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Neubau des Kleist-Museums eröffnet

Hinterlassen hat Heinrich von Kleist wenig und doch gab es beim Kleist-Museum in seiner Geburtsstadt Frankfurt/ Oder Erweiterungsbedarf. Jetzt wurde der Anbau eröffnet. Es gebe zwar wenig von, aber viel über Kleist zu sehen, erklärt Museumsdirektor Wolfgang de Bruyn.

Wolfgang de Bruyn im Gespräch mit Burkhard Müller-Ullrich | 18.10.2013
    Burkhard Müller-Ullrich: Im Oktober sind immer Kleist-Festtage, denn im Oktober vor 236 Jahren wurde der Schriftsteller in Frankfurt an der Oder geboren. Vor zwei Jahren wurde seiner in besonderer Weise gedacht, denn da war sein 200. Todestag. In diesen letzten zwei Jahren hat sich auch etwas getan, denn das Kleist-Museum in seiner Geburtsstadt bekam einen fünfeinhalb Millionen Euro teuren Erweiterungsbau zu dem bisherigen schmucken Barockgehäuse. Der Neubau wurde gestern feierlich eröffnet mit einer "Rätsel.Kämpfe.Brüche" betitelten Ausstellung. - Wolfgang de Bruyn, Sie sind der Direktor des Kleist-Museums: Als Kleist aus dem Leben schied, mit 36, hinterließ er ein paar Manuskripte, aber ansonsten nicht viel. Was haben Sie denn also in ihrem Museum zu zeigen?

    Wolfgang de Bruyn: Wir haben von Kleist einige Manuskripte, einige Handschriften, die den Briefwechsel betreffen, und natürlich rezeptionsgeschichtlich Etliches. Es gab eine Traditionslinie schon in der DDR, dass viele bildende Künstler sich mit Kleist auseinandergesetzt haben. Die Sammlung des Museums, beispielsweise die Kunstsammlung, birgt sehr, sehr viele Auseinandersetzungen mit Kleists Werk und seinem Leben bis hin zum Suizid am kleinen Wannsee. Wir versuchen, sein Werk, seine Sprache herüberzubringen, getrennt von der Biografie, weil wir aufgrund der Erfahrungen wissen, dass man sehr, sehr schnell in Versuchung kommt, Biografie und sein Werk zu vermengen. Wir widmen uns also im barocken Altbau von 1777 aus Kleists Geburtsjahr seinem Leben und im Neubau, in zwei schönen sachlichen, schlichten Räumen, seiner Sprache und seinem Werk, und die Wechselausstellungsräume sind dann der Rezeption vorbehalten. Wir hatten ja bereits mit der Stiftung Schloss Neuhardenberg vor einigen Jahren eine sehr interessante Doppelausstellung zur Kleist-Rezeption im Nationalsozialismus. Wir wollen das fortsetzen dann in den nächsten Jahren mit der Kleist-Gesellschaft, wo wir einmal beleuchten, wie die Rezeption Kleists in beiden deutschen Staaten nach 1945 aussah. Da gab es nämlich ganz interessante, auch unterschiedliche Entwicklungslinien.

    Müller-Ullrich: Erforderte denn das vorhandene Material – Sie hatten ja selber gesagt, es ist relativ wenig von Kleist übrig – diese enorme Aufstockung von, ich lese, 320 auf fast anderthalb Tausend Quadratmeter?

    de Bruyn: Zur Sammlung muss man sagen, dass es eine umfangreiche theatergeschichtliche Sammlung gibt. Es gibt also nicht nur die Handschriften, es gibt eine theatergeschichtliche Sammlung, es gibt eine Kunstsammlung und es gibt eine Bibliothek mit Schwerpunkt Kleist-Zeit. Und wenn man sich das kleine barocke Haus ansah, wo nur zwei Mitarbeiter im Obergeschoss untergebracht waren, und zwei Querstraßen weiter dann den Altbau, wo unsere wertvollen Sammlungen stationiert waren, der den Charme noch der frühen 60er-DDR-Jahre atmete, wo nichts gemacht worden war, so ist das jetzt ein sehr, sehr großer Fortschritt, sodass wir auch unsere wertvollen Handschriften konservatorisch angemessen unterbringen können und auch neue interessante Wechselausstellungen ins Haus holen können, um sie dann auch anderswo zu präsentieren. Das hatten wir bereits 2010 in der Casa di Goethe in Rom gemacht, 2011 dann im Theatermuseum in Wien und in der Kleist-Stadt Thun, auch anlässlich des Jubiläumsjahres, des 200. Todestages Heinrich von Kleists.

    Müller-Ullrich: Sie sagten gerade, konservatorisch angemessen. Wie war es denn vorher? Haben die Bestände da Schaden gelitten?

    de Bruyn: Sie haben keinen Schaden genommen, aber als ich 2007 hier in das Haus kam, sah ich, dass sie Schaden nehmen würden, wenn sich dort nicht grundsätzlich in kürzester Zeit etwas ändert, wenn wir nicht den Neubau bekämen. Dies ist nun erfolgt. Gestern war ja die große Eröffnung des Hauses und der Stellvertreter von Staatsminister Neumann, Herr Ministerialdirigent Winands, hat uns zugesichert, dass wir im Haushaltsentwurf für die nächsten Jahre wieder im Bund mit etatisiert sind, sodass wir die institutionelle Förderung, die fast die Hälfte unseres Gesamtetats ausmacht, auch für die nächsten Jahre sicher haben, sodass wir da auch Planungen mit anderen Häusern in Europa machen. Wir haben ein großes Projekt 2015 vor mit dem Petofi-Museum in Budapest. Die stellvertretende Generaldirektorin war gestern zur Eröffnung unseres Hauses und wir haben die Eckpfeiler abgesteckt, was wir zur Kleist-Rezeption in Ungarn, die eine sehr interessante ist, 2015 in Budapest dann vorstellen wollen.

    Müller-Ullrich: Wolfgang de Bruyn, Direktor des Kleist-Museums in Frankfurt an der Oder, vielen Dank.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.