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Deutsch-israelische Beziehungen
Scholz empfängt Netanjahu in Berlin und kritisiert Israels geplante Justizreform

Bei seinem Deutschland-Besuch ist der israelische Premier Netanjahu mit deutlicher Kritik an der von seiner Regierung geplanten Justizreform konfrontiert worden. Bei seinem Treffen mit Netanjahu in Berlin äußerte Bundeskanzler Scholz seine Sorge hinsichtlich der Pläne.

16.03.2023
    Benjamin Netanjahu und Olaf Scholz besuchen mit gesenkten Köpfen ein Mahnmal (Gleis 17 in Grunewald ) in Berlin, 16.03.2023
    Der SPD-Politiker Michael Roth hält den Berlin-Besuch des israelischen Premierministers Netanjahu angesichts einer aktuen Bedrohungslage für richtig. (imago / Christian Spicke)
    Die Unabhängigkeit der Justiz sei ein hohes demokratisches Gut, sagte der Kanzler. Er halte die Suche nach einem möglichst breiten gesellschaftlichen Konsens für wichtig und richtig. Netanjahu erwiderte, Israel bleibe auch mit der geplanten Justizreform eine liberale Demokratie. Gegen den von der rechts-religiösen Regierung geplanten Umbau der Justiz gibt es in Israel bereits seit Wochen massive Proteste.
    Der Präsident des Zentralrats der Juden, Schuster, hatte zuvor bei einem Treffen mit Netanjahu ebenfalls Kritik geäußert. Er sagte, er habe seine Sorge darüber ausgedrückt, dass die israelische Regierung die Gesellschaft des Landes zunehmend spalte und dabei sei, Vertrauen in das demokratische Israel zu verspielen. Dennoch betonte Schuster, Jüdinnen und Juden in Deutschland und aller Welt stünden fest an der Seite Israels und wollten dies auch weiterhin tun.
    Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, der SPD-Politiker Roth, sagte im Deutschlandfunk, die israelische Bevölkerung habe Deutschlands volle Solidarität in ihren Protesten gegen die Justizreform, die eine in Teilen rechtsextreme Regierung auf den Weg gebracht habe. Zugleich verteidigte er den Besuch des israelischen Ministerpräsidenten gegen Kritik. Rothsagte, Demokratien müssten miteinander im Gespräch bleiben. Es sei Teil der deutschen Staatsräson, sich zur Sicherheit Israels zu bekennen.

    Polizei-Großeinsatz in Berlin

    Der Besuch Netanjahus wurde von rund 2.500 Polizisten abgesichert. Während des Besuchs demonstrierten mehrere hundert Menschen im Regierungsviertel und am Brandenburger Tor.
    Es ist Netanjahus erster Besuch in Deutschland seit seinem erneuten Amtsantritt im Dezember des vergangenen Jahres. Mit einer gemeinsamen Visite an der Gedenkstätte Gleis 17 hatten er und Kanzler Scholz am Vormittag die Verbundenheit beider Länder und die anhaltende Verantwortung Deutschlands für den Holocaust betont. Der Gedenkort am Bahnhof Grunewald erinnert an den Beginn der Deportationen von Berliner Juden vor mehr als 80 Jahren. Scholz betonte, Deutschland habe die Verantwortung, nicht zu vergessen und jüdisches Leben in Deutschland zu schützen.
    Diese Nachricht wurde am 16.03.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.