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Neue Basken-Partei schwört der Gewalt ab

Gestern wurde in Bilbao erneut eine Partei vorgestellt, die das ETA-Umfeld repräsentieren soll: politisch links, sozialistisch, separatistisch und baskisch-patriotisch. Es wäre die 13. Parteigründung aus dem Umfeld der ETA - was aber ist ihr Verhältnis zur Gewalt?

Von Hans-Günter Kellner | 08.02.2011
    Die Erwartungen waren groß. Ganz Spanien hatte auf einen Satz gewartet. Rufi Etxebarría, Sprecher der neuen linksnationalistischen Formation sagt ihn fast am Ende seiner Rede:

    "Mit den vorliegenden Statuten lehnt es die baskische Linke ab, mittels der Gewalt oder auch der Androhung von Gewalt politische Ziele zu erreichen. Das schließt auch die Gewalt der ETA in allen ihren Formen mit ein, wenn es sie geben sollte - aus welchen Gründen sie auch immer ausgeübt wird. Das heißt, sie weist jede Form von Gewalt oder Erpressung zurück - oder politische oder organisatorische Gemeinsamkeiten mit Organisationen, die damit versuchen, politische Ziele zu erreichen."

    Die neue baskische Partei verurteilt den Terror der ETA. Weil sie zu diesem Schritt jahrelang nicht bereit war, wurde Batasuna 2003 verboten. Sie stehe unter dem Diktat der ETA, hatte der Oberste Gerichtshof Spaniens geurteilt, auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte war dieser Auffassung gefolgt. So wurden auch alle Nachfolgeorganisationen für illegal erklärt. Diesmal handele es sich jedoch um eine völlig neue Partei, versichert der Rechtsanwalt Iñigo Iruin, der die Statuten ausgearbeitet hat.

    "Es geht hier nicht um eine Neugründung von verbotenen Parteien. Es geht hier um eine deutliche Distanzierung und einen entschlossenen Bruch mit der ETA."

    Parteimitglieder, die sich dem Prinzip der Gewaltfreiheit nicht unterordnen, sollen sogar ausgeschlossen werden kündigt der Jurist an und spricht auch von einer Wiedergutmachung für die Opfer der Gewalt.

    Solche Sätze sind im Grunde eine kleine Sensation. Passte bisher doch nie auch nur ein Blatt Papier zwischen die Politiker Batasunas und der ETA. Doch die Erklärung war erwartet worden. Seit einem Jahr drängt das politische Umfeld die ETA, aufzugeben, und distanziert sich vom Terrorismus. Die gemäßigten Nationalisten zeigen sich in ersten Reaktionen optimistisch. José Egibar von der bürgerlichen PNV, der stärksten nationalistischen Gruppierung.

    "Das eigentlich Wichtige an dieser Erklärung ist doch: Die ETA ist auf dem Weg zu verschwinden. Die Linksnationalisten sagen das doch ganz deutlich. Nach 51 Jahren der Gewalt stehen wir vor dem definitiven Frieden. Da gibt es keinen Weg zurück. Das sollte uns alle freuen. Ich verstehe diese abwartenden Reaktionen darum nicht, wenn diese Entwicklung zu einem Friedensprozess führen kann."

    Tatsächlich begleitet die ETA die neuen politischen Positionen der Linksnationalisten mit einem Waffenstillstand, hat ihn diesmal als "dauerhaft und international überprüfbar" bezeichnet. Doch schon oft ist die ETA zu den Waffen zurückgekehrt, schon oft hat sich ihr Umfeld neu formiert. So haben die beiden großen spanischen Parteien eher skeptisch bis ablehnend reagiert. Der Sprecher der spanischen Sozialisten, Marcelino Iglesisas:

    "Uns ist die jetzige Position dieser Leute lieber als die vorherige. Aber wir sind nicht diejenigen, die diese Partei zulassen können. Darüber müssen die Richter entscheiden. Unsere Position ist: Noch fehlen einige Dinge."

    So wird nun Satz für Satz der neuen Statuten mit der Lupe gelesen, debattiert, jedes Wort auf die Goldwaage gelegt. Die spanische Volkspartei fürchtet, erneut verhalte sich Batasuna wahltaktisch, wolle bloß die Zulassung zu den Kommunalwahlen im Mai erreichen. Ihr Parteisprecher Esteban González Pons:

    "Die ETA und Batasuna sind das Selbe. Das sage ich nicht ich, sondern der Oberste Gerichtshof und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. So lange es die ETA gibt, kann Batasuna nicht legalisiert werden, weil sie ihr untersteht. Die Worte alleine beseitigen das Blut der ETA-Opfer nicht."

    Die spanische Regierung müsse mit allen Mitteln verhindern, dass die neue Formation ins Parteienregister eingetragen wird, meint die Volkspartei. Ähnliche Forderungen hatten schon am Wochenende mehrere Tausend zornige Demonstranten in der Madrider Innenstadt aufgestellt, darunter auch ETA-Opfer. Regierungschef Zapatero wurde dabei wüst beschimpft. In der spanischen Antiterrorpolitik steckt weiter viel sozialer Sprengstoff.