Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Neue Batterie
Aufladen, fertig, los!

Herkömmliche Handy-Akkus brauchen etwa 30 Minuten, um sich aufzuladen. Fraunhofer-Forscher in Stuttgart arbeiten an einer Hochleistungsbatterie, die elektrische Energie in sehr kurzer Zeit - also minutenschnell - und über einen langen Zeitraum speichert. Damit das in der Praxis funktioniert, haben sie zwei bestehende Batteriesysteme miteinander kombiniert.

Von Bernd Schlupeck | 18.11.2015
    Elektrische Kaffeemühle mit Bohnen.
    Im Dienst der Forschung: eine elektrische Kaffeemühle. (picture alliance / perschfoto)
    "Das ist unser Mischer". "Ich dachte, ihr hättet so einen richtig großen Mischer". "Nein". "Sie sehen, wir sind hier im Labormaßstab tätig". "Noch!"
    Eine elektrische Kaffeemühle im Dienste der Forschung sieht man nicht alle Tage. Im Pulvertechnikum des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung werden damit Materialien für eine neue Hochleistungsbatterie gemischt. PowerCap heißt die Batterie, die in Stuttgart entwickelt wird. In seinem Büro stellt Joachim Montnacher, Leiter des Geschäftsfeldes Energiewirtschaft, eine blaue zylindrische Batterie auf den Tisch - so dick wie eine Babyzelle.
    "Es handelt sich hier um einen sehr schnell wiederaufladbaren Speicher für elektrische Energie, der die positiven Eigenschaften eines Kondensators mit den positiven Eigenschaften einer Lithium-Ionen-Batterie kombiniert."
    Die Vorteile beider Systeme vereinen
    Der PowerCap-Prototyp basiert auf zwei bereits bekannten Systemen: Kondensator und Akku. Kondensatoren werden heute überall da verbaut, wo viel Strom schnell gespeichert und schnell wieder abgegeben werden muss. Bei modernen Müllfahrzeugen speichern Kondensatoren einen Teil Bremsenergie, die wenig später zum Müllpressen genutzt wird. Lithium-Ionen-Akkus können im Vergleich dazu nicht so viel Strom auf einmal speichern. Dafür speichern sie ihn länger. Die Vorteile beider Systeme wollen die Wissenschaftler in ihrer neuen Batterie vereinen.
    "Wir sind mit diesen PowerCaps in der Lage, sehr viel mehr Energie zu speichern als je ein anderer Kondensator hat speichern können. Wir reden da vom Faktor zehn etwa. Gegenüber Batterien haben wir den Vorteil, dass sich solche PowerCaps in wenigen Sekunden aufladen."
    Joachim Montnacher überlegt kurz und erläutert dann die Vorteile am Beispiel eines herkömmlichen Handy-Akkus.
    "Das braucht immer noch 20 bis 30 Minuten, um sich aufzuladen. Wenn wir dafür ein PowerCap einsetzen könnten, wären wir im Bereich von ein bis zwei Minuten."
    Mehr Strom gelangt in kurzer Zeit in die Batteriezelle
    Der Schlüssel zu diesen traumhaften Eigenschaften der PowerCap sind die Elektroden, über die Strom in die Batterie geladen wird. Diese haben die Forscher mit Aktivkohle beschichtet. Das Material ist extrem offenporig und vergrößert so die Oberfläche der Elektroden. Ergebnis: Mehr Strom in Form von elektrischen Teilchen gelangt in sehr kurzer Zeit in die Batteriezelle. Mit weiteren Materialien experimentieren die Stuttgarter gerade. Elektroden, die etwa mit Nanoplättchen aus Graphen beschichtet sind, könnten die Ladezeit nochmals verkürzen. In frühestens drei Jahren soll es die PowerCap als Produkt geben. Zum Beispiel in Form eines Antriebs-Akkus für automatische Fahrzeuge in Lagerhallen.
    "Somit ist man in der Lage bei den kurzen Stopps, die diese Geräte machen, sie auch gleichzeitig aufzuladen. Und der Batteriepack könnte sehr viel kleiner sein als er heute ist. Eine weitere Nutzung ist die Verstärkung des Blei-Säure-Akkus beim normalen Pkw oder Microhybrid. Das heißt, man ist in der Lage, die Bremsenergie, direkt abzuspeichern und kann diese Energie nutzen, um elektrische Antriebe im Fahrzeug zu betreiben."
    Das ist aber noch Zukunftsmusik. Der nächste Schritt führt die Forscher erst einmal raus aus dem Labor. Bis Ende 2016 soll eine Fertigungsanlage im Versuchsmaßstab in der Nähe von Karlsruhe entstehen.