Es beginnt mit Konzentrationsschwäche. Dann kann sich der Betroffene nicht mehr daran erinnern, wo er verschiedene Dinge hingelegt hat. Er vergisst mitten im Satz, was er gerade gesagt hat; ist schließlich völlig desorientiert. Der Verdacht: Demenz, genauer Alzheimer. Nach wie vor eine unheilbare Krankheit. Aber in den letzten Jahren sind Therapien entwickelt worden, die das Fortschreiten dieser Krankheit zumindest bremsen und die Lebensqualität des Patienten verbessern können. Voraussetzung ist allerdings, dass man die Alzheimer-Erkrankung möglichst früh erkennt. Ein wichtiges Werkzeug dafür könnte in Zukunft die Magnetresonanz- oder Kernspintomographie werden. Sie ermöglicht es nämlich, sich die Groesse bestimmter Hirnregionen anzusehen. Dr. Harald Hampel, Oberarzt an der Uni-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in München.
Viele Menschen glauben, das ganze Gehirn schrumpft. Das ist aber nicht der Fall. Es ist eine Erkrankung, die ganz spezifische Gehirnregionen erfasst. Das fängt an in einem Gehirnbereich, dem sogenannten Enturinalkortex im Schläfenlappen. Dort im Verborgenen beginnt die Erkrankung mit der Bildung neurofibrillaerer Bündel und Amyloidplaques. Das führt dann im Verlauf der Erkrankung zum Untergang von Zellen. Die Nervenzellen gehen bis zu 50 % schon im Vorstadium der Erkrankung unter. Diese Bereiche schrumpfen also ganz spezifisch und sozusagen im Geheimen und können aber mit Hilfe bildgebender Verfahren bereits erfasst werden.
Die Herausforderung liegt darin, Alzheimer von etwa 70 anderen möglichen Ursachen abzugrenzen, die eine Demenz haben kann. Doch die Versuche laufen vielversprechend. Zur Zeit liegt die Trefferquote der Münchner bei ca. 80 bis 90 Prozent. Diese Zahlen müssen aber noch in größeren Studien verifiziert werden. Für den Patienten ist die Untersuchung harmlos. In ein paar Minuten ist die Aufnahme im Magnetresonanztomographen - kurz MRT - erledigt. Anschließend werden die Daten am Computer ausgewertet. Geübte Radiologen erkennen dabei manche Veränderungen bereits mit bloßem Auge. Doch meist sieht es so aus, dass der Arzt die ihn interessierende Region manuell auf dem Bildschirm markiert. Der Computer berechnet dann die Fläche bzw. das Volumen des markierten Bereichs. Manche Messungen kann der Rechner inzwischen sogar schon alleine erledigen.
Es gibt ein Verfahren, das ist die kortikale Dickevermessung. Hier haben wir ein vollautomatisiertes Verfahren auf MRT-Basis entwickelt, das sehr einfach zu bedienen ist und sich sehr komplexer mathematischer Computer- und Softwaremodelle bedient. Und Informationen über die Dichte und Dicke des Hirnmantels gibt, der ganz spezifisch bei der Alzheimer-Erkrankung betroffen ist.
Die automatisierte Vermessung des Hirnmantels soll aber nicht nur Auskunft darüber geben, ob es tatsächlich Alzheimer ist und wie schnell die Erkrankung voranschreitet. Man möchte mit solchen Untersuchung auch herausfinden, wie gut Patienten auf bestimmte Medikamente ansprechen. Zur Zeit sind nämlich rund 30 Substanzen für die Behandlung von Alzheimer in der klinischen Prüfung. Die Pharmaindustrie hofft, dass daraus vielleicht sogar Arzneimittel hervorgehen, die die Zerstörung der Nervenzellen stoppen. Harald Hampel setzt aber erst einmal auf die Früherkennung von Alzheimer mit Hilfe der Kernspintomographie. Allerdings bremst er die mögliche Euphorie etwas.
Es ist in dem Zusammenhang sehr wichtig zu betonen, dass die Verfahren, die eine Positiv-Diagnostik mit Hilfe von Kernspintomographie ermöglichen, im Augenblick noch in einem Prototypstadium sind, also noch nicht frei klinisch verfügbar sind. Vielmehr wäre es jetzt notwendig, dass in den nächsten Jahren, unterstützt durch große Initiativen - einerseits des Demenznetzwerkes in Deutschland, andererseits der Neuro-Imaging-Initiative der nationalen Gesundheitsbehörde in den USA - diese Verfahren für den klinischen Einsatz getestet werden.