
Die 44-Jährige ist damit die erste schwarze Frau an der Spitze einer großen britischen Partei und die erst vierte weibliche Tory-Vorsitzende nach Margaret Thatcher, Theresa May und Liz Truss.
"Es ist die größte Ehre, in diese Funktion gewählt worden zu sein und eine Partei zu führen, die ich liebe, die Partei, die mir so viel gegeben hat", sagte Badenoch in ihrer Dankesrede. Dabei zollte sie auch Sunak Respekt: "Niemand hätte in solch schwierigen Zeiten härter arbeiten können", sagte sie über den früheren Regierungs- und Parteichef. Gleichzeitig verlangte sie aber auch, dass die Tories ehrlich zu sich selbst sein müssten, dass man Fehler gemacht habe.
Glückwünsche erhielt die neue Tory-Vorsitzende sowohl von Sunak als auch vom obersten politischen Rivalen, dem Premierminister Keir Starmer. Der würdigte, dass die erstmalige Wahl einer schwarzen Vorsitzenden einer Westminster-Partei "ein stolzer Moment für unser Land" sei.
Tories in der Misere
Badenoch steht nun einer Partei vor, die seit dem Brexit nicht zur Ruhe gekommen ist. Innerhalb weniger Jahre scheiterten fünf verschiedene Premierminister - weil sie die Folgen des EU-Austritts nicht in den Griff bekamen und schließlich wie Boris Johnson an Skandalen.
Seit der Wahlpleite im Juli stellen die Tories - über Jahrzehnte eine der erfolgreichsten demokratischen Parteien Westeuropas - nur noch 121 der 650 Abgeordneten im Londoner Unterhaus.
An der Basis beliebt
In London geboren, aber in Nigeria, dem Heimatland ihrer Eltern, aufgewachsen, gilt Badenoch als Liebling der Parteibasis. Dabei hat die studierte Computerwissenschaftlerin im parteiinternen Wahlkampf nur wenig Details zu ihren politischen Vorhaben verraten.
Die 44-Jährige gibt sich seit Langem als "Anti-Woke-Kulturkriegerin", die mit Äußerungen gegen das angeblich linksliberale Establishment auffällt. Auch während ihrer Zeit als Ministerin für Gleichberechtigung - das Amt hielt sie zusätzlich zu ihrem anderen Kabinettsposten - äußerte sich die Mutter dreier Kinder unter anderem kritisch über Genderfragen und plädierte gegen eine Anhebung des Mutterschaftsgelds.
Sind die Tories noch Volkspartei?
"Die Parteimitglieder haben sich für Kemi Badenoch entschieden, weil sie sie als prinzipientreu betrachten. Und weil sie bereit ist, ihre Meinung zu sagen, auch wenn dies zu Kontroversen führt", sagte der Politologe Mark Garnett von der Universität Lancaster der dpa. Der Stil der überzeugten Brexit-Unterstützerin sei mit dem von Ex-Premierministerin Thatcher vergleichbar, die von vielen Tory-Mitgliedern noch immer verehrt werde.
Allerdings sieht Garnett mit dem scharfen Rechtskurs die Zukunft der Tories als Volkspartei infrage gestellt. Die Wahl im Juli, bei der die sozialdemokratische Labour-Partei die Konservativen nach 14 Jahren an der Regierung ablöste, habe gezeigt, dass die meisten Wähler immer noch der politischen Mitte nahestünden.
Die unmittelbare Herausforderung für die Konservativen bestehe zwar darin, Wähler von der rechtspopulistischen Partei Reform UK zurückzugewinnen. Parteichef Nigel Farage, der einst den Brexit maßgeblich vorangetrieben hatte, jagte den Konservativen zahlreiche Stimmen ab.
Diese Nachricht wurde am 02.11.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.