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"Nein, er ist keine Belastung"

Vor der Klausurtagung der Landesgruppe in Wildbad Kreuth kann die CSU auf gute Umfragewerte verweisen - mit Ministerpräsident Horst Seehofer sind die Bayern jedoch unzufrieden. Zur Situation seiner Partei in Bayern und in der Koalition nimmt Stefan Müller, parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stellung

Stefan Müller im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    Jasper Barenberg: Jetzt am Telefon kann ich begrüßen den parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, einen schönen guten Morgen, Stefan Müller!

    Stefan Müller: Guten Morgen, Herr Barenberg!

    Barenberg: Wir haben es ja gerade gehört und mit der Kollegin darüber gesprochen: So unzufrieden wie mit Horst Seehofer waren die Menschen in Bayern noch mit keinem anderen Ministerpräsidenten vor ihm. Ist der CSU-Chef inzwischen eine Belastung für die Partei?

    Müller: Nein, er ist keine Belastung. Die aktuelle Umfrage zeigt im Übrigen ja auch, dass sich die Situation in der CSU deutlich stabilisiert hat. Wie oft ist in den letzten Monaten ja genau das Gegenteil behauptet worden. Darüber freuen wir uns, das zeigt aber im Übrigen auch, dass die politische Arbeit und die Personen zusammenpassen, und für uns bleibt festzuhalten, dass wir über aller Freude die Umfrage als das nehmen, was sie ist, nämlich eine Momentaufnahme, und dass wir jetzt auch nicht übermütig werden, sondern unsere Arbeit machen und das tun, wofür die Wähler uns das Vertrauen geschenkt haben.

    Barenberg: Die CSU im Aufwind, aber ja nur dank Karl-Theodor zu Guttenberg, dem die guten Werte ja wohl zuzurechnen sind, auf der anderen Seite ein Ministerpräsident, ein Vorsitzender, der für seine Sprunghaftigkeit und für seine Unberechenbarkeit bekannt ist. Wie soll da Verlässlichkeit entstehen?

    Müller: Man muss es mal an Beispielen festmachen, wie diese angebliche Unzuverlässigkeit sich dann tatsächlich auch darstellt.

    Barenberg: Gerne, nehmen wir die Wehrpflicht.

    Müller: Dann nehmen wir immer wieder, also wenige Beispiele heraus, die da ein Beispiel dafür geben sollen. Was die Wehrpflicht angeht, hat er nur festgehalten, dass die CSU immer auch die Partei der Bundeswehr war, und dass man aber nicht die Realitäten davor verschließen kann, dass sich die Lage nun einmal verändert, so wie es Guttenberg ja dann auch letztendlich dargelegt hat. Das ist aber kein Hin und Her, sondern das ist auch mal ein Überdenken von einzelnen Positionen. Für uns bleibt jedenfalls festzuhalten, dass es überhaupt keinen Anlass gibt für eine Personaldiskussion, und wenn Sie sich erinnern, wir hatten diese Diskussion vor dem letzten Parteitag im Herbst des vergangenen Jahres. Auch da gab es eine, ja, ich will mal sagen virtuelle Debatte darüber, der Parteitag hat große Geschlossenheit gezeigt und hat auch gezeigt, dass unsere Mitglieder hinter dem Parteivorsitzenden stehen. Und ich sage noch mal: Unsere Anhänger erwarten jetzt, dass wir unsere Arbeit machen und uns nicht permanent der Frage widmen: Wer ist und wird Parteivorsitzender? Für Personaldebatten sind im Augenblick andere zuständig und damit nicht wirklich erfolgreich.

    Barenberg: Das hatten wir ja auch von Ihrem Landesgruppenchef gerade schon gehört. Das Münchner Denken, das die Kollegin gerade angesprochen hatte, die Querschüsse – damit macht man Ihnen das Leben in Berlin beim Regieren mit den Koalitionspartnern also nicht schwer?

    Müller: Es gab in der Vergangenheit, auch in den letzten Jahren natürlich etliche Beispiele, wo auch Mitglieder der bayrischen Staatsregierung ihre Position verdeutlicht haben. Es ist nun mal in einem föderalen System so, dass es unterschiedliche Interessen gibt, auch wenn es sich um Parteifreunde handelt. Die Mitglieder der bayrischen Staatsregierung haben ganz einfach auch bayrische Interessen zu vertreten, die auch die Landesgruppe mit aufgreift. Wir haben aber alle diese Diskussionen freundschaftlich in der CSU geführt und am Ende auch zu einem guten Ergebnis gebracht.

    Barenberg: Nehmen wir ein aktuelles Beispiel, das nämlich der Sicherheitspolitik. Bundesinnenminister Thomas de Maizière will Bundespolizei und Bundeskriminalamt ja unter einem Dach vereinigen. Der Innenminister Joachim Herrmann Ihrer Partei aus München, er will diese Fusion verhindern. Verstehen Sie das?

    Müller: Nun, unstrittig ist ja, dass wir einen Umbau der Sicherheitsarchitektur im Bund brauchen. Das haben wir auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Da waren auch die Innenpolitiker aus den Ländern seinerzeit mit beteiligt. Die Frage ist nun: Wohin soll es gehen und wohin soll es führen, und wie kann dieser Umbau aussehen? Da ist das, was der Bundesinnenminister vorschlägt – und er beruft sich ja da auf Ergebnisse der Werthebach-Kommission –, ein mögliches Modell, das auch die Kommission seinerzeit vorgeschlagen hat. Und wir werden uns natürlich jetzt insbesondere in den nächsten Wochen und Monaten darüber unterhalten, ob das dann der alleinige Weg sein kann. Unstrittig bleibt, dass wir diesen Umbau der Sicherheitsarchitektur jedenfalls brauchen.

    Barenberg: Und Sie halten ihn für möglich, während der Innenminister Joachim Herrmann ihn für unmöglich hält?

    Müller: Nun, die Länder machen dort verfassungsrechtliche Bedenken geltend, die man ernst nehmen muss und die man auch prüfen muss, und ich sage noch mal: Eine Zusammenführung von BKA und Bundespolizei ist eine von mehreren möglichen Alternativen, die die Werthebach-Kommission vorgeschlagen hat.

    Barenberg: Ein anderes Thema, Herr Müller, das uns alle beschäftigt, heute Morgen beschäftigen muss: Es geht um die Steuerpolitik und also auch um das Thema Verlässlichkeit. Finanzminister Wolfgang Schäuble will die Beschlüsse für die Pläne zur Steuervereinfachung ja um ein Jahr verschieben. Was ist das anderes als Wortbruch der Koalition?

    Müller: Wir haben in der Koalition vereinbart, dass es zu einer Steuervereinfachung in diesem Jahr kommen soll, in 2011 kommen soll, insbesondere bei den Arbeitnehmern, und wir haben darüber hinaus vereinbart, dass es diese Steuervereinfachung rückwirkend zum 1. Januar 2011 geben soll. Daran orientieren wir uns in der Koalition, und daran sollte sich auch die Bundesregierung orientieren.

    Barenberg: Und das werden Sie Wolfgang Schäuble auch kräftig ins Stammbuch schreiben?

    Müller: Darüber wird in der Fraktion und in der Koalition zu reden sein, wie gesagt, für uns bleibt, dass wir diese Steuervereinfachung wollen, dass wir sie 2011 wollen und dass wir vereinbart haben, sie zum 1. Januar rückwirkend für 2011 zu machen, und wir haben vor, das auch so umzusetzen.

    Barenberg: Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe Stefan Müller heute Morgen im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Danke Ihnen für das Gespräch!

    Müller: Herzlichen Dank!