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Naturschutz
Schutz für den bedrohten Feldhamster

Vor ein paar Jahrzehnten galt der Feldhamster noch als Plage. Heute steht er auf der Roten Liste. Ohne menschliche Hilfe wird es den putzigen Gesellen wohl nicht mehr lange in freier Natur geben. Ein Landwirt in Sachsen-Anhalt hat deshalb ein kleines Paradies für die Tiere geschaffen.

Von Annette Schneider-Solis |
    Ein Feldhamster sitzt in Heidelberg (Baden-Württemberg) im Zoo in der Feldhamster-Zuchtstation in einem Käfig.
    Ein Feldhamster - er ist in Deutschland gefährdet (picture alliance / dpa / Uwe Anspach)
    In der Magdeburger Börde sprießt das Wintergetreide. Wenn die Hamster aus ihrem Winterschlaf erwachen, finden sie einen gedeckten Tisch. Die Felder rund um Mammendorf sind ein einzigartiges Hamsterparadies. 20 Baue pro Hektar findet man hier, soviel wie in den 70er, 80er Jahren, weiß Biologin Kerstin Mammen.
    "Das ist schon fast eine lokale Besonderheit dieser Gegend. Der Hamster ist ja in der FFH-Richtlinie aufgeführt, und bei diesem FFH-Monitoring hat sich gezeigt, dass der Hamster in Sachsen-Anhalt deutlich schlechter dasteht als noch vor zehn Jahren. Zum Teil sind es nur noch minimale Besatzdichten von 0,1 bis 0,2 Baue pro Hektar. Das ist also nichts."
    Je weiter man nach Westen kommt, desto weniger Hamster gibt es. Das hat viele Ursachen. Der Hamster mag warme Sommer und kalte Winter. Die Böden gefallen ihm im Osten besser. Schließlich ist es vor allem die moderne, auf Maximalgewinn orientierte Landwirtschaft, die ihm das Hamstern schwer macht, bedauert Ubbo Mammen, Geschäftsführer vom Ökotop, einem Büro für angewandte Landschaftsökologie:
    "Monokulturen, Herbizide, aber in den letzten Jahren verstärkt die ganz schnelle Bewirtschaftung der Felder. Die schnelle Folge der Bewirtschaftungsprozesse. Die Bodenbearbeitung findet unmittelbar nach der Ernte statt, sodass der Hamster keine Zeit mehr hat, ausreichend Futter einzutragen."
    Ist der Hamster also noch zu retten?
    "Das wird sehr unterschiedlich in Fachkreisen diskutiert. Manche sagen, er ist nicht mehr zu retten, man sollte sich auf andere Arten zu stürzen. Andere sagen, er ist im westlichen Teil von Deutschland und in Belgien, Frankreich, Holland nicht mehr zu retten, während hier in Mitteldeutschland er noch eine Chance hat, einfach auch aufgrund der klimatischen Veränderungen."
    Unterstützung für Landwirte
    Hamsterschutz ist Ländersache. Nach wie vor werden kostbarste Böden und damit auch Hamstergebiete zubetoniert. Doch dafür müssen Investoren in Sachsen-Anhalt Ersatzflächen für den anlegen. Landwirte können für Zuschüsse ihre Flächen im Vertragsnaturschutz bewirtschaften. So wie Kai Brüggemann:
    "Als Kind habe ich selber noch Fallen gestellt und mir ein paar Mark dazu verdient, aber mit der Wende und der Umstrukturierung der Landwirtschaft gab es doch einen ziemlich starken Rückgang des Hamsters, und der hat mir irgendwie gefehlt. Da wollte ich was machen und habe dann ab 1996 begonnen. Ich hab doch eine Verantwortung auch als Mensch gegenüber den kleinen Schöpfungsprodukten."
    Auf einigen von Kai Brüggemanns Äckern wechseln sich Streifen von Futterrüben, Raps, Wildkrautmischungen, dem selten gewordene Sommergetreide und Luzerne ab. Der Landwirt stiefelt über den Acker, hin zu einem mit Maschendraht eingezäunten Areal, in dem hüfthoch verschiedene Pflanzen wuchern, und zeigt stolz seine eigene Erfindung:
    "Das ist jetzt die Hamstermutterzelle, und die gibt es jetzt seit 15 Jahren, das ist ein eingezäunter Bereich, 50 mal 50 Meter, und da drunter hat der Hamster beste Bedingungen, hat Futter ohne Ende, hat Deckung ohne Ende, und da wird auch nichts geerntet, das bleibt alles so stehen."
    Hamster im Osten vom Aussterben bedroht
    Hier reiht sich Hamsterbau an Hamsterbau. Kai Brüggemann baut auch Sommergetreide an, das bis weit in den Herbst steht und nicht wie die Winterkulturen im Juli abgeerntet ist. Davon kann sich der bunte Geselle mit den Knopfaugen reichlich Wintervorräte anlegen. Und der Landwirt lässt nach der Ernte Reihen von Stroh auf dem Acker liegen.
    "Getreu dem Motto kurze Beine, kurze Wege - auf der einen Seite die Deckung, das Schwad, unter dem er sich frei bewegen kann und nicht gegriffen werden kann von Fuchs oder Greifvögeln, und auf der anderen Seite ein schmaler Erntestreifen, den wir mit Mähdrescher stehen lassen haben, wo er sich seinen Wintervorrat anlegen kann."
    Jetzt, im Frühjahr, hält Kai Brüggemann Ausschau nach seinen Hamstern. Er findet viele Baue. In diesen Tagen erwachen die schwarz-braun-weißen Feldhamster aus ihrem Winterschlaf. Das zeitige Frühjahr beeinflusst sie nicht, sie folgen ihrer inneren Uhr. Doch das Hamsterparadies Mammendorf ist relativ einzigartig, weiß Kerstin Mammen:
    "Also, er ist in Sachsen-Anhalt als vom Aussterben bedroht eingestuft in der Roten Liste, und das ist er in den anliegenden Bundesländern Sachsen und Thüringen auch. Das ist schon ein ziemlich hoher Gefährdungsstatus. Die nächste Steigerungsstufe ist ‚ausgestorben'. Es ist, was das betrifft, schon fünf vor zwölf."