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Naturverbundenheit und Tierliebe

Der ökologische Landbau ist eine wachsende Branche. Aus diesem Grund werden händeringend Unternehmer, Betriebsleiter und Weiterverarbeiter gesucht, besonders in den neuen Ländern. Die Fachhochschule im brandenburgischen Eberswalde trägt diesem Trend Rechnung und bietet seit kurzem den Bachelor-Studiengang "Ökolandbau und -Vermarktung" an.

Von Claudia van Laak |
    Der Storch auf dem Hof von Gut Wilmersdorf klappert, die Grillen zirpen, die Schwalben zwitschern. Doch Julia Dallinger und die anderen Studierenden haben keine Zeit, sich der uckermärkischen Idylle hinzugeben. Sie absolvieren gerade ihr Betriebspraktikum auf dem ökologisch bewirtschafteten Gut Wilmersdorf.

    " Wir gehen nachher auf den Weizenschlag raus, gucken uns den Bestand an, wir nehmen einen Zählrahmen mit, machen mal eine Ertragsschätzung, dann erzähle ich Euch was dazu, wie man Erträge bildet."

    Landwirt Stefan Palme kümmert sich einen Tag in der Woche um drei Studierende der Fachhochschule Eberswalde. Die angehenden Ökobauern werden gleich vorgewarnt. Er verbringe nur zehn Prozent meiner Arbeitszeit in der freien Natur, sagt Palme:

    "30 Prozent der Zeit mache ich den Behörden- und Verwaltungsplan, 30 Prozent kümmere ich mich um die neuen EU-Agrar-Agraranträge, und die übrige Zeit mache ich Investitionsplanung und Vermarktung, das hat sich so verschoben, dass Du immer mehr Zeit im Büro verbringst."

    Landwirt Palme zeigt den Studierenden sein Getreidelager und die Trockenmaschine. Ein LKW kommt auf den Hof gefahren und holt Biogetreide ab für eine Bäckerei im Ruhrgebiet. Zufriedene Stammkunden sind das AH und OH, macht Palme seinen Gästen von der FH Eberswalde deutlich.

    " Und wenn man das hat, dann ruft der, wenn mal Ware zuviel am Markt ist, trotzdem bei Dir zuerst an, ja, und wenn Du das nicht machst, dann ruft der bei Dir nicht an, und Du wirst es nicht los, oder zu konventionellen Preisen."

    Das Gut Wilmersdorf ist einer von 14 Partnerbetrieben der Fachhochschule Eberswalde. Es gibt einfach einen Mangel an qualifizierten Fachkräften im Ökolandbau, erläutert Landwirt Palme, deshalb unterstützen wir die Fachhochschule.

    " Es gibt einmal den Aspekt, dass wir selber langfristig jemanden brauchen werden. Und zweitens durch die Kooperation mit der Wissenschaft bekommen wir Erkenntnisse, die wir selber in unsere Arbeit einbringen können."

    Julia Dallinger hat den Block auf ihre Knie gelegt und schreibt fleißig mit. Die Berlinerin studiert im zweiten Semester in Eberswalde und möchte später gerne einen eigenen Betrieb führen.

    " Einfach eine gegebene Naturverbundenheit, eine Tierliebe, und vor allem, weil die jetzige Landwirtschaft so nicht weitergeführt werden kann, auch in Bezug auf Tierhaltung vor allem."

    Julia Dallinger hat vor dem Studium schon drei Monate auf einem Ökohof gearbeitet, eine Voraussetzung für die Bewerbung. Sechs Semester wird sie insgesamt an der FH Eberswalde verbringen, eines davon ist ein Praxissemester. Die Abschlussarbeit sollte den Partnerbetrieben zugute kommen. Ralf Bloch hat den Studiengang mit konzipiert.

    " Gerade hier in Brandenburg ist das Problem, dass wir zwar Produkte in Berlin absetzen können, aber die Produkte hier nicht weiterverarbeiten. Das heißt, die Wertschöpfungskette stimmt noch nicht. Wir hoffen, dass unsere Absolventen sich da engagieren. Es geht um eine Branche, die wächst, in der es aber Defizite gibt."

    In Brandenburg werden knapp 10 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch bewirtschaftet, das ist Spitze in Deutschland. Es fehlen allerdings Unternehmerinnen und Unternehmer, die bestehende Großbetriebe übernehmen wollen oder die sich um die Weiterverarbeitung der Produkte kümmern.

    " Ein Schwerpunkt ist Agrar- und Umweltökonomie in dem Studiengang. Entscheidend ist auch, dass ich mich gut darstelle als Landwirt, ich muss den Verbrauchern erklären, was ich mache, wo ich es hinbringe, erklären, wo die Produkte herkommen. Ich kann mich nicht auf die Erzeugerseite beschränken."

    Wer ein unternehmerisches Risiko eingehen will, für den gibt es also jede Menge Berufschancen in der Biobranche. Die Einschreibung für das Wintersemester hat begonnen. Noch bis zum 15. Juli kann man sich für den Studiengang "Ökolandbau und- Vermarktung" an der Fachhochschule Eberswalde bewerben - 40 Studienplätze werden vergeben.