Rafah – im Süden des Gaza-Streifens: Zehn Arbeiter stehen in einer geräumigen Halle um einen sehr langen, hüfthohen Holztisch herum, ausgebreitet vor ihnen liegen rund 3000 gelbe Nelken, die darauf warten, für den Abtransport nach Holland präpariert zu werden. Wie das geht, schildert Zahry Hamdi Hegazi, der Besitzer der Blumenfarm:
"Frühmorgens gehen die Arbeiter zu den Gewächshäusern und prüfen, welche Blumen den entsprechenden Reifegrad erreicht haben, um gepflückt zu werden. Dann bringen sie die geschnittenen Blumen hierher in die Halle. Danach fangen sie an, die Blätter am Ende der Stengel fachmännlich zu entfernen, damit sie nicht schimmeln, und dann sortieren sie die Blumen in einer bestimmten Anzahl für die Verpackung."
Sorgfältig schneiden die Arbeiter die Nelkenstiele ab, bündeln jeweils 20 Stück, packen sie samt Folie in Kartons und kleben sie zu:
Seit Mitte Januar herrscht bei Zahry Hamdi Hegazi und den übrigen Nelkenanbauern in Rafah wieder Hochbetrieb. Der Grund: Ihre Blumen sind die einzigen Produkte Gazas, deren Ausfuhr die israelische Regierung zulässt. An mehreren Tagen pro Woche rollen jeweils zwei große LKW mit palästinensischen Nelken aus Rafah zum Warengrenzübergang Kerem Shalom, dort werden die Blumen von "Agrexco" übernommen, dem größten israelischen Exporteur von Agrarprodukten, und Richtung Ben Gurion Flughafen für die Luftfracht nach Amsterdam transportiert, oder zum Hafen Ashdod. Das habe man alles den Holländern zu verdanken, lobt Ghasan Qasim, der Generalmanager der landwirtschaftlichen Kooperative Gazas und Chef der Blumenanbauer:
"Wir können unsere Dankbarkeit nicht beschreiben. Ich spreche hier im Namen aller Blumenanbauer, die den Export in die Niederlande betreiben, Dankbarkeit für die prinzipienfeste Haltung der niederländischen Regierung und ihrer Königin, für die vierjährige Förderung und Bemühung, dass wir unsere Exporte durch die Niederlande in die Europäische Union tätigen können."
Die niederländische Regierung hatte eine gehörige Portion an Blumendiplomatie aufzubieten, um den Nelkenexport aus Gaza möglich zu machen: Als 2005, nach dem einseitigen Abzug Israels aus dem Küstenstreifen, die langjährige Ausfuhr von palästinensischen Blumen nach Holland durch die israelische Schließung des Warenübergangs Karni zum Erliegen gekommen war und sich kein Palästinenser mehr zum Anbau von Nelken entscheiden konnte, trat die europäische Blumengroßmacht Holland auf den Plan. Ghasan Qasim:
"2006 hat die niederländische Vertretung ein Angebot unterbreitet, den Blumenbauern einen Kredit zur Verfügung zu stellen, im Wert von 1,8 Millionen Dollar. Und die niederländische Regierung hat Druck auf die israelische Seite ausgeübt, um zuzulassen, dass die Blumen wieder in die Niederlande geliefert werden konnten. Das war die beste Saison."
Doch das blieb nicht so: Nach der Machtübernahme der Hamas im Sommer 2007 verhängte Israel die Blockade über den Gaza-Streifen, die Nelken mit einer Jahresproduktion von 143 Millionen Stück und Einnahmen von 14,3 Millionen Euro konnten den holländischen Markt nicht mehr erreichen. In ihrer Not verkauften die Blumenanbauer die gesamte Jahresernte als Tierfutter, für Ziegen. Doch die Niederlande ließen sich nicht unterkriegen, und handelten mit Israel, in mühevoller diplomatischer Kleinarbeit, einen neuen Deal für Gaza aus: Was spreche denn dagegen, wenn Holland den Blumensamen nach Israel liefere, israelische Blumenanbauer die Blumensamen in die Erde stecken und Jungpflanzen ziehen würden, diese wiederum dann nach Rafah zu palästinensischen Blumenanbauern liefern und anschließend die fertigen Nelken auf umgekehrtem Wege wieder nach Amsterdam transportieren würden? Holland sprach Israels Behörden immer wieder auf ihr Vorhaben an – mit Erfolg. Der Leiter der niederländischen Vertretung in Ramallah, Jack Twiss, gibt sich am Telefon bescheiden:
"Offenkundig haben wir dabei eine Rolle gespielt, von diplomatischer Seite aus, indem wir mehrere, intensive diplomatische Kontakte mit wichtigen israelischen Stellen hatten. Dabei haben wir die Bedeutung sowohl des notwendigen landwirtschaftlichen Inputs nach Gaza und natürlich des Exports des Produkts aus Gaza hervorgehoben."
Letztendlich dürften wohl die rein wirtschaftlichen Interessen der Blumenanbauer in Gaza und in Israel zum diplomatischen Erfolg der Holländer beigetragen haben: So erhalten die israelischen Landwirte für jede Nelken-Jungpflanze, die nach Gaza zur weiteren Aufzucht importiert wird, 12 Cent, die palästinensischen Bauern für jede Nelke 10 Cent und auch die holländischen Auftraggeber dürften dabei nicht zu kurz kommen: Bei rund 140 Millionen exportierter Nelken ein Millionengeschäft für alle drei beteiligten Seiten. In Rafah jedenfalls bilanziert Zakry Hamdi Hegazi die Blumendiplomatie mit den Worten:
"Es gibt anscheinend ein großes, gegenseitiges Geschäftsinteresse zwischen der israelischen und der niederländischen Seite und dieses großes Geschäftsinteresse gibt den Niederländern den Raum, doch etwas durchsetzen zu können."
Sie vertrauten weiterhin auf die Niederlande, sagt Blumenanbauer in Rafah, ohne deren Hilfe die gesamte Nelkenproduktion in Gaza verwelken würde:
"Zuletzt möchte ich ein Dankeschön aussprechen, dem niederländischen Volk, der niederländischen Regierung und der niederländischen Königin und der Europäischen Union, für diese Art der Unterstützung in unserer Branche. Ohne diese Unterstützung hätten wir unsere Produktion nicht aufrecht erhalten können."
Dann wendet er sich wieder seinen Arbeitern zu, und bereitet die nächste Nelken-Ladung über den Export nach Holland vor.
"Frühmorgens gehen die Arbeiter zu den Gewächshäusern und prüfen, welche Blumen den entsprechenden Reifegrad erreicht haben, um gepflückt zu werden. Dann bringen sie die geschnittenen Blumen hierher in die Halle. Danach fangen sie an, die Blätter am Ende der Stengel fachmännlich zu entfernen, damit sie nicht schimmeln, und dann sortieren sie die Blumen in einer bestimmten Anzahl für die Verpackung."
Sorgfältig schneiden die Arbeiter die Nelkenstiele ab, bündeln jeweils 20 Stück, packen sie samt Folie in Kartons und kleben sie zu:
Seit Mitte Januar herrscht bei Zahry Hamdi Hegazi und den übrigen Nelkenanbauern in Rafah wieder Hochbetrieb. Der Grund: Ihre Blumen sind die einzigen Produkte Gazas, deren Ausfuhr die israelische Regierung zulässt. An mehreren Tagen pro Woche rollen jeweils zwei große LKW mit palästinensischen Nelken aus Rafah zum Warengrenzübergang Kerem Shalom, dort werden die Blumen von "Agrexco" übernommen, dem größten israelischen Exporteur von Agrarprodukten, und Richtung Ben Gurion Flughafen für die Luftfracht nach Amsterdam transportiert, oder zum Hafen Ashdod. Das habe man alles den Holländern zu verdanken, lobt Ghasan Qasim, der Generalmanager der landwirtschaftlichen Kooperative Gazas und Chef der Blumenanbauer:
"Wir können unsere Dankbarkeit nicht beschreiben. Ich spreche hier im Namen aller Blumenanbauer, die den Export in die Niederlande betreiben, Dankbarkeit für die prinzipienfeste Haltung der niederländischen Regierung und ihrer Königin, für die vierjährige Förderung und Bemühung, dass wir unsere Exporte durch die Niederlande in die Europäische Union tätigen können."
Die niederländische Regierung hatte eine gehörige Portion an Blumendiplomatie aufzubieten, um den Nelkenexport aus Gaza möglich zu machen: Als 2005, nach dem einseitigen Abzug Israels aus dem Küstenstreifen, die langjährige Ausfuhr von palästinensischen Blumen nach Holland durch die israelische Schließung des Warenübergangs Karni zum Erliegen gekommen war und sich kein Palästinenser mehr zum Anbau von Nelken entscheiden konnte, trat die europäische Blumengroßmacht Holland auf den Plan. Ghasan Qasim:
"2006 hat die niederländische Vertretung ein Angebot unterbreitet, den Blumenbauern einen Kredit zur Verfügung zu stellen, im Wert von 1,8 Millionen Dollar. Und die niederländische Regierung hat Druck auf die israelische Seite ausgeübt, um zuzulassen, dass die Blumen wieder in die Niederlande geliefert werden konnten. Das war die beste Saison."
Doch das blieb nicht so: Nach der Machtübernahme der Hamas im Sommer 2007 verhängte Israel die Blockade über den Gaza-Streifen, die Nelken mit einer Jahresproduktion von 143 Millionen Stück und Einnahmen von 14,3 Millionen Euro konnten den holländischen Markt nicht mehr erreichen. In ihrer Not verkauften die Blumenanbauer die gesamte Jahresernte als Tierfutter, für Ziegen. Doch die Niederlande ließen sich nicht unterkriegen, und handelten mit Israel, in mühevoller diplomatischer Kleinarbeit, einen neuen Deal für Gaza aus: Was spreche denn dagegen, wenn Holland den Blumensamen nach Israel liefere, israelische Blumenanbauer die Blumensamen in die Erde stecken und Jungpflanzen ziehen würden, diese wiederum dann nach Rafah zu palästinensischen Blumenanbauern liefern und anschließend die fertigen Nelken auf umgekehrtem Wege wieder nach Amsterdam transportieren würden? Holland sprach Israels Behörden immer wieder auf ihr Vorhaben an – mit Erfolg. Der Leiter der niederländischen Vertretung in Ramallah, Jack Twiss, gibt sich am Telefon bescheiden:
"Offenkundig haben wir dabei eine Rolle gespielt, von diplomatischer Seite aus, indem wir mehrere, intensive diplomatische Kontakte mit wichtigen israelischen Stellen hatten. Dabei haben wir die Bedeutung sowohl des notwendigen landwirtschaftlichen Inputs nach Gaza und natürlich des Exports des Produkts aus Gaza hervorgehoben."
Letztendlich dürften wohl die rein wirtschaftlichen Interessen der Blumenanbauer in Gaza und in Israel zum diplomatischen Erfolg der Holländer beigetragen haben: So erhalten die israelischen Landwirte für jede Nelken-Jungpflanze, die nach Gaza zur weiteren Aufzucht importiert wird, 12 Cent, die palästinensischen Bauern für jede Nelke 10 Cent und auch die holländischen Auftraggeber dürften dabei nicht zu kurz kommen: Bei rund 140 Millionen exportierter Nelken ein Millionengeschäft für alle drei beteiligten Seiten. In Rafah jedenfalls bilanziert Zakry Hamdi Hegazi die Blumendiplomatie mit den Worten:
"Es gibt anscheinend ein großes, gegenseitiges Geschäftsinteresse zwischen der israelischen und der niederländischen Seite und dieses großes Geschäftsinteresse gibt den Niederländern den Raum, doch etwas durchsetzen zu können."
Sie vertrauten weiterhin auf die Niederlande, sagt Blumenanbauer in Rafah, ohne deren Hilfe die gesamte Nelkenproduktion in Gaza verwelken würde:
"Zuletzt möchte ich ein Dankeschön aussprechen, dem niederländischen Volk, der niederländischen Regierung und der niederländischen Königin und der Europäischen Union, für diese Art der Unterstützung in unserer Branche. Ohne diese Unterstützung hätten wir unsere Produktion nicht aufrecht erhalten können."
Dann wendet er sich wieder seinen Arbeitern zu, und bereitet die nächste Nelken-Ladung über den Export nach Holland vor.