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Netbooks nur für Neue

Die Universität Paderborn ist drauf und dran, einem Netbookhersteller zum Wintersemester noch gewaltigere Umsatzzahlen zu verschaffen. Alle rund 3000 Studienanfänger sollen dann nämlich ein modernes 10-Zoll-Netbook bekommen - umsonst. Die Stimmung unter den Eingesessenen ist mies. Sie fühlen sich vom Rektorat übergangen.

Von Sylvia Cieslik |
    "Ich find's ´ne Frechheit – ganz ehrlich ... "

    "Wir halten da nicht so viel von, weil wir natürlich auch gern eins hätten und die hier neu hin kommen und vielleicht nur ein Semester bleiben und dann ein Netbook bekommen ... "

    "Es ist halt einfach ungerecht, denn wir könnten die auch gut gebrauchen. Ich hab zum Beispiel keinen Laptop, und das ist irgendwie unfair, finde ich."

    Der Haussegen hängt schief: Dabei wollte Unirektor Nikolaus Risch doch etwas besonders Gutes für seine Studenten tun. – Und natürlich ganz nebenbei auch für seine Uni: Denn von den vorhergesagt steigenden Studierendenzahlen der kommenden Jahre möchte auch Paderborn profitieren. Doch die als eher spießig und konservativ geltende Stadt am äußersten Rande Nordrhein-Westfalens ist für viele Studienanfänger unattraktiv. Das Netbook soll es leichter machen, sich für Paderborn zu entscheiden. Unirektor Nikolaus Risch:

    "Selbstverständlich wollen wir auch auf uns aufmerksam machen, also deutlich über die Region hinaus, dass hier in Paderborn was los ist, was passiert - und das wir das hier auch wirklich mit ganz attraktiven Inhalten hier füllen können. Aber letztlich geht es darum, dass die jungen Leute, die hier zu uns kommen, ihr Studium optimal realisieren können."

    Und so sollen im Herbst ungefähr 3000 Erstsemester mit einem brandneuen Netbook über den Campus eilen. Neidisch beäugt von den höheren Semestern. Wie viel die Anschaffung kosten wird, steht noch nicht genau fest – es werden aber mindestens mehrere Hunderttausend Euro sein – finanziert von Sponsoren. Geld, dass man auch für andere Zwecke hätte einsetzen können, meinen viele Studenten ...

    "Ich finde im Astashop könnten alle Studenten neue Kopierer gebrauchen, in dem Sinne ist das Geld da viel besser aufgehoben als wenn jeder Student ein Netbook kriegt - ansonsten: Wir haben ja auch eigene Netbooks gekauft"

    Der ASTA der Uni hat überraschender Weise kein Verständnis für die ganze Aufregung. Dort ist man froh über jeden, der Geld in die Uni steckt – solange er sich nicht in Forschung und Lehre einmischt. Dass die Uni das Sponsorengeld für die werbewirksame "Netbook-Aktion" verwendet, müsse man einfach akzeptieren. - Wenn es ginge, hätte Asta-Chef Pierre Schade mit dem Geld aber für eine Zeit die Studiengebühren gesenkt. Doch auch realistisch gedacht sieht er viele Vorteile:

    "Eine Entlastung für die Studierenden wäre natürlich
    wünschenswerter. Aber positiv ist natürlich für die nächsten Anfänger, dass jeder damit ausgestattet wird, egal aus welchem Hintergrund er kommt - und egal ob er sich's leisten könnte, sich selbst ein Notebook zu beschaffen oder nicht - er wird einfach zukunftsfähig ausgestattet für den Lehrbetrieb hier."

    Und der erste Netbook-Jahrgang müsse ja nicht der letzte sein, meint Unirektor Nikolaus Risch:

    "Wir werden dann im Laufe des Wintersemesters schauen: War das das beste Instrument? Wir werden daraus lernen und wir werden uns auch darum bemühen, dieses nicht als 'Einmal-Aktion' laufen zu lassen. Selbstverständlich hätte ich mir gewünscht, es für alle machen zu können! Es gibt Zeiten, da profitiert man von Entwicklungen... - und ich denke, die älteren Studierenden werden das auch akzeptieren..."

    Müssen sie wohl. Zum Wintersemester sollen die Netbooks an die erhofften 3000 Studienanfänger gehen. Ob die Uni alle loswird, wird man sehen: Im vergangenen Jahr haben nur 2000 junge Leute den Weg nach Paderborn gefunden. Doch die Chancen auf mehr Erstsemester stehen gut: In einigen Studiengängen fällt zum Wintersemester der zulassungsbeschränkende NC.