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Zum nunmehr 26. Mal veranstaltet der Chaos Computer Club in Berlin den "Chaos Communication Congress". Wissenschaftsjournalist Manfred Kloiber ist dort unterwegs und hat mit den Mitgliedern der sogenannten Freifunk-Initiative gesprochen.

28.12.2009
    Pasch: Zum Jahresende treffen sich Freunde und Mitglieder des Chaos Computer Clubs regelmäßig zum Erfahrungsaustausch im Berliner Kongresszentrum. In diesem Jahr ist dabei, mit dem Mikrofon, der Kollege Manfred Kloiber und bis Silvester wird er in dieser Sendung regelmäßig schildern, was denn die rund 3000 Teilnehmer auf dem 26. Chaos Communication Congress, kurz 26C3, genau treiben.

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    Pasch: Heute, Manfred Kloiber, geht es um die Freifunker, die sich im Untergeschoss des Veranstaltungsforums tummeln, dem Hack-Center. Was ist denn das genau?

    Kloiber: Das ist ein riesengroßer Kellerraum wo wirklich viele, viele Menschen sind. Ich schätze mal es sind mehrere Hundert, vor allen Dingen junge Menschen, die hier vor ihren Laptops sitzen und programmieren – falls sie nicht so übermüdet sind, dass sie mit dem Kopf vielleicht schon fast auf der Tastatur liegen. Es geht ja eben halt fast 24 Stunden rund um die Uhr ums Programmieren. Der Raum ist aufgeteilt durch mehrere Tischreihen und auf jedem Tisch steht dann ein Netzwerk-Switch an dem sich die Hacker hier mit ihrem Kabel einfach anschließen und dann loslegen. Vielleicht noch einen kleinen Exkurs über Hacker: Die CCC-Hacker verstehen sich nicht als Computerknacker, die hier irgendwelche Sicherheitsbarrieren aus niederen Motiven überwinden wollen, sondern als Maschinenstürmer, die die Möglichkeiten eines Computers oder einer speziellen Hardware dann begreifen wollen und diesen Rechner für ihre Zwecke erobern wollen. Es geht also um das Verstehen und um das Durchdringen – und das auf möglichst nette Art. Projektgruppen haben sich hier unten gebildet und ich sitze hier an dem Tisch von einer Projektgruppe, von den Freifunkern. Es geht darum, in den Städten möglichst viele freie Zugangsmöglichkeiten zum Internet zu schaffen und Christian Schmidt ist in Aurich Freifunker. Christian, was macht ihr da genau?

    Schmidt: Wir beschäftigen uns mit dem Aufbau von einem sogenannten Freifunknetz, also einer freien, offenen, funkbasierten Infrastruktur, die jedermann einen Zugang zu Informationen oder den Austausch von Informationen ermöglichen sollen.

    Kloiber: Das heißt, jeder, der irgendwo in Aurich mit einem Laptop durch die Stadt geht oder im Café sitzt und an einen Freifunk-Punkt kommt, der kann sich dort mit seinem W-Lan dann einloggen?

    Schmidt: Das ist korrekt, ja.

    Kloiber: Und Ihr müsst dazu bestimmte Router in der ganzen Stadt aufstellen, die untereinander sich selbst vernetzen können, oder?

    Schmidt: Ja genau, das sogenannte Mesh-Netzwerk. Das heißt, wir bauen da W-Lan-Knotenpunkte auf, welche sich dann untereinander mit mehreren in Reichweite befindlichen Knoten selber verbinden.

    Kloiber: Und das ist dann für die Nutzer, die sich eben halt beim Freifunk dann einklinken wollen, auch kostenlos, wenn sie die Bedingungen einhalten. Hier mitten auf dem Tisch steht jetzt ein Router, der sieht eigentlich aus wie ein ganz normaler handelsüblicher Router, den man eben halt von seinem Internetprovider bekommt. Aber der ist umgebaut, da ist ein neues Betriebssystem drauf und dieses Betriebssystem ist sicher gemacht worden für die Zukunft, nämlich auf IPv6 umgestellt worden. Alexander Morlang, was bedeutet das eigentlich, was Sie hier machen?

    Morlang: Was wir hier machen ist, wir beschäftigen uns wie der Rest der Welt mit dem neuen Internetprotokoll der Zukunft, das ist IPv6. Dazu muss man sagen, dass das Protokoll, was im Moment im Internet gesprochen wird, IPv4 genannt wird. IPv6 bietet neben dem extrem viel größeren Adressraum noch einige andere Möglichkeiten und wir beschäftigen uns damit im Freifunk, diese Möglichkeiten zu nutzen, um das Netzwerk auf IPv6 umzustellen, um die Vorteile zu nutzen und weiterhin es dem Nutzer zu ermöglichen, seinen gewohnten IPv4-Internetzugang zu benutzen.

    Kloiber: Man muss wissen, dass das alte Internet der herkömmlichen Art 4,3 Milliarden Adressen hat und die sind beinahe alle vergeben. Also es wird richtig eng. Mit dem IPv6 wird es ... unglaublich viele Adressen geben. Aber das Wichtige jetzt für Freifunk, für die Zukunft dieses freien Funknetzes ist, dass Ihr irgendwie eine Möglichkeit schafft, IPv6 zu machen und trotzdem dem Nutzer das altgewohnte Internet darauf dann zu betreiben, oder? Also IPv4 über IPv6?

    Morlang: Genau das ist der Punkt. Die meisten Menschen beschäftigen sich damit, wie sie durch das alte Internet IPv6 durchkriegen. Das ist für uns völlig uninteressant. Wir wollen unser Meshnetz, wo sich die Router miteinander verbinden, komplett auf IPv6 umstellen. Dadurch können sich die Geräte automatisch konfigurieren. Wir können viele Prozesse automatisieren, wir können es für den Benutzer sehr viel einfacher gestalten, daran zu partizipieren. Nichtsdestotrotz gibt es das Internet, wie wir es jetzt kennen. Das heißt, wir haben im Laufe des letzten Jahres eine Technologie entwickelt, welche diese kleinen IPv4-Inseln, einen davon ist das Internet, über einen IPv6-Mesh verbindet.

    Kloiber: Und dafür bietet hier das Hack-Center die ideale Umgebung, weil hier sich die Freifunker alle treffen können. Sie können hier ihre umgebauten Router aufstellen und ausprobieren. Mehr dazu noch morgen. Wir werden morgen über ein anderes Projekt reden. Aber jetzt zurück nach Köln.

    Pasch: Vielen Dank, Manfred Kloiber, für den heutigen Report aus dem Hack-Center des Berliner "Chaos Communication Congress". Morgen gibt es hier einen Bericht über handgemachte Motodronen.