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Das Geschäftsmodell von Delivery Hero

Der internationale Essenslieferdienst Delivery Hero profitiert von der Insolvenz des Zahlungsdienstleisters Wirecard und steigt in den Deutschen Aktienindex auf. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Berlin, seine Geschäfte macht es aber im Ausland. Mit wachsendem Erfolg - auch wegen der Coronakrise.

Von Sebastian Engelbrecht | 20.08.2020
Das Logo Essenlieferdienstes Delivery Hero ist an einer Glasscheibe der Zentrale angebracht. (Aufnahme mit Zoomeffekt). Der internationale Essenlieferdienst Delivery Hero steigt in den Deutschen Aktienindex (Dax) auf.
Der internationale Essenlieferdienst Delivery Hero steigt in den Deutschen Aktienindex (Dax) auf (picture alliance/Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa)
Delivery Hero macht seine Geschäfte nicht hierzulande, sondern in 43 anderen Staaten. Vor anderthalb Jahren verkaufte das Unternehmen sein Deutschlandgeschäft für 930 Millionen Euro an einen niederländischen Konkurrenten. Diese knappe Milliarde investierte Delivery Hero in Essenslieferdienste in Asien, weil dort die Wachstumsraten in diesem Bereich viel höher liegen als in Deutschland.
Trotz der Verlagerung des Geschäfts nach Asien bleibe Delivery Hero aber dem Standort Berlin treu, sagt Finanzvorstand Emmanuel Thomassin. "Weil das unsere Herkunft ist. Wir glauben, dass Tech-Firmen gerade hier eine Chance haben und noch präsenter sein sollen als es bis jetzt der Fall ist, um im Wettbewerb großen Tech-Firmen aus Amerika oder China Paroli zu bieten."
Sitz der Wirecard AG in Aschheim Dornach mit Wirecard-Logo
Deutsche Börse ändert Regeln: Wirecard fliegt aus dem DAX
Nach bislang geltenden Indexregeln wäre der Zahlungsdienstleister Wirecard erst zum 21. September aus dem DAX geflogen. Nun geht es schneller – wegen einer überraschenden Entscheidung der Deutschen Börse.
Das Geschäft der Essenslieferdienste boomt weltweit, und die Coronakrise hat es noch einmal zusätzlich angefeuert. Vor allem in Asien, Lateinamerika und auch in Europa ist das Geschäft zusätzlich gewachsen. Im Nahen Osten und Nordafrika blieb es konstant. Innerhalb der letzten zwölf Monate wuchs der Umsatz insgesamt um 95 Prozent.
Finanzvorstand: "Logistischer Service kommt aus Berlin"
Der Franzose Thomassin steuert das rasant wachsende Unternehmen gemeinsam mit dem Gründer, dem Schweden Niklas Östberg – in einem zweiköpfigen Vorstand – von Berlin aus. Die Zentrale befindet sich in der Oranienburger Straße in Mitte.
Finanzvorstand Emmanuel Thomassin von Delivery Hero steht vor einer Wand mit dem Logo des Unternehmens
"Wir wachsen um 100 Prozent pro Jahr", sagt Finanzvorstand Emmanuel Thomassin von Delivery Hero (Deutschlandradio / Sebastian Engelbrecht )
"Derzeit sind 1.600 Mitarbeiter in Berlin tätig, hauptsächlich in Technologie- und Produktentwicklung. Das ist der Kern unserer Mitarbeiter hier. Wir entwickeln Leistungen oder Dienstleistungen oder Solutions für die ganze Welt, die einfach mal weltweit genutzt werden. Also der logistische Service, den wir anbieten, wird von Berlin entwickelt, gepflegt, gewartet. Das kommt alles aus Berlin."
Gegründet wurde Delivery Hero vor neun Jahren in Berlin. "Die ersten Jahre haben wir Restaurants auf einer Plattform gelistet, sozusagen eingeführt, die Menüs zur Verfügung gestellt, und wir haben einfach diese Restaurants mit dem Kunden verbunden. Die wollten Essen bestellen und haben die Vielfalt und Auswahl auf unserer Plattform gesucht. Nach ein paar Jahren haben wir festgestellt, dass die Lieferung dieses Essens manchmal nicht unproblematisch war."
100 Millionen Bestellungen pro Monat
Heute hat Delivery Hero weltweit 25.000 Mitarbeiter und beschäftigt 800.000 Kuriere. Pro Monat wickle man 100 Millionen Bestellungen ab. Damit sei man weltweit die Nummer eins auf dem Markt der Essens-Lieferdienste, stellt Thomassin fest. Vor drei Jahren wurde aus der GmbH eine Aktiengesellschaft. Heute liegt der Börsenwert bei 20 Milliarden Euro. Aber Gewinne erzielt Delivery Hero nicht. Warum?
"Zur Zeit haben wir auch unseren Investoren ganz klar kommuniziert, dass wir uns auf Wachstum konzentrieren. Wir wachsen um 100 Prozent pro Jahr. Wir verdoppeln die Gesellschaft pro Jahr, die Größe. Und das ist einfach an Investitionen gebunden. Und so lange Sie einfach diese Marktanteile gewinnen können und so ein Wachstum haben, konzentrieren wir uns auf das Wachstum."
Und das lässt sich am wachsenden Umsatz ablesen. Im laufenden Jahr erwartet Delivery Hero einen Umsatz zwischen 2,6 und 2,8 Milliarden Euro.