die Schellente, eine in Baumhöhlen nistende Tauchentenart brütet in den umgebenden Laubwäldern. Sie nutzt den See als Balzplatz",
heißt es auf einer bebilderten Tafel am Seeufer. Im nahen Rosinfenn, ein Erlenverlandungsmoor, brüten neben Kranich und Graugans seltene Arten wie Waldwasserläufer, Mittelspecht und Zwergschnäpper. 2004 wurde der See vom World Wildlife Fund, WWF, gekauft und unter Aufsicht des Vereins Ökodorf Brodowin der Wasserstand angehoben, sodass das Moor wieder ganzjährig ausreichend Wasser hat.
"Für die Kinder ist das ein wunderbarer Weg zu gehen, die Landschaft kennenzulernen, mit den Tieren zusammen; ist ein toller Ausflug, schön ruhig. Umwerfend, soviel grün, und die Seen und die Wälder und die Esel in der Ferne und der Kirchturm, ganz herrlich."
Packeseltouren im Brodowiner Paradies. Und das hat eine Geschichte: Anfang der 90er-Jahre wurde aus der Brodowiner 12.000-Hektar-LPG ein ökologisch wirtschaftender Demeterbetrieb - Landwirtschaft ohne mineralische Dünger, ohne die Chemiekeulen von Herbi-, Pesti- und Fungiziden. Und Anfang 2000 kam ein Forschungsprojekt dazu:
"Naturschutzhof Brodowin. Modell für eine zukunftsweisende Landwirt-schaft. Der ostdeutsche großflächige ökologische Landbau stellt nicht nur eine neue Form der Landnutzung dar, sondern ist auch eine große Chance für den Naturschutz. Der Demeterbetrieb Ökodorf Brodowin Landwirtschafts-GmbH und Co. KG stellt seine Flächen für Untersuchungen für naturschutzfachliche Optimierung des Ökolandbaus zur Verfügung."
Auf Wanderungen durch die Brodowiner Gemarkungen stößt man auf Schilder mit diesem Text und Hinweisen auf Naturschutzmaßnahmen am jeweiligen Standort wie die Pflege von Uferzonen, die Anlage von Hecken oder Blühstreifen im Acker. - Mit dem Projektbeginn 2002 wurde Brodowin zu einem hierzulande einzigartigen Forschungsstandort von Agroökonomen, Biologen und Landschaftsökologen für eine nachhaltige Landwirtschaft nach den Regeln der Natur. Ziel der Forschung war, wissenschaftlich fundiert, soviel Naturschutz wie möglich, soweit wie betriebswirt-schaftlich vertretbar,in die ökologische Landwirtschaft zu integrieren.
"Wir haben für dieses Jahr beschlossen, dass wir einige großflächige Ackerbaumaßnahmen machen wollen, das heißt, dort wollen wir eine Verzögerung des zweiten Schnittes beim Futterbau umsetzen, dann wollen wir Drilllücken im Getreide auf einem großen Feld einsetzen, um dort freie Flächen und Einflugplätze für die Bodenbrüter herzustellen; hoffentlich hilft es auch den Hasen; das nächste sind Sonderstandorte, also kleinflächige Maßnahmen. Da fällt mir als Erstes ein, ein kleiner Randbereich am Rummelsberg, wo es ein seltenes Wildkraut gibt, was wir dort schützen wollen. Das kommt erst zur Blüte nach der Ernte, sodass wir da verzichten wollen auf die Stoppelbearbeitung in einem 30-40 m breiten Randstreifen."
So spricht ein Ökobauer, dem bei der Nahrungsmittelproduktion die Natur nicht gleichgültig ist. Hofeigentümer Ludolf von Maltzan hat sich in diesem Jahr zu Naturschutzmaßnahmen entschlossen, die etwa 17.000 Euro kosten werden. Er wird dafür im Rahmen des Vertragsnaturschutzes entschädigt. - Wiese für Wiese, Feld für Feld vereinbaren der Landwirt und die Naturschutzfachleute jedes Jahr neu, was auf bestimmten besonders artenreichen Flächen, etwa 20 Prozent der Betriebsfläche, für den Schutz der Natur getan werden kann.
"Hei, jeijeilala, - kannst nackicht schwimmen gehen, wenn de willst. - So bei der Greta müsst ihr erst den rotschwarzen Gurt ganz öffnen. - Ich bin ein Hund."
Und was für ein Vogelgesang hier am schattigen Badeplatz! Allein die Zahl der Brutvogelarten, besonders die des offenen Agrarlandes, in und um Brodowin belegt den Projekterfolg, sagt der Landschaftsökologe und Ornithologe Martin Flade.
"Wenn man mal die Bestandsentwicklung aller Agrarlandschaftsarten vergleicht, Feldlerche, Wachtel, Goldammer, Grauammer, Sperbergrasmücke, Neuntöter, Dorngrasmücke usw., dann haben fast alle Arten günstigere Entwicklungen als in der ostdeutschen Normallandschaft und v.a. Dingen, wenn man die Arten anschaut, die auf der deutschlandweiten Roten Liste stehen, denen geht es durchweg besser in Brodowin. Und wir können eben sagen, dass Brodowin quer zum Trend liegt."
Quer zum Trend, nach dem im übrigen Deutschland Vogelbestand und Artenvielfalt auf den landwirtschaftlichen Flächen rapide abnehmen, so Martin Flade, einer der Initiatoren des Forschungsprojekts. In der Brodowiner Endmoränenlandschaft brüten von den über 250 regelmäßigen Brutvogelarten Deutschlands mehr als die Hälfte, - eine hierzulande beispiellose Artenvielfalt. - In einer solchen Landschaft ist offenbar gut Esel-Wandern.
Am nächsten Tag lagert wieder eine Eselwanderer-Gruppe am Rosinsee. Ein Berliner Koch hat Freunde zur Eselstour eingeladen. Ein kulinarisches Menü einschließlich Tiramisu und dreierlei Kuchen zum Dessert ist auf Tüchern am Seeufer ausgebreitet:
"Hm, superlecker,- das Ganze auf dem Eselsrücken - also das ist auch ne Premiere für den Koch hier? - So eine Eseltour ja! - Aber ich denke mal, das werden wir wiederholen bei dem Erfolg. Da gibt's en anderes Menu."
"Ich bin selbst ehrlich gesagt überrascht, wie schnell das jetzt aufwärtsgeht. Also das macht sich gut bekannt und ich bin eigentlich immer ausgebucht, also die Wochenenden sowieso und jetzt in den Ferien auch im Prinzip ständig."
Sarah Fuchs' "Packeseltouren Brandenburg" gibt es gerade mal ein halbes Jahr. - Was die Touristen mit den Eseln in der südlichen Uckermark als "tollen Ausflug", als "umwerfend" erleben und genießen, ist nicht einfach Natur pur. Es ist Resultat unermüdlicher Arbeit an der Renaturierung des von der industriellen Landwirtschaft bedrohten offenen Agrarlandes - ein neu geschaffener Raum für's Leben, irgendwie, als wär's im Paradies, Mensch und Natur im Einklang.
"Ach, wie schön!"
Sarah Fuchs zählt die Häupter ihrer Lieben. Zehn Esel ihrer 14-köpfigen Eselherde stehen auf dem Kleinen Rummelsberg, ein Drumlin, eine eiszeitliche Kuppe, von Gräsern, Kräutern und Büschen bewachsen. Er ist 83 Meter hoch und liegt bei Brodowin, ein Dorf in der südlichen Uckermark im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Lerchen tirilieren im Himmelsblau. Grüne bewaldete und Wiesenhügel, soweit das Auge reicht, dazwischen glitzern schilfumstandene Seen, leuchten goldgelb Stoppelfelder, mitten darin Sölle, kreisrunde Teiche, wie dunkle Augen im welligen Land. Auffällig breit sind hier die Hecken entlang der Feldwege, die Ufer-, Feld- und Wiesensäume. Esel gehören eigentlich nicht in diese gewässerreiche Landschaft.
"Und dass die hier an diese dornigen Sträucher gehen? - Na ja, das sollen sie ja, das ist ja der Trick; das machen ja eben die Schafe nicht und deswegen kannst du mit Eseln auch so verbuschte Flächen aufkriegen. Esel kommen aus wüstenartigem Gelände ursprünglich, das heißt, die brauchen karge Lebensräume und deshalb sind's eigentlich die idealen Weidetiere für diese Trockenrasen."
Die Trockenrasen auf den Drumlins sind Teil der vielgestaltigen biotopreich -en Brodowiner Endmoränenlandschaft. Nur wenn sie nicht verbuschen, bieten sie Lebensraum für die Trockenrasenfauna und -flora mit ihren seltenen Orchideen, Käfern, Libellen oder Eidechsen. Auf diesen kargen Rasen sind Esel als Landschaftspfleger nützlich. Neuerdings sind sie hier als Reit- und Lasttiere zur touristischen Attraktion geworden:
"Könnt ihr zur Seite gehen? - Machen wir einen Wechsel? - Stop - Wechsel! - Steh! - So, wer ist dran? Peter ist dran - Du bist jetzt zum zweiten Mal dran, nicht? - Dann gehe ich nach dir. - Eh, ich bin schon lange - So, also dann gehen wir weiter, das Muli möchte vorgehen."
Zehn Kinder drängeln sich um zwei Eselsrücken. Ein Dritter trägt Gepäck und Proviant in bastgeflochtenen Körben. Die sechs Erwachsenen müssen laufen - auf einer Halbtagestour durchs Brodowiner Land auf einem schmalen Saumpfad durch einen Dinkelacker am baumumstandenen Rosinsee entlang.
"Was ist da so schön am Eselreiten? - Da ist es so wackelig, und man muss eben nicht laufen. Und die haben auch so'ne weiche Mähne, finde ich, und die steht so hoch. Dass man sich schön festhalten kann. Die sind so niedlich. Schon schön, aber man muss so viel laufen eigentlich."
Diese Tour ist Teil einer eigentlich für einen Tag veranschlagten 15-km Eselwanderung, der sogenannten Plagefenn-Tour:
"Die Tour führt Sie rund um das älteste Naturschutzgebiet Brandenburgs, das Plagefenn, durch die wald- und seenreiche Ausnahme-Landschaft um Brodowin. Wir wandern durch naturgemäß bewirtschaftete Buchenwälder und märchenhafte Erlensümpfe, bis wir den Rosinsee erreichen, einen klaren Waldsee. Baden ist erlaubt und eine willkommene Abkühlung nach langer Wanderung. Das letzte Stück führt uns entlang von ökologisch bewirtschafteten Äckern und Weiden zurück ins Dorf Brodowin."
Das ist auf der Website von 'Packeseltouren Brandenburg', dem jüngst gegründeten Öko-Touristik-Unternehmen der Diplom-Biologin und Esel-verliebten Sarah Fuchs zu lesen. Die Beschreibung lässt ahnen, hier bewegt man sich durch eine besondere Agrar- und Waldlandschaft.
"Halt! Halt mal halt, beide Füße aus den Bügeln, sonst darfst du gar nicht absteigen, sonst bleibst da hängen und dann musst du hier auf diese Seite. - Perfekt! Und ist der Platz schön? - super beautiful. Eine zweite Person, die mit...-ja warte ich muss erst den Rucksack aufnehmen. Und die Martha nimmt diese Schirme.- So Achtung, jetzt heben wir das hinten runter, und ich hab euch zwei Picknickdecken mitgebracht. Soll ich das Essen auspacken, Sepp?"
"Ach, wie schön!" - "Wer will en Apfel?"- "Ich möchte en Apfel"
Picknick mit Eseln unter schattigen Buchen an einer Badestelle am Ufer des Rosinsees.
"Eiszeitliche Gletscher und das abfließende Schmelzwasser haben den See vor 12.000 Jahren geformt. Er ist 9 Meter tief; das Wasser ist kalkhaltig und ... nährstoffarm. Eine Besonderheit sind die am Seegrund wachsenden Armleuchteralgen... Zu den regelmäßigen Besuchern gehören Schwarzstorch, Fischadler und Eisvogel. Die Schellente, eine in Baumhöhlen nistende Tauchentenart brütet in den umgebenden Laubwäldern. Sie nutzt den See als Balzplatz",
heißt es auf einer bebilderten Tafel am Seeufer. Im nahen Rosinfenn, ein Erlenverlandungsmoor, brüten neben Kranich und Graugans seltene Arten wie Waldwasserläufer, Mittelspecht und Zwergschnäpper. 2004 wurde der See vom World Wildlife Fund, WWF, gekauft und unter Aufsicht des Vereins Ökodorf Brodowin der Wasserstand angehoben, sodass das Moor wieder ganzjährig ausreichend Wasser hat.
"Für die Kinder ist das ein wunderbarer Weg zu gehen, die Landschaft kennenzulernen, mit den Tieren zusammen; ist ein toller Ausflug, schön ruhig. Umwerfend, soviel grün, und die Seen und die Wälder und die Esel in der Ferne und der Kirchturm, ganz herrlich."
Packeseltouren im Brodowiner Paradies. Und das hat eine Geschichte: Anfang der 90er-Jahre wurde aus der Brodowiner 12.000-Hektar-LPG ein ökologisch wirtschaftender Demeterbetrieb - Landwirtschaft ohne mineralische Dünger, ohne die Chemiekeulen von Herbi-, Pesti- und Fungiziden. Und Anfang 2000 kam ein Forschungsprojekt dazu:
"Naturschutzhof Brodowin. Modell für eine zukunftsweisende Landwirt-schaft. Der ostdeutsche großflächige ökologische Landbau stellt nicht nur eine neue Form der Landnutzung dar, sondern ist auch eine große Chance für den Naturschutz. Der Demeterbetrieb Ökodorf Brodowin Landwirtschafts-GmbH und Co. KG stellt seine Flächen für Untersuchungen für naturschutzfachliche Optimierung des Ökolandbaus zur Verfügung."
Auf Wanderungen durch die Brodowiner Gemarkungen stößt man auf Schilder mit diesem Text und Hinweisen auf Naturschutzmaßnahmen am jeweiligen Standort wie die Pflege von Uferzonen, die Anlage von Hecken oder Blühstreifen im Acker. - Mit dem Projektbeginn 2002 wurde Brodowin zu einem hierzulande einzigartigen Forschungsstandort von Agroökonomen, Biologen und Landschaftsökologen für eine nachhaltige Landwirtschaft nach den Regeln der Natur. Ziel der Forschung war, wissenschaftlich fundiert, soviel Naturschutz wie möglich, soweit wie betriebswirt-schaftlich vertretbar,in die ökologische Landwirtschaft zu integrieren.
"Wir haben für dieses Jahr beschlossen, dass wir einige großflächige Ackerbaumaßnahmen machen wollen, das heißt, dort wollen wir eine Verzögerung des zweiten Schnittes beim Futterbau umsetzen, dann wollen wir Drilllücken im Getreide auf einem großen Feld einsetzen, um dort freie Flächen und Einflugplätze für die Bodenbrüter herzustellen; hoffentlich hilft es auch den Hasen; das nächste sind Sonderstandorte, also kleinflächige Maßnahmen. Da fällt mir als Erstes ein, ein kleiner Randbereich am Rummelsberg, wo es ein seltenes Wildkraut gibt, was wir dort schützen wollen. Das kommt erst zur Blüte nach der Ernte, sodass wir da verzichten wollen auf die Stoppelbearbeitung in einem 30-40 m breiten Randstreifen."
So spricht ein Ökobauer, dem bei der Nahrungsmittelproduktion die Natur nicht gleichgültig ist. Hofeigentümer Ludolf von Maltzan hat sich in diesem Jahr zu Naturschutzmaßnahmen entschlossen, die etwa 17.000 Euro kosten werden. Er wird dafür im Rahmen des Vertragsnaturschutzes entschädigt. - Wiese für Wiese, Feld für Feld vereinbaren der Landwirt und die Naturschutzfachleute jedes Jahr neu, was auf bestimmten besonders artenreichen Flächen, etwa 20 Prozent der Betriebsfläche, für den Schutz der Natur getan werden kann.
"Hei, jeijeilala, - kannst nackicht schwimmen gehen, wenn de willst. - So bei der Greta müsst ihr erst den rotschwarzen Gurt ganz öffnen. - Ich bin ein Hund."
Und was für ein Vogelgesang hier am schattigen Badeplatz! Allein die Zahl der Brutvogelarten, besonders die des offenen Agrarlandes, in und um Brodowin belegt den Projekterfolg, sagt der Landschaftsökologe und Ornithologe Martin Flade.
"Wenn man mal die Bestandsentwicklung aller Agrarlandschaftsarten vergleicht, Feldlerche, Wachtel, Goldammer, Grauammer, Sperbergrasmücke, Neuntöter, Dorngrasmücke usw., dann haben fast alle Arten günstigere Entwicklungen als in der ostdeutschen Normallandschaft und v.a. Dingen, wenn man die Arten anschaut, die auf der deutschlandweiten Roten Liste stehen, denen geht es durchweg besser in Brodowin. Und wir können eben sagen, dass Brodowin quer zum Trend liegt."
Quer zum Trend, nach dem im übrigen Deutschland Vogelbestand und Artenvielfalt auf den landwirtschaftlichen Flächen rapide abnehmen, so Martin Flade, einer der Initiatoren des Forschungsprojekts. In der Brodowiner Endmoränenlandschaft brüten von den über 250 regelmäßigen Brutvogelarten Deutschlands mehr als die Hälfte, - eine hierzulande beispiellose Artenvielfalt. - In einer solchen Landschaft ist offenbar gut Esel-Wandern.
Am nächsten Tag lagert wieder eine Eselwanderer-Gruppe am Rosinsee. Ein Berliner Koch hat Freunde zur Eselstour eingeladen. Ein kulinarisches Menü einschließlich Tiramisu und dreierlei Kuchen zum Dessert ist auf Tüchern am Seeufer ausgebreitet:
"Hm, superlecker,- das Ganze auf dem Eselsrücken - also das ist auch ne Premiere für den Koch hier? - So eine Eseltour ja! - Aber ich denke mal, das werden wir wiederholen bei dem Erfolg. Da gibt's en anderes Menu."
"Ich bin selbst ehrlich gesagt überrascht, wie schnell das jetzt aufwärtsgeht. Also das macht sich gut bekannt und ich bin eigentlich immer ausgebucht, also die Wochenenden sowieso und jetzt in den Ferien auch im Prinzip ständig."
Sarah Fuchs' "Packeseltouren Brandenburg" gibt es gerade mal ein halbes Jahr. - Was die Touristen mit den Eseln in der südlichen Uckermark als "tollen Ausflug", als "umwerfend" erleben und genießen, ist nicht einfach Natur pur. Es ist Resultat unermüdlicher Arbeit an der Renaturierung des von der industriellen Landwirtschaft bedrohten offenen Agrarlandes - ein neu geschaffener Raum für's Leben, irgendwie, als wär's im Paradies, Mensch und Natur im Einklang.
"Ach, wie schön!"