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Neuausrichtung HSBC
"Wir müssen uns mit der Welt verändern"

Geldwäsche für mexikanische Drogenbarone, Libor-Zinsmanipulation, Steuervermeidungstricks in der Schweiz: Nach mehreren Skandalen musste Europas größte Bank HSBC elf Milliarden Euro bezahlen. Jetzt geht es für sie darum, sehr viel kleiner und weniger risikoorientiert zu werden. Dabei werden nicht nur 25.000 weitere Stellen gestrichen.

Von Jochen Spengler | 09.06.2015
    Menschen auf einer Rollstreppe, im Hintergrund das spiegelverkehrte Logo des HSBC-Bank.
    Die Machenschaften der Bank HSBC sorgt weltweit für Empörung. (picture alliance / dpa / David G. Mcintyre)
    Am Konzept einer globalen Universalbank mit Filialen für Privat- und Geschäftskunden und einer Investmentsparte wird die HSBC festhalten. Aber Europas größte Bank will sehr viel kleiner und weniger risikoorientiert werden.
    Kostensenkung ist das Mittel zum wichtigsten Zweck des Strategiewechsels: eine sehr viel höhere Profitabilität der HSBC für ihre Aktionäre. Andy Maguire, Vorstand für das operative Geschäft, erläuterte in einer vierstündigen Investorenkonferenz das 87-seitige Neustrukturierungskonzept:
    "Wir wissen, was wir erreichen wollen. Wir haben dafür gut durchdachte Pläne. Wir werden unser Arbeitsweise vereinfachen, wir werden wachsen, bessere Resultate für unsere Kunden liefern und geringere Kosten haben. Wir werden die 4,5 Milliarden Dollar Einsparungen schaffen."
    Die entsprächen zehn Prozent der Gesamtkosten. Die Einsparungen sollen vor allem durch weltweiten Personalabbau und die Schließung von hunderten Niederlassungen erreicht werden. Vor der Finanzkrise hatte die HSBC weltweit 360.000 Mitarbeiter, heute sind es etwa 100.000 weniger und es dürften in den kommenden zwei Jahren weitere 25.000 Jobs gestrichen werden – davon allein 8.000 im Vereinigten Königreich – jeder sechste Angestellte hier würde arbeitslos.
    Dominic Hook von der Gewerkschaft Unite hofft, dass sich betriebsbedingte Kündigungen vermeiden lassen und fordert freiwillige Vereinbarungen zum Stellenabbau.
    "Es ist wirklich traurig, dass all die Bankmitarbeiter und unserer Mitglieder, die sich nach den ganzen Skandalen angestrengt haben, um die Bank wieder auf ordentliche Gleise zu bringen, nun mit ihren Jobs zahlen sollen. Das sind hart arbeitende, loyale und engagierte Mitarbeiter."
    Die HSBC war in mehrere teure Skandale verwickelt, die zu Geldbußen von 11 Milliarden Euro in den letzten fünf Jahren führten: Geldwäsche für mexikanische Drogenbarone, Libor-Zinsmanipulation, Steuervermeidungstricks in der Schweiz, mögliche Verbindungen zur FIFA-Korruptionsaffäre.
    Nun steuert HSBC-Chef Stuart Gulliver um: Aus der Türkei soll sich die HSBC ganz zurückziehen, aus Brasilien zum Großteil. Stattdessen wird sie sich auf Asien konzentrieren, wo die früher Hongkong and Shanghai Banking Corporation genannte Bank 1865 gegründet wurde und wo sie heute 80 Prozent ihres Gewinns erwirtschaftet. Man glaube, dass sich die Weltwirtschaft nach Osten verlagern werde, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme:
    "Wir erkennen, dass die Welt sich verändert und wir müssen uns mit ihr verändern; die Welt ist immer stärker verbunden mit Asien, von dem hohes Wachstum erwartet wird und das im nächsten Jahrzehnt zum Zentrum des globalen Handels wird."
    Nach 23 Jahren in London wird möglicherweise das HSBC-Hauptquartier nach Hongkong zurückverlagert. Das soll anhand von elf Kriterien bis Ende des Jahres entschieden werden: Eine Rolle wird der mögliche Austritt Großbritanniens aus der EU spielen, aber auch die hohen Kosten in Europa und Amerika für Bankgeschäfte infolge der nach der Finanzkrise erheblich verschärften Regeln und den in London erhobenen Bank-Sondersteuern, die sich für die HSBC auf jährlich rund eine Milliarde Euro belaufen.