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Drama, Porträt und Blick in die Zukunft

Empfehlenswert, akzeptabel und enttäuschend, so urteilt Kinokritiker Jörg Albrecht in dieser Woche. Gesehen hat er mit "Bekas" die Geschichte zweier Jungen auf der Flucht, das Porträt der Dichterin Elizabeth Bishop und "Die Bestimmung – Divergent", die Verfilmung eines Science-Fiction-Bestsellers.

Von Jörg Albrecht | 09.04.2014
    Blick in einen Kinosaal in Mainz
    Blick in einen Kinosaal in Mainz (dpa / picture-alliance / Fredrik von Erichsen)
    "Bekas" von Karzan Kader
    "Superman! Superman! ... Dana, haben wir zwei Dinar? – Komm, wer braucht Geld?!"
    Superman ist in der Stadt. 1990 landet eine Filmrolle der Comicverfilmung in dem von Kurden bewohnten Norden des Irak. Der siebenjährige Zana und sein drei Jahre älterer Bruder Dana sind völlig aus dem Häuschen. Seit dem Tod ihrer Eltern während des Kriegs gegen den Iran leben die Jungen auf der Straße, verdienen als Schuhputzer ein wenig Geld und träumen von einem Leben dort, wo Superman zuhause ist.
    "Dana, wo guckst du denn hin?"
    "Nach Amerika."
    "Wer ist Amerika?"
    "Amerika ist eine große Stadt. Eine gewaltige Stadt. Die ist voller Lichter und Häuser, die bis zum Mond raufgehen. ... Amerika ist da, wo Superman wohnt."
    "Stimmt! Superman spricht ja Amerikanisch. Ich will, dass wir beide dort leben."
    Der Beschluss ist gefasst. Sie wollen weg aus dem Land, das vom verhassten Saddam, der ihnen die Eltern genommen hat, regiert wird. Auf dem Rücken eines Esels brechen die Brüder zu einer abenteuerlichen Reise auf.
    "Lassen Sie uns bitte durch! Mein Bruder und ich wollen nämlich nach Amerika. ..."
    Zwar sieht es an der schwer bewachten Grenze ganz danach aus, als ende die Reise hier bereits. Aber selbst durch Soldaten lassen sich Dana und Zana nicht von ihrem Plan abbringen.
    In seinem Film "Bekas" – das kurdische Wort bedeutet Waisenkind – in "Bekas" hat Regisseur Karzan Kader seine eigene Geschichte einer elfmonatigen Odyssee verarbeitet.
    1988 - im Alter von sechs Jahren - stand auch er an der irakischen Grenze. Seiner Familie gelang es damals, mit Hilfe von Schmugglern das Land zu verlassen. Die dramatischen Umstände dieser Flucht werden zwar im Film nicht ausgespart, aber Karzan Kader hat in sein Road Movie auch viele komische Passagen eingebaut. Dabei macht er sich die kindlich-naive Perspektive der beiden kleinen Helden zunutze. So setzt er einen überraschend heiteren Kontrapunkt zu "In this World", Michael Winterbottoms bedrückendem Drama über die Flucht zweier junger Afghanen.
    "Bekas": empfehlenswert
    "Die Poetin" von Bruno Barreto
    "Elizabeth Bishop – willkommen in Brasilien! – Danke sehr! ..."
    Eine Art Flucht ist auch die Reise für Elizabeth Bishop. Zu Beginn der 1950er-Jahre steckt die amerikanische Dichterin mitten in einer Schaffens- und Identitätskrise. Von einem Aufenthalt in Rio de Janeiro erhofft sie sich Inspiration. Eingeladen hat sie eine alte Freundin, die dort mit der berühmten Architektin Lota de Macedo Soares in einer lesbischen Beziehung lebt. Obwohl die introvertierte Elizabeth und die selbstbewusste Lota kaum etwas miteinander verbindet, beginnen sie eine Affäre.
    "Warum wolltest du dein Gedicht nicht beenden, als Carlos dich darum bat?"
    "Ich bin keine Darstellerin."
    "Nein. Du bist gebieterisch und abgehoben und trinkst allein deinen Whisky."
    "Nicht jeder kann so stolz auf seine Arbeit sein, wie du es bist. Ich finde es so bewundernswert.
    "Ich höre eins meiner Gedichte und fühle mich einfach beschämt."
    Die Beziehung der beiden Frauen wird für Eifersuchtsdramen sorgen, aber auch die Kreativität der Dichterin anregen. In schönen, mit süßlicher Musik unterlegten Bildern erzählt der brasilianische Filmemacher Bruno Barreto aus einem wichtigen Lebensabschnitt der berühmtesten amerikanischen Lyrikerin. So erfahren wir unter anderem, dass Elizabeth Bishop die einsamste Person sei, die je gelebt hat. Wir erfahren es aus Bishops Mund.
    Wie so vieles überdeutlich ausgesprochen wird in dieser etwas steifen und leblosen Mischung aus Liebedrama und Künstlerporträt, die immerhin mit Miranda Otto und der brasilianischen Schauspielerin Glória Pires gut besetzt ist.
    "Die Poetin": akzeptabel
    "Die Bestimmung - Divergent" von Neil Burger
    "Unbestimmte bedrohen dieses System."
    Warnende Worte von Kate Winslet in "Die Bestimmung – Divergent". Gemeint sind mit den Unbestimmten diejenigen, deren freier Wille eine Gefahr darstellt für dieses Gesellschaftssystem in der Zukunft. Es sind Menschen, die keiner der fünf Gruppierungen angehören, die das System in der Balance halten. Veronica Roth, die Autorin der Vorlage, hat sich klingende Namen für die Gruppen überlegt: Altruan, Ferox, Ken, Amite und Candor. Eine Unbestimmte ist auch die Heldin ihrer Geschichte, das Mädchen Tris. Weil es die coolste Gruppe ist, schließt sie sich den furchtlosen Ferox an.
    "Unser Training hat zwei Stufen. Die erste zielt auf den Körper ... Stell dich deinen schlimmsten Ängsten und überwinde sie!"
    Fähigkeiten, die Tris bei ihrer anstehenden Rebellion gegen das Unrechtssystem gut gebrauchen kann. Verglichen mit den "Tributen von Panem" hat diese erschreckend ähnliche Film-Dystopie weder etwas Zwingendes noch vermag sie zu faszinieren. Nach dem Abspann wird man sich allenfalls noch an die Kulleraugen der Hauptdarstellerin erinnern.
    "Die Bestimmung - Divergent": enttäuschend