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Netzwerktechnik
Aus WLAN wird Glüh-LAN

Forscher aus Duisburg arbeiten daran, Daten über Deckenlampen zu verschicken. Grundlage ihrer Idee sind Leuchtdioden, die so schnell an- und ausgeschaltet werden können, dass es für Menschen unsichtbar und für den Datentransport schnell genug wird.

Von Piotr Heller | 09.09.2015
    LED-Lampen helfen Energie zu sparen
    Kommt der Internetzugang per LED-Lampe? (dpa / picture alliance / Armin Weigel)
    "Wir gehen jetzt in den umlaufenden Gang und ziehen uns dafür schon ein bisschen reinraumtauglich an. In dem umlaufenden Gang halten wir eine gewisse Reinlichkeit und dazu brauchen wir Kittel, Schühchen und Mütze. Aber keinen Mundschutz."
    Der umlaufende Gang umschließt das über 400 Quadratmeter große Reinraumlabor der Universität Duisburg-Essen. Der staubfreie Raum ist das Reich von Franz-Josef Tegude und seinen Kollegen. Der Experte für Halbleitertechnik lässt hier in raumgroßen Maschinen - sogenannten Epitaxieanlagen - winzige Strukturen wachsen.
    "Hier sieht man diese Nanodrähte, auf diesem Bildchen. Das sieht aus wie ein nicht rasierter Bart, das sind lauter solcher Drähte. Und die haben einen Durchmesser, den man einstellen kann von einigen Nanometern bis hin zu 800 Nanometer."
    Jeder einzelne dieser Nanodrähte ist eine Leuchtdiode, also eine LED. Lässt man Strom durch ihn fließen, dann leuchtet er. Wenn man Tausende dieser Drähte kombiniert, kann man sie etwa als Deckenlampe für einen Raum nutzen. Franz-Josef Tegude möchte damit aber nicht nur Räume beleuchten. Er will mit dem Licht gleichzeitig die Computer in einem Raum mit Daten versorgen, sie etwa mit dem Internet verbinden. Datenübertragung per Lichtsignal also. An sich nichts Neues, das komplette Internet basiert auf dicken Glasfaserbündeln, in denen Daten per Licht übertragen werden.
    "Die sind aber gespeist mit Leuchtdioden oder Lasern, die im Infraroten emittieren. Und insofern - im Infraroten - ist für das Auge nicht zugänglich - kann man also keine Beleuchtungstechnik mit kombinieren."
    Schnell schalten im sichtbaren Licht
    Und LEDs, die sichtbares Licht aussenden, sind zu langsam. Wenn man Daten per Lichtpuls verschicken will, macht man das, indem man das Licht blitzartig an- und ausschaltet und so Daten darin codiert. Für vernünftige Datenraten muss dieses An- und Ausschalten binnen Milliardstel Sekunden vonstattengehen. Herkömmliche LEDs schaffen das nicht, sagt Tegude:
    "Und das hat was damit zu tun, dass in diesem Material elektrische Felder eingebaut sind, die die Ladungsträger - das sind im Halbleiter Elektronen und Löcher - trennen, räumlich trennen. Damit aber Licht entsteht, müssen diese beiden Ladungsträger - Elektron und Loch - miteinander kombinieren, damit ein Photon ausgesendet wird. Das ist eben das Licht."
    Die Nanodraht-LEDs, die Franz-Josef Tegude mit seinem Kollegen Gerd Bacher entwickelt hat, haben diese bremsenden Felder nicht. Das liegt an ihrer Struktur. Die LED ist praktisch nicht entlang des Drahtes aufgebaut, sondern in Schichten vom Inneren des Drahtes nach außen. Das verhindert, dass sich die Felder bilden, und erlaubt es, die LED eine Milliarde Mal in der Sekunde an- und ausschalten. Ein Rekord. Doch wann werden so die ersten Computer mit Licht aus der Deckenlampe versorgt? Tegude:
    "Das ist keine absolute Grundlagenforschung, sondern eine sehr anwendungsorientierte Forschung und ich würde schätzen, dass solche Bauelemente in den nächsten fünf Jahren auf dem Markt sein werden. "
    Internet aus der Deckenlampe
    Die Forscher aus Duisburg sind nicht die einzigen, die am Internet aus der Deckenlampe arbeiten. Und ob die Technik wirklich kommen wird, ist nicht sicher. Schließlich müssten auch Hardwarehersteller auf den Zug aufspringen und spezielle Lichtsensoren und Lampen für Computer entwickeln. Dann könnte die Technik überall dort zum Einsatz kommen, wo man keine Funksignale haben will. In Krankenhäusern oder in Flugzeugen zum Beispiel. Ein Einsatz auf Messen wäre auch denkbar, dort hätte jeder Stand seine eigene Datenlampe. Außerdem ist die Datenübertragung per Lichtpuls einigermaßen abhörsicher. Doch selbst, wenn diese Vision nicht den Sprung in die Realität schafft - Anwendungen für die Nanodrähte gibt es genug. Eine davon sind optische Fasern aus Plastik. Sie funktionieren im Grunde wie Glasfaserkabel, sind aber billiger und lassen sich knicken und damit besser verlegen. Und gerade die Nanodraht-LEDs, sagt Franz-Josef Tegude, lassen sich besonders gut mit diesen Fasern verbinden.