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Neue Ansätze in der Entwicklungshilfe
Sauberes Trinkwasser ist möglich, kostet aber

Sauberes Trinkwasser gibt es nicht zum Nulltarif. Ein Projekt der Siemens-Stiftung in Kenia organisiert die Entwicklungshilfe als Geschäftsmodell. Wer Wasser filtert und verkauft, muss davon leben können. Auf diese Weise soll das Verantwortungsgefühl gestärkt werden.

Von Katharina Nickoleit | 11.02.2017
    Der Zugang zu Trinkwasser ist in Kenia oft nur über unsaubere öffentliche Brunnen oder Flüsse möglich, die auch als Abwasserkanal genutzt werden.
    Der Zugang zu Trinkwasser ist in Kenia oft nur über unsaubere öffentliche Brunnen oder Flüsse möglich, die auch als Abwasserkanal genutzt werden. (picture alliance / Mika Schmidt)
    Ein Fluss in Westafrika. Zwischen trinkenden Kühen reinigen Frauen im schlammbraunen Wasser Wäsche und Geschirr und füllen ihre Kanister. Doch der Sondu River ist nicht nur Wasserquelle, sondern zugleich Abwasserkanal. Das verschmutzte Wasser zieht einen ganzen Rattenschwanz an Problemen nach sich, sagt die Gesundheitshelferin Isabella Akinji.
    "Es kann Cholera und andere schlimme Krankheiten verursachen. Davon sind viele Menschen betroffen – auch wirtschaftlich. Denn wenn man krank ist, muss man Ärzte im Krankenhaus bezahlen."

    Verschmutztes Wasser - ein Problem, das sich lösen lässt

    In Afrika hat südlich der Sahara etwa ein Drittel der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das ist ein Problem, das sich mit einem vergleichsweise einfachen technischen Mittel recht gut lösen lässt.
    Benard Olemo betreibt eine Trinkwasseranlage. Er pumpt das verschmutzte Wasser vom Fluss in große Tanks, die auf einem Turm stehen. Von dort aus läuft es durch einen Filter.
    "Der Filter hat sehr feine Poren, in denen nicht nur alle Partikel, sondern auch alle Keime hängen bleiben. Wie Sie sehen, erhält man sehr sauberes Wasser."
    Stolz hält der 26-Jährige einen Becher mit klarem Wasser in die Höhe. Der Hochleistungsfilter ist das Kernstück des Kiosk, aus dem Benard Olemo das Wasser ausgibt. Eine Hilfsorganisation aus Deutschland hat ihn finanziert und aufgestellt. Obwohl die Anlage mit Spenden finanziert wurde, ist das Wasser nicht umsonst. Es muss bezahlt werden.
    "Wenn der Kioskbetreiber gar kein Geld für das Wasser nehmen würde und die Gemeinde das Wasser einfach umsonst beziehen würde, was natürlich schön wäre, dann wäre das tatsächlich ein Problem für den Kiosk. Denn dann kann der Kiosk einfach nicht langfristig betrieben werden. Sobald dann die Förderer und internationalen Projektpartner raus sind, würde der Kiosk in sich zusammenfallen, weil der Kioskbetreiber nicht sein Gehalt verdienen und den Kiosk nicht in Stand halten kann."
    Caroline Weimann arbeitet für die Siemens-Stiftung. Die junge Frau mit den langen blonden Haaren bezeichnet die Bewohner von Korumba ausdrücklich nicht als Hilfeempfänger, sondern als Kunden. Umgerechnet knapp fünf Cent sollen sie für das Auffüllen eines 20-Liter-Kanisters bezahlen.
    "Am Anfang setzt sich das Kioskteam mit der Gemeinde zusammen und überlegt, was ist ein Preis, der niedrig genug ist, so dass die Gemeinden tatsächlich bereit sind, ihn zu bezahlen und auch in der Lage sind, ihn zu zahlen. Aber gleichzeitig muss der Preis natürlich hoch genug sein, um die operativen Kosten des Kiosks zu decken."

    Kinder lernen in der Schule den Umgang mit Trinkwasser

    Diese Rechnung geht nur auf, wenn auch die Umsätze stimmen. Doch obwohl sie sich das saubere Wasser aus dem Kiosk leisten könnten, füllen viele Anwohner ihre Kanister nach wie vor am Fluss auf. So, wie schon ihre Eltern und Großeltern. Vielen ist nicht bewusst, dass darin die ungeklärten Abwässer der stetig wachsenden Bevölkerung landen und dass es meistens am verschmutzten Wasser liegt, wenn sie an Durchfall erkranken. Da hilft nur eines: Aufklärung.
    In der Schule von Korumba steht heute das Thema "Wasser und Gesundheit" auf dem Stundenplan.
    "Wir haben bei der Siemens-Stiftung eine besondere interaktive Lehrmethode entwickelt, die wir den Lehrern beibringen, die quasi als Multiplikatoren für uns agieren. Die Lehrer lernen mit Experimenten und Spielen den Kindern einen sehr bewussten Umgang mit Trinkwasser beizubringen."
    Isabella Akinji auf Hausbesuch. Freiwillige Gesundheitshelferinnen wie sie übernehmen in vielen Ländern Afrikas die Aufklärung, zu Themen wie Impfen oder Malaria. In Korumba gehört jetzt auch "sauberes Trinkwasser" dazu.
    "Am Anfang wussten die Leute vieles einfach nicht. Aber meine Arbeit hat geholfen, das zu verändern. Jetzt sind sie bereit, das saubere und sichere Trinkwasser vom Kiosk zu nehmen."
    Damit so ein Wasserkiosk profitabel läuft, muss nicht nur die Gemeinde aufgeklärt, sondern auch der Kioskbetreiber geschult werden. Wie macht man eine Buchhaltung, wie eine Finanzplanung und mit welchen Marketingaktionen kann man mehr Kunden gewinnen?
    "Dafür ist sehr viel Arbeit notwendig. Im Schnitt arbeiten wir so ein bis zwei Jahre wirklich eng mit den Gemeinden zusammen, bis wir sagen, jetzt sind sie bereit den Kiosk tatsächlich komplett eigenständig zu betreiben."

    Aufklärungsarbeit und Schulungen sind wichtig

    Aufklärungsarbeit und Schulungen rund um das Thema Wasser kosten mehr als der eigentliche Kiosk. Doch wenn man darauf verzichten würde, könnte man sich die Mühe, die Filteranlage aufzubauen, gleich schenken.
    Benard Olemo: "Am Anfang war es schwierig, weil die Leute nicht wussten, wie wichtig sicheres Wasser ist. Aber jetzt wissen sie das, auch weil ich Marketing gemacht habe: Ich habe auf dem Markt und in den Läden Plakate aufgehängt und das hat geholfen."
    In Korumba gab es eine letzte Prüfung. Das Ergebnis: Benard Olemos Umsätze stimmen und der Gewinn des Wasserkiosks reicht, um ihm ein Gehalt für Betrieb und Wartung zu zahlen. Das ist für die Stifter das Zeichen, dass sie nun das Projekt in die Verantwortung der Gemeinde übergeben können. Denn jetzt besteht eine gute Chance, dass es auch ohne weitere Hilfe sauberes Wasser im Dorf geben wird.