Schon die Anfahrt zum Skywalk hat es in sich. 120 Meilen, also rund 190 Kilometer, durch eine wüstenartige Landschaft sind es bis Las Vegas, von wo die meisten Touristen anreisen. Links und rechts der Straße recken kakteenartige Joshua-Tree-Bäume ihre knorrigen Äste gen Himmel. Auf den letzten 25 Meilen geht es über eine löchrige Schotterpiste immer weiter nach Westen, Richtung Grand Canyon, eine Tortur für Auto und Fahrer.
Und dann künden die ersten Hubschrauber die Nähe zum Ziel an, denn hier lockt nicht nur ein Trip zu Fuß über den höchsten Balkon der Welt, sondern auch der Flug über die Schlucht.
"Hey, Leute, willkommen im Grand Canyon West, willkommen beim Skywalk, geht zum Ticketschalter und genießt den fantastischen Ausflug","
… ruft der Parkplatzwächter den Ankömmlingen zu und schickt sie zum Besucherzentrum, wo es die die Eintrittskarten für das Adventure Grand Canyon West gibt.
""Das ist ihr Voucher. Und hier ist der Abschnitt für den Skywalk, der Zugang kostet 25 Dollar extra. Der Shuttlebus bringt sie hin, er kommt alle fünf bis zehn Minuten."
Spätestens jetzt merkt der Besucher, dass er nicht einfach anreisen kann, um den Skywalk zu besuchen. Stattdessen muss er ein Package erwerben, wahlweise das Spirit, Sky oder Explorer Paket. Mittagessen, der Blick vom Guano Point in die Canyonschlucht und der Besuch eines nachgebauten Indianerdorfes und einer ebenso künstlichen Westernstadt mit Büffelshow sind inklusive; Hubschrauberflug, Ausflüge auf dem Pferderücken und Raftingtouren auf dem Colorado River kosten extra. Das billigste Package mit Skywalkbegehung ist für 75 Dollar plus Steuern zu haben. Ganz schön happig, findet dieses Ehepaar aus Houston in Texas.
"Es ist recht teuer, yeah. Ich meine, man geht da einmal drüber und das war's."
Aber wer einmal vor Ort ist, will sich den Nervenkitzel auf dem gläsernen Balkon natürlich nicht entgehen lassen. Ein Shuttle Bus pendelt von Station zu Station, die Fahrt mit dem eigenen Auto ist verboten.
"Meine Damen und Herren, willkommen am Grand Canyon West, dem Land der Hualapai."
Busfahrer Francisco hat es auf den Punkt gebracht. Das Land am Grand Canyon gehört nicht der Regierung, es ist kein Nationalpark wie der weitaus häufigere besuchte South Rim, der Südrand der Schlucht, für viele der Inbegriff des Grand Canyon mit vier Millionen Besuchern jährlich. Nein, das Land gehört den Hualapai-Indianern.
Die Hualapai vermarkten den Westrand des Canyon zwar schon seit über 30 Jahren, aber mangels Infrastruktur verirrten sich bisher nur wenige Besucher in den unbekannten und abgelegenen Teil der Schlucht, erzählt Geschäftsführerin Allison Raskansky.
"Die meisten Leuten wussten bisher gar nichts vom Grand Canyon West. Alle Welt kannte nur den South Rim. Wenn hier 300 bis 500 Leute am Tag vorbeischauten, dann war das schon sehr viel. Doch mit dem Skywalk hat sich das geändert. Jetzt sind es 2000, 3000 und mehr."
Ein Stammesausschuss der Hualapai gab dem Investor David Jin vor fünf Jahren grünes Licht für den 30 Millionen teuren Glasbalkon auf ihrem Reservat am Westrand des Grand Canyon. Der Geschäftsmann aus Las Vegas wird prozentual an den Einnahmen beteiligt, doch Eigentümer des Skywalks sind die Hualapai. Gerade mal 2000 Mitglieder zählt der Stamm, die unter ärmlichsten Bedingungen auf kargem Reservatland in dem Örtchen Peach Springs in Arizona leben. Für viele von ihnen bedeutet der Skywalk endlich eine gesicherte Zukunft, betont Sheri Yellowhawk, Vorsitzende der Hualapai Kooperative.
"Die Arbeitslosigkeit bei uns ist fünfmal so hoch wie sonst in den Staaten. Der Skywalk war eine großartige Idee, denn er bringt uns Jobs und Einnahmen. Das Geld investieren wir dann in Wasserversorgung, in Häuser und in die Erziehung unserer Kinder. Deswegen bieten wir den Besuch am Grand Canyon West auch nur als Package an. Wir müssen Stromgeneratoren laufen lassen, Wasser herkarren, den Müll entsorgen und so weiter. Jetzt haben wir einen Masterplan aufgestellt, um das Gebiet noch mehr touristisch zu erschließen. Wir würden ganz schnell bankrott gehen, wenn wir den Skywalk für 15 Dollar einzeln anbieten würden. Dann würden alle nur dorthin gehen und den Rest des Canyon außer Acht lassen."
Trotz des Geldsegens sträubten sich vor allem die älteren Stammesmitglieder zunächst heftig gegen das Projekt. Denn am Eagle Point, dort wo der Blick auf eine riesige Felsformation fällt, die an einen Adler mit ausgebreiteten Flügeln erinnert, genau dort also, wo der Skywalk sich über den Abgrund erstreckt, sind besondere Schwingungen in der Luft, glauben die Hualapai.
"Viele unserer Alten sagten, dass das Land heilig sei und wir dort nichts bauen dürften. Aber die jüngere Generation - so wie ich - wir glauben, dass es eine sehr gute Sache für den Stamm ist. Wir können nicht ewig von Zuwendungen des Staates abhängig sein. Wenn wir jetzt auf unserem eigenen Land die Chance haben, Einkünfte zu erzielen und unabhängig zu werden, dann ist das eine großartige Sache. Erstmals in meinen Leben ist mein Herz mit Stolz auf unserem Stamm erfüllt, weil wir etwas besitzen, was andere Menschen und Länder nicht haben."
Die Hualapai Jane Pachahowa war selber lange arbeitslos, jetzt ist sie für das Indianerdorf gegenüber dem Skywalk zuständig. Und während dort ein Indianer im farbenprächtigen federgeschmückten Gewand den Tanz seiner Ahnen vorführt, legen im Skywalkgebäude zwei Amerikanerinnen ihr Zugangsticket vor. Dort wartet Brenda, die den Besuchern ein Papierarmband umschnallt - mit dem Spruch: Skywalk- I did it.
"Geben Sie mir ihr rechtes Handgelenk, vielen Dank und genießen Sie den Spaziergang."
Für einige kommen die drei Worte "I did it" zu früh, denn ob man es wirklich tut, sich wirklich über den Abgrund wagt, das entscheidet sich oft erst in letzter Sekunde, lacht Brenda.
"Oh ja, viele Leute kommen zurück, vor allem Männer. Sie sehen den Abgrund und machen auf dem Absatz kehrt."
So mancher zieht dann doch eher den Besuch in der Westernstadt vor, wo Tim Allan alias Buffalo Bill auf einem riesigen Büffel reitend vor dem Saloon seine Show abzieht.
"Hallo, Leute herzlich willkommen, das ist mein großer Freund und er hört auf den Namen Curby Wolbanger. Er ist 17 Jahre alt, wiegt 2600 Pfund und ist der berühmteste Büffel der Welt."
Während Peter Miller aus Ohio sich für fünf Dollar mit Curby Wolbanger fotografieren lässt, hat sich seine Freundin Conny zum Gang auf den Skywalk durchgerungen. Sie hat zwar Höhenangst, will es aber trotzdem wagen:
"Yeah, ich werde es wagen. Ich überlege aber, ob ich nicht besser krieche."
Wie am Flughafen müssen die Besucher einzeln durch ein Sicherheitstor treten. Es ist nämlich strikt verboten, irgendetwas auf den Skywalk mitzunehmen - vor allem keine Kameras oder Handys. Warum, erklärt Sicherheitschef Boyd Galan:
"Wissen Sie, wir wollen die Unversehrtheit des Canyon gewährleisten. In den ersten Wochen fielen einige Kameras auf den Boden und über die Brüstung. Das kann das Glas zerstören, außerdem sieht es dann in der Schlucht irgendwann wie auf einer Müllhalde aus. Das wollen wir verhindern, wir wollen die Natur in ihrer ursprünglichen Form bewahren."
So ganz glaubt keiner der Besucher an die Erklärung, eher daran, dass die Betreiber noch mehr verdienen wollen. Schließlich steht ein Profifotograf auf der Brücke und lichtet jeden Ankömmling vor der grandiosen Kulisse ab. Kostenpunkt: 21 Dollar.
"Solche Dinge lehne ich ab, ein Foto zu diesen Preisen zu kaufen."
Der deutsche Rentner Manfred Hendos ist entrüstet, die Freude am Skywalk allerdings lässt er sich nicht nehmen. Wie alle anderen auch hat er die Filzhüllen über die Schuhe gezogen, damit ja kein Kratzer die Sicht durch den transparenten Glasboden nach unten trübt. Und dann tastet er sich zunächst vorsichtig Schritt für Schritt auf dem Balkon in Hufeisenform voran, 1200 Meter über dem Colorado River, der sich als grünes Band tief unten durch den Canyon schlängelt.
"Es ist schon ein seltsames Gefühl, wenn ich auf der Glasplatte stehe und dazwischen runterschaue, dann überkommt einen doch im ersten Moment ein Schaudern. Ja, es kribbelt einem in den Beinen. Im Übrigen vertraue ich der deutschen Wertarbeit."
In der Tat wurden die Glasscheiben für die gewaltige Konstruktion von Glasbauexperten in Berlin und in Köln entwickelt und produziert. Drei Meter breit ist der gläserne Nervenkitzel und von einem zum anderen Ende 45 Meter lang. Die gesamte Konstruktion wiegt über 482 Tonnen und ist mit dicken Trägern 20 Meter tief im Gestein verankert. Stürme mit einer Windstärke von bis zu 160 Stundenkilometern soll der Skywalk schadlos überstehen, ebenso ein Erdbeben der Stärke acht. Ängstliche hangeln sich an der gerade mal 1,30 hohen Brüstung entlang, dort, wo das Glas auf den Stahltrossen aufliegt.
"Ja, das Geländer ist ganz schön niedrig und das ist auch so gewollt, das gibt einem noch mehr das Gefühl von Freiheit. Aber keine Sorge, es sind bisher genauso viele Leute zurückgekommen, wie raus gegangen sind."
Sicherheitschef Boyd lacht und sein Kollege John Blazquez beruhigt:
"Manche Leute gehen bis zur Kante vor und stoppen dann, weil sie es allein nicht weiter schaffen. Dann kommen unsere Sicherheitsleute ins Spiel. Es hilft nämlich wirklich, jemanden zu sehen, der zweimal so groß ist wie man selbst. Dann denkt man sich doch: Wenn das Glas unter dem hält, dann muss das doch eine absolut sichere Sache sein."
Mag ja sein, trotzdem hat so mancher beim Schritt über den Abgrund heftige Bedenken. Nur nicht nach unten gucken, rät dann die Hualapai Valerie, die hier als Sicherheitsfrau Schicht schiebt.
"Wenn Sie geradeaus gucken, sehen Sie einen roten Felsen, er sieht aus wie eine Hualapai Squaw, da ist ihr Pferdeschwanz, auf dem Rücken trägt sie einen Korb. Und genau daneben fliegt der Donnervogel. Sehen Sie ihn?"
Furchtlos zeigt sich ein kleiner Junge aus England, der munter auf und ab hüpft und die Konstruktion zum Schwingen bringt, während dieser Texaner gesteht:
"Beim ersten Versuch habe ich aufgegeben, ich hatte zu viel Angst, aber dann habe ich mich langsam am Geländer vorgeangelt, und als ich es einmal rum geschafft hatte, fühlte ich mich wirklich toll."
Und so macht jeder auf dem Skywalk seine eigenen Erfahrungen:
"Ich war zweimal auf dem Skywalk, es ist ein großartiges Gefühl, aber ich muss gestehen, meine Füße fühlten sich wie Blei an, ich konnte sie einfach nicht mehr bewegen."
"Ich komme aus Trinidad und Tobago - und seitdem der Skywalk eröffnet wurde, habe ich davon geträumt, herzukommen."
"Meine Frau hatte da doch einige Probleme, weil sie solche Höhenangst hat, das war nicht möglich. Ich habe versucht, sie an die Hände zu nehmen und vier Meter haben wir es geschafft, aber sobald der richtige Abgrund kam, ist sie laufen gegangen."
Mit 600.000 Besuchern rechnen die Hualapai in diesem Jahr, ab 2008 mit einer Million Touristen. Für Sheri Yellowhawk, Geschäftsführerin des Hualapai-Rates, ist klar:
"Zu uns zur Westschlucht zu kommen ist ein ganz anderes Erlebnis als in der Südschlucht im Nationalpark. Es ist ein spiritueller Trip, denn bei uns kann man mit echten Indianern zusammentreffen. Mein Stamm lebt zwar in der modernen Welt, aber wir haben uns die Erinnerung an unsere Geschichte und Kultur bewahrt, anders als die meisten Amerikaner, die ihre Wurzeln nicht kennen. Wir Hualapai wissen, woher wir kommen und dieses Wissen wollen wir mit unseren Besuchern teilen."
Und dann künden die ersten Hubschrauber die Nähe zum Ziel an, denn hier lockt nicht nur ein Trip zu Fuß über den höchsten Balkon der Welt, sondern auch der Flug über die Schlucht.
"Hey, Leute, willkommen im Grand Canyon West, willkommen beim Skywalk, geht zum Ticketschalter und genießt den fantastischen Ausflug","
… ruft der Parkplatzwächter den Ankömmlingen zu und schickt sie zum Besucherzentrum, wo es die die Eintrittskarten für das Adventure Grand Canyon West gibt.
""Das ist ihr Voucher. Und hier ist der Abschnitt für den Skywalk, der Zugang kostet 25 Dollar extra. Der Shuttlebus bringt sie hin, er kommt alle fünf bis zehn Minuten."
Spätestens jetzt merkt der Besucher, dass er nicht einfach anreisen kann, um den Skywalk zu besuchen. Stattdessen muss er ein Package erwerben, wahlweise das Spirit, Sky oder Explorer Paket. Mittagessen, der Blick vom Guano Point in die Canyonschlucht und der Besuch eines nachgebauten Indianerdorfes und einer ebenso künstlichen Westernstadt mit Büffelshow sind inklusive; Hubschrauberflug, Ausflüge auf dem Pferderücken und Raftingtouren auf dem Colorado River kosten extra. Das billigste Package mit Skywalkbegehung ist für 75 Dollar plus Steuern zu haben. Ganz schön happig, findet dieses Ehepaar aus Houston in Texas.
"Es ist recht teuer, yeah. Ich meine, man geht da einmal drüber und das war's."
Aber wer einmal vor Ort ist, will sich den Nervenkitzel auf dem gläsernen Balkon natürlich nicht entgehen lassen. Ein Shuttle Bus pendelt von Station zu Station, die Fahrt mit dem eigenen Auto ist verboten.
"Meine Damen und Herren, willkommen am Grand Canyon West, dem Land der Hualapai."
Busfahrer Francisco hat es auf den Punkt gebracht. Das Land am Grand Canyon gehört nicht der Regierung, es ist kein Nationalpark wie der weitaus häufigere besuchte South Rim, der Südrand der Schlucht, für viele der Inbegriff des Grand Canyon mit vier Millionen Besuchern jährlich. Nein, das Land gehört den Hualapai-Indianern.
Die Hualapai vermarkten den Westrand des Canyon zwar schon seit über 30 Jahren, aber mangels Infrastruktur verirrten sich bisher nur wenige Besucher in den unbekannten und abgelegenen Teil der Schlucht, erzählt Geschäftsführerin Allison Raskansky.
"Die meisten Leuten wussten bisher gar nichts vom Grand Canyon West. Alle Welt kannte nur den South Rim. Wenn hier 300 bis 500 Leute am Tag vorbeischauten, dann war das schon sehr viel. Doch mit dem Skywalk hat sich das geändert. Jetzt sind es 2000, 3000 und mehr."
Ein Stammesausschuss der Hualapai gab dem Investor David Jin vor fünf Jahren grünes Licht für den 30 Millionen teuren Glasbalkon auf ihrem Reservat am Westrand des Grand Canyon. Der Geschäftsmann aus Las Vegas wird prozentual an den Einnahmen beteiligt, doch Eigentümer des Skywalks sind die Hualapai. Gerade mal 2000 Mitglieder zählt der Stamm, die unter ärmlichsten Bedingungen auf kargem Reservatland in dem Örtchen Peach Springs in Arizona leben. Für viele von ihnen bedeutet der Skywalk endlich eine gesicherte Zukunft, betont Sheri Yellowhawk, Vorsitzende der Hualapai Kooperative.
"Die Arbeitslosigkeit bei uns ist fünfmal so hoch wie sonst in den Staaten. Der Skywalk war eine großartige Idee, denn er bringt uns Jobs und Einnahmen. Das Geld investieren wir dann in Wasserversorgung, in Häuser und in die Erziehung unserer Kinder. Deswegen bieten wir den Besuch am Grand Canyon West auch nur als Package an. Wir müssen Stromgeneratoren laufen lassen, Wasser herkarren, den Müll entsorgen und so weiter. Jetzt haben wir einen Masterplan aufgestellt, um das Gebiet noch mehr touristisch zu erschließen. Wir würden ganz schnell bankrott gehen, wenn wir den Skywalk für 15 Dollar einzeln anbieten würden. Dann würden alle nur dorthin gehen und den Rest des Canyon außer Acht lassen."
Trotz des Geldsegens sträubten sich vor allem die älteren Stammesmitglieder zunächst heftig gegen das Projekt. Denn am Eagle Point, dort wo der Blick auf eine riesige Felsformation fällt, die an einen Adler mit ausgebreiteten Flügeln erinnert, genau dort also, wo der Skywalk sich über den Abgrund erstreckt, sind besondere Schwingungen in der Luft, glauben die Hualapai.
"Viele unserer Alten sagten, dass das Land heilig sei und wir dort nichts bauen dürften. Aber die jüngere Generation - so wie ich - wir glauben, dass es eine sehr gute Sache für den Stamm ist. Wir können nicht ewig von Zuwendungen des Staates abhängig sein. Wenn wir jetzt auf unserem eigenen Land die Chance haben, Einkünfte zu erzielen und unabhängig zu werden, dann ist das eine großartige Sache. Erstmals in meinen Leben ist mein Herz mit Stolz auf unserem Stamm erfüllt, weil wir etwas besitzen, was andere Menschen und Länder nicht haben."
Die Hualapai Jane Pachahowa war selber lange arbeitslos, jetzt ist sie für das Indianerdorf gegenüber dem Skywalk zuständig. Und während dort ein Indianer im farbenprächtigen federgeschmückten Gewand den Tanz seiner Ahnen vorführt, legen im Skywalkgebäude zwei Amerikanerinnen ihr Zugangsticket vor. Dort wartet Brenda, die den Besuchern ein Papierarmband umschnallt - mit dem Spruch: Skywalk- I did it.
"Geben Sie mir ihr rechtes Handgelenk, vielen Dank und genießen Sie den Spaziergang."
Für einige kommen die drei Worte "I did it" zu früh, denn ob man es wirklich tut, sich wirklich über den Abgrund wagt, das entscheidet sich oft erst in letzter Sekunde, lacht Brenda.
"Oh ja, viele Leute kommen zurück, vor allem Männer. Sie sehen den Abgrund und machen auf dem Absatz kehrt."
So mancher zieht dann doch eher den Besuch in der Westernstadt vor, wo Tim Allan alias Buffalo Bill auf einem riesigen Büffel reitend vor dem Saloon seine Show abzieht.
"Hallo, Leute herzlich willkommen, das ist mein großer Freund und er hört auf den Namen Curby Wolbanger. Er ist 17 Jahre alt, wiegt 2600 Pfund und ist der berühmteste Büffel der Welt."
Während Peter Miller aus Ohio sich für fünf Dollar mit Curby Wolbanger fotografieren lässt, hat sich seine Freundin Conny zum Gang auf den Skywalk durchgerungen. Sie hat zwar Höhenangst, will es aber trotzdem wagen:
"Yeah, ich werde es wagen. Ich überlege aber, ob ich nicht besser krieche."
Wie am Flughafen müssen die Besucher einzeln durch ein Sicherheitstor treten. Es ist nämlich strikt verboten, irgendetwas auf den Skywalk mitzunehmen - vor allem keine Kameras oder Handys. Warum, erklärt Sicherheitschef Boyd Galan:
"Wissen Sie, wir wollen die Unversehrtheit des Canyon gewährleisten. In den ersten Wochen fielen einige Kameras auf den Boden und über die Brüstung. Das kann das Glas zerstören, außerdem sieht es dann in der Schlucht irgendwann wie auf einer Müllhalde aus. Das wollen wir verhindern, wir wollen die Natur in ihrer ursprünglichen Form bewahren."
So ganz glaubt keiner der Besucher an die Erklärung, eher daran, dass die Betreiber noch mehr verdienen wollen. Schließlich steht ein Profifotograf auf der Brücke und lichtet jeden Ankömmling vor der grandiosen Kulisse ab. Kostenpunkt: 21 Dollar.
"Solche Dinge lehne ich ab, ein Foto zu diesen Preisen zu kaufen."
Der deutsche Rentner Manfred Hendos ist entrüstet, die Freude am Skywalk allerdings lässt er sich nicht nehmen. Wie alle anderen auch hat er die Filzhüllen über die Schuhe gezogen, damit ja kein Kratzer die Sicht durch den transparenten Glasboden nach unten trübt. Und dann tastet er sich zunächst vorsichtig Schritt für Schritt auf dem Balkon in Hufeisenform voran, 1200 Meter über dem Colorado River, der sich als grünes Band tief unten durch den Canyon schlängelt.
"Es ist schon ein seltsames Gefühl, wenn ich auf der Glasplatte stehe und dazwischen runterschaue, dann überkommt einen doch im ersten Moment ein Schaudern. Ja, es kribbelt einem in den Beinen. Im Übrigen vertraue ich der deutschen Wertarbeit."
In der Tat wurden die Glasscheiben für die gewaltige Konstruktion von Glasbauexperten in Berlin und in Köln entwickelt und produziert. Drei Meter breit ist der gläserne Nervenkitzel und von einem zum anderen Ende 45 Meter lang. Die gesamte Konstruktion wiegt über 482 Tonnen und ist mit dicken Trägern 20 Meter tief im Gestein verankert. Stürme mit einer Windstärke von bis zu 160 Stundenkilometern soll der Skywalk schadlos überstehen, ebenso ein Erdbeben der Stärke acht. Ängstliche hangeln sich an der gerade mal 1,30 hohen Brüstung entlang, dort, wo das Glas auf den Stahltrossen aufliegt.
"Ja, das Geländer ist ganz schön niedrig und das ist auch so gewollt, das gibt einem noch mehr das Gefühl von Freiheit. Aber keine Sorge, es sind bisher genauso viele Leute zurückgekommen, wie raus gegangen sind."
Sicherheitschef Boyd lacht und sein Kollege John Blazquez beruhigt:
"Manche Leute gehen bis zur Kante vor und stoppen dann, weil sie es allein nicht weiter schaffen. Dann kommen unsere Sicherheitsleute ins Spiel. Es hilft nämlich wirklich, jemanden zu sehen, der zweimal so groß ist wie man selbst. Dann denkt man sich doch: Wenn das Glas unter dem hält, dann muss das doch eine absolut sichere Sache sein."
Mag ja sein, trotzdem hat so mancher beim Schritt über den Abgrund heftige Bedenken. Nur nicht nach unten gucken, rät dann die Hualapai Valerie, die hier als Sicherheitsfrau Schicht schiebt.
"Wenn Sie geradeaus gucken, sehen Sie einen roten Felsen, er sieht aus wie eine Hualapai Squaw, da ist ihr Pferdeschwanz, auf dem Rücken trägt sie einen Korb. Und genau daneben fliegt der Donnervogel. Sehen Sie ihn?"
Furchtlos zeigt sich ein kleiner Junge aus England, der munter auf und ab hüpft und die Konstruktion zum Schwingen bringt, während dieser Texaner gesteht:
"Beim ersten Versuch habe ich aufgegeben, ich hatte zu viel Angst, aber dann habe ich mich langsam am Geländer vorgeangelt, und als ich es einmal rum geschafft hatte, fühlte ich mich wirklich toll."
Und so macht jeder auf dem Skywalk seine eigenen Erfahrungen:
"Ich war zweimal auf dem Skywalk, es ist ein großartiges Gefühl, aber ich muss gestehen, meine Füße fühlten sich wie Blei an, ich konnte sie einfach nicht mehr bewegen."
"Ich komme aus Trinidad und Tobago - und seitdem der Skywalk eröffnet wurde, habe ich davon geträumt, herzukommen."
"Meine Frau hatte da doch einige Probleme, weil sie solche Höhenangst hat, das war nicht möglich. Ich habe versucht, sie an die Hände zu nehmen und vier Meter haben wir es geschafft, aber sobald der richtige Abgrund kam, ist sie laufen gegangen."
Mit 600.000 Besuchern rechnen die Hualapai in diesem Jahr, ab 2008 mit einer Million Touristen. Für Sheri Yellowhawk, Geschäftsführerin des Hualapai-Rates, ist klar:
"Zu uns zur Westschlucht zu kommen ist ein ganz anderes Erlebnis als in der Südschlucht im Nationalpark. Es ist ein spiritueller Trip, denn bei uns kann man mit echten Indianern zusammentreffen. Mein Stamm lebt zwar in der modernen Welt, aber wir haben uns die Erinnerung an unsere Geschichte und Kultur bewahrt, anders als die meisten Amerikaner, die ihre Wurzeln nicht kennen. Wir Hualapai wissen, woher wir kommen und dieses Wissen wollen wir mit unseren Besuchern teilen."