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Neue Abmahnfalle im Internet

Eine eigene Homepage samt Extras ins Netz zu stellen, ist gar nicht so schwer - kostenlose Designprogramme erstellen beeindruckende Seiten im Nu und eine eigene Internetpräsenz ist bei den meisten Internet-Providern ohnehin im Paket enthalten. Doch so einfach die technische Seite auch ist: Wer etwas öffentlich macht, der muss sich an bestimmte Auflagen halten. Dazu gehören vor allem Pflichtangaben, die das Teledienstgesetz verlangt. Wer sich nicht daran hält, der kann unter Umständen ein blaues Wunder der unangenehmen Art erleben – und zum Ziel einschlägiger Abmahnanwälte werden.

Michael Gessat |
    Rund 1000 Büroartikelhändler, denen vor ein paar Wochen das Schreiben einer Bochumer Kanzlei auf den Tisch flatterte, dürften nicht schlecht gestaunt haben: 969 Euro und ein Cent , immerhin bereits inklusive Mehrwertsteuer, sollten dafür fällig werden, dass auf ihren Webauftritten kein vorschriftsmäßiges Impressum zu finden sei. Die Begründung: Dem abmahnenden Unternehmen aus Herne sei ein Wettbewerbsnachteil entstanden, denn seine Gesetzestreue koste natürlich Geld und verteuere seine Produkte. Indes sind die vom neuen Teledienstegesetz für einen "geschäftsmäßigen" Webauftritt geforderten Angaben so aufwendig nun auch nicht: Neben Namen, Anschrift und E-Mail-Adresse eines Verantwortlichen sind unter Umständen auch Handels- oder Vereinsregistereintragung, zuständige Aufsichtsbehörde und Umsatzsteuernummer zu nennen. Die Angaben sind überdies an leicht erreich- und erkennbarer Stelle anzubringen.

    Nicht impressumspflichtig ist eigentlich nur der eindeutig private Bereich. Diesen verlässt man aber aufgrund der sehr weit gefassten Definition des Teledienstgesetzes schon schneller als einem vielleicht als juristischer Laie bewusst ist. Teledienst ist nämlich praktisch alles, was per Telekommunikation angeboten wird und "geschäftsmäßig" wird ein Auftritt schon dadurch, daß er mit einer gewissen "Nachhaltigkeit" betrieben wird. Ein Indiz für "geschäftsmäßiges" Handeln ist etwa auch der Einsatz von Werbebannern. Dazu Georg Bröhl, zuständig für Medienrecht beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: "Wenn jemand im Netz tätig wird, sei es eine Homepage errichtet oder sonstige Angebote abgibt, dann spricht schon sehr viel dafür, dass er eigentlich auch mit einer gewissen Nachhaltigkeit tätig wird. Und wenn er dann noch ein Werbebanner schaltet, spricht ja dies gerade dafür, dass sein Angebot von der Firma, für die er Werbung macht, ja deshalb überhaupt genutzt wird, damit er andere erreicht und mit einer gewissen Nachhaltigkeit dann seine Dinge auch an andere heranträgt."

    Dabei geht es überhaupt nicht um die Frage, ob man mit geschalteten Werbebannern oder mit auch mit dem gesamten Auftritt Geld verdient oder auch nur verdienen möchte: "Das Gesetz geht weiter - es reicht rein geschäftsmäßiger Betrieb aus, ohne dass man selbst eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen muss." Ein Verstoß gegen die Vorschriften des Teledienstgesetzes kann durch die Aufsichtsbehörden mit einem je nach Schwere und Bedeutung des Falles gestaffelten Bussgeld bis zu einem Höchstbetrag von 50.000 Euro belegt werden. Zwar fehlt es an personeller Kapazität für eine flächendeckende Kontrolle von Amts wegen, doch ratsam ist es trotzdem in jedem Fall, den eigenen Webauftritt juristisch wasserdicht zu machen. Denn sonst verhelfen immer wieder spezialisierte Zeitgenossen dem Gesetz zu seinem Recht, wobei es weniger um lautere juristische Motive als schlicht um Abzockerei geht.

    Nach den Erfahrungen von Hildegard Repelmund vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin ist die Serienabmahnung aufgrund eines mangelhaften Webimpressums momentan stark im Trend. Vor allem das behauptete Konkurrenzverhältnis sei aber oft an den Haaren herbei gezogen: "Es gibt zum Beispiel im Moment einen Heilpraktiker, der über Internet Hotels im Wellnessbereich oder Verkäufer von Ernährungsergänzungsprodukten bundesweit abmahnt. Da fragt man sich, wie ein Wettbewerbsverhältnis begründet werden soll, denn virtuelle Massagen gibt es, so weit mir bekannt ist, momentan noch nicht." Die Vermutung liege nahe, dass sich Abmahnanwalt und Auftraggeber zu einer lukrativen "Interessengemeinschaft" zusammentun: "Es ist schon auffällig, dass vor allem kleine, junge und unbekannte Firmen dabei als Wettbewerber auftreten und man kann schon den Verdacht haben, dass die da eine Einnahmenquelle suchen."

    Für den Abgemahnten heißt es also, den Gesetzesverstoß abzustellen und eine geforderte Unterlassungserklärung abzugeben, aber sich vor Zahlung der verlangten Gebühr erst zum Beispiel bei der Standesorganisation kundig zu machen. Denn da das Gesetz noch relativ jung ist, gibt es bislang auch noch keine endgültig entschiedene Rechtsprechung. Noch viel besser ist es allerdings, gleich alle Vorschriften einzuhalten. Hierbei sind vor allem auch die Webdesigner in der Pflicht, ihren Kunden so weit wie möglich die juristischen Fallstricke aus dem Weg zu schaffen.