Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv

Neue Filme
Das Ende einer Film-Dystopie

"Mockingjay Teil 2", so heißt das Finale der "Die Tribute von Panem", das an diesem Donnerstag in die Kinos kommt. Außerdem stellt unser Filmkritiker den Dokumentarfilm "Happy Welcome" über ein Clownprojekt in deutschen Flüchtlingsunterkünften sowie "Mia Madre", den neuen Film des italienischen Regisseurs Nanni Moretti vor.

Von Jörg Albrecht | 18.11.2015
    Schauspielern Jennifer Lawrence kommt am 04.11.2015 zu der Weltpremiere des Abschlussfilms "Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 2" im Cinestar-Kino in Berlin.
    Jennifer Lawrence bei der Deutschlandpremiere von "Mockingjay 2" (dpa / picture alliance / Paul Zinken)
    "Mia Madre" von Nanni Moretti
    "So ganz habe ich nicht verstanden, was Mama für ein Problem hat."
    "Die Ärztin hat ziemlich konfuses Zeug geredet."
    "Nein, das war nicht konfus. Sie hat gesagt .... Mama liegt im Sterben."
    Margherita hat bislang vollkommen ausgeblendet, dass ihre Mutter nicht mehr lange leben wird. Doch nicht nur der nahende Tod überfordert die Regisseurin. Es ist noch nicht allzu lange her – da hat sie sich von ihrem Lebensgefährten getrennt. Und auch bei den Dreharbeiten zu ihrem neuen Film laufen die Dinge aus dem Ruder. Grund ist der exzentrische Hauptdarsteller aus den USA.
    "Ich verstehe überhaupt nichts mehr. Er hat genau vier Sätze und ihr wart nicht in der Lage ihm beizubringen, wie man die ausspricht."
    Margherita befindet sich in der Krise ihres Lebens. Da sie von Beruf Filmregisseurin ist, liegt die Vermutung nahe, dass sie das Alter Ego des Mannes ist, der in seiner Karriere häufig Autobiographisches mit sich selbst in der Hauptrolle inszeniert hat. Bei "Mia Madre" aber hat Nanni Moretti der Schauspielerin Margherita Buy den Vorzug gegeben und sich die Rolle ihres Bruders Giovanni.
    Die Schauspielerinnen Margherita Buy (v.l.) und Beatrice Mancini gemeinsam mit Regisseur Nanni Moretti, bei der Vorführung seines Film "Mia Madre" auf dem 68. Filmfestival in Cannes, Frankreich
    Die Schauspielerinnen Margherita Buy (v.l.) und Beatrice Mancini gemeinsam mit Regisseur Nanni Moretti, bei der Vorführung seines Film "Mia Madre" auf dem 68. Filmfestival in Cannes, Frankreich (picture alliance / dpa/ Ian Langsdon)
    "Margherita, mach doch endlich mal was Neues! Ändere wenigstens mal eine deiner Methoden! Eine der 200."
    Eine der 200 Methoden, bei denen sich Moretti selbst ermahnt, ist – nach seiner eigenen Aussage – die, endlich damit aufzuhören, bei den Filmstoffen ständig aus seinem Innersten zu schöpfen. Auf einem guten Weg befindet sich der italienische Autorenfilmer aber keineswegs. Nur eine andere Besetzung des Protagonisten ist ungefähr so, als würde man bei einem Drehbuch die Schriftart ändern.
    Nun ist es nicht so, als habe Moretti keine wertvollen Erkenntnisse über eine Midlife-Crisis zu vermitteln. Aber seinem tragikomischen Film fehlt es einfach an Prägnanz und Zuspitzung. Vor allem die leichten Momente, die ein chargierender John Turturro als eitler Star in die Geschichte bringen soll, gehen einem schwer auf die Nerven.
    "Mia Madre": enttäuschend
    "Happy Welcome"
    Eine traurige Musik untermalt die Eindrücke aus den Flüchtlingsheimen, die Walter Steffen immer wieder in seinem Dokumentarfilm "Happy Welcome" zeigt. Ganz anders klingt es, wenn "Waschli", "Kuki", "Mädmoisl" und "Duba" da auftauchen, wo die Asylbewerber untergebracht sind. Dann wird die Musik fröhlich.
    Die Vier gehören dem Verein "Clowns ohne Grenzen" an. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern wie Erwachsenen, die den Krieg erleben und aus ihrer Heimat fliehen mussten, wieder Momente der Freude zu schenken. Einer aus dem Quartett ist Andreas Schantz alias "Duda".
    "Wir waren uns nicht ganz sicher, ob sich die Flüchtlinge nicht vielleicht auf den Schlips getreten fühlen, wenn wir ihre Lebenssituation nachspielen. Aber dann wir gedacht, wir probieren es einfach aus. Vielleicht ist es eine Hilfe für sie, wenn sie merken, dass man Konflikte mit Humor lösen kann."
    Der Filmemacher hat die "Clowns ohne Grenzen" auf ihrer Deutschlandreise zu verschiedenen Erstaufnahmeeinrichtungen begleitet. Während immer wieder auch Helfer zu Wort kommen, bleiben die Flüchtlinge dagegen eine anonyme Masse. "Happy Welcome" begnügt sich mit der Beobachtung und Wiederholung. Das mag wenig sein, berührend ist dieser von Optimismus erfüllte Dokumentarfilm dennoch.
    "Happy Welcome": empfehlenswert
    "Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 2"
    "Ladies und Gentlemen, willkommen zu den 76. Hungerspielen!"
    Und damit dem Finale der Science-Fiction-Reihe "Die Tribute von Panem", die auf der gleichnamigen Roman-Trilogie von Suzanne Collins basiert. Standen bislang die sogenannten Hungerspiele, eine moderne Version der Gladiatorenkämpfe im alten Rom, im Zentrum, wandelt sich der Schlussakt zum Kriegsfilm.
    "Es ist eine Kampfzone. Ihr seid hochwertige Angriffsziele fürs Kapitol."
    Allen voran die Heldin, die Jeanne d'Arc der überraschend komplexen Geschichte. Ihr Marsch aufs Kapitol, dem Sitz des totalitären Herrschers von Panem, dient einem einzigen Ziel: dem Tyrannenmord.
    "Ich werde Snow töten. Und ich kann nicht immer wieder Reden darüber halten."
    Die Zeit des Redens ist also vorbei. So die nicht gerade pazifistische Botschaft von "Die Tribute von Panem". Und so wird erst viel taktiert, in Häuserschluchten und der Kanalisation gekämpft, um dann – nach immerhin vier Filmen und mehr als acht Stunden – ziemlich überhastet die Diktatur zu besiegen und die Dystopie in eine Utopie zu verwandeln. Dazu bedient sich der Film beim uramerikanischen Motiv der Familie als Keimzelle der Gesellschaft. Auf die von Jennifer Lawrence gespielte Amazone wartet das Mutter- und Ehefrauglück in einem Schlussbild, das man eher in einem nationalsozialistischen Propagandastreifen erwarten würde.
    "Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 2": zwiespältig