Mittwoch, 24. April 2024

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Netzkultur
Memes im US-Wahlkampf

Im US-Wahlkampf nutzen beide Parteien Memes um möglichst viele Menschen in den sozialen Netzwerken zu erreichen. Präsident Trump und sein Umfeld werten Kontrahenten konsequent ab. Bei den Demokraten zeigt sich, dass Memes nur schwer am Reißbrett geplant werden können.

Daniel Hornuff im Gespräch mit Isabelle Klein | 10.03.2020
Vor knapp einem Jahr hat sich die deutsche Moderatorin Palina Rojinski für die anzüglichen Kommentare vieler User in den Sozialen Netzwerken revanchieren wollen. Auf ihrem Instagram-Kanal inszenierte sie deshalb ein Bild auf dem scheinbar ihr Dekolleté zu sehen war. In Klaas Heufer-Umlaufs Sendung Late Night Berlin auf ProSieben folgte dann die Auflösung: Zu sehen war nicht das Dekolleté von Rojinski, sondern das Maurer-Dekolleté eines Arbeitskollegen.
Exakt diese Bilder greift nun auch Donald Trump Jr. auf, der Sohn des US-Präsidenten. Erst zeigt er das vermeintliche Dekolleté und schreibt darunter "Was Sozialismus verspricht". Direkt daneben folgt die Auflösung, also das Maurer-Dekolleté mit dem Kommentar: "Was Sozialismus liefert". Donald Junior hat damit aus einem Streich ein typisches Meme kreiert. Ein Bild, das Social-Media-tauglich ist und mit ironischem Zungenschlag eine Botschaft überbringt.
Trump als Comic-Schurke
Das Ziel ist klar: Möglichst viele Leute zu erreichen. Deshalb versuchen auch die Bewerber im US-Wahlkampf Memes für ihre Zwecke zu nutzen, erklärt Professor Daniel Hornuff von der Kunsthochschule Kassel. Beispielsweise nutzt das Wahlkampfteam von US-Präsident Donald Trump diese Möglichkeit auf dessen Lieblingsplattform Twitter ausgiebig. In einem kurzen Video wird er als Comic-Bösewicht inszeniert, der sich mit einem Fingerschnipsen seiner politischen Gegner entledigt – den Demokraten.
Das Gesicht von Donald Trump auf den Kopf des Filmbösewicht Thanos montiert. Die Szene stammt aus der Marvel-Verfilmung "Avengers: Endgame".
Donald Trump als Filmbösewicht Thanos aus der Marvel-Verfilmung "Avengers: Endgame". (Trump War Room)
Das Beispiel zeigt: Memes müssen nicht zwingend ein Bild sein. Kleine Videosequenzen sind ebenso beliebt, genauso wie kurze Bewegtbilder, also Gifs. Nicht nur Trump nutzt Memes, sondern auch Demokraten wie Buttigieg und Bloomberg. Bloomberg gab sogar Millionen von US-Dollar im Vorwahlkampf aus, um eigene Memes für sich erstellen zu lassen. Ein Ergebnis: Bloombergs Gesicht auf einem Fleischbällchen.
Memes vom Reißbrett sind allerdings schwierig, findet auch Hornuff, weil "Memes eigentlich Bilder sind, die sich graswurzelartig konstituieren, also von unten aus der Netzkultur wachsen. Jetzt wurde hier versucht, von oben herab den eigenen Wahlkampf durch Memes zu befeuern und das hat zumindest in seinem Fall erkennbar nicht funktioniert."
Deutsche Rechte nutzt Memes
Deutsche Politiker nutzen Memes allerdings nur sehr zurückhaltend, hat Hornuff beobachtet, der eine generelle "deutsche Meme-Skepsis" ausgemacht hat. Im Umfeld der AfD und von Rechtsextremen seien Memes allerdings häufiger zu beobachten, erklärt er. Im politischen Diskurs in Deutschland seien Memes eher ein rechtspopulistisches Phänomen.