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Es kommt nicht auf die Größe an

Der Kleinste ist in dieser Woche der Beste: In "Ant-Man", Marvels Comic-Superheldenfilm für diesen Sommer, schrumpft der Held auf die Größe einer Ameise. Filmisch übertrumpft er dabei locker die angebliche Übergröße von "Magic Mike XXL", einer überflüssigen Fortsetzung von Steven Soderberghs Stripperdrama. Außerdem neu auf der Leinwand: "Um jeden Preis" mit Kim Basinger und die Tragikomödie "Becks letzter Sommer".

Von Jörg Albrecht | 22.07.2015
    Szene aus dem Film "Ant Man"
    Szene aus dem Film "Ant Man" (dpa / picture alliance)
    "Ant-Man" von Peyton Reed
    "Scott, ich brauche dich als Ant-Man."
    Ein Superheld von der Größe einer Ameise, der mit seinen Artgenossen kommuniziert ... Da lachen doch die Iron-, Bat- und Super-Männer. Die sehen zwar auch albern aus in ihren Anzügen, sind aber wenigstens coole Typen. Allein das Wort "Ameisen-Mann" hat ja schon etwas Lächerliches.
    "Noch eine Frage: Ist es zu spät, den Namen noch zu ändern?"
    So gilt es also, aus der Not eine Tugend zu machen. Im Fall von "Ant-Man" liegt diese Tugend in der Betonung der komischen Note - ganz im Sinne des Wortes "Comic". Dass mit einem Kriminellen und Ex-Knacki eine Art Anti-Held die Titelfigur verkörpert, passt dazu perfekt. Gespielt wird er von Paul Rudd. Als sein Mentor und Erfinder vom Ant-Man-Anzug ist Michael Douglas zu sehen.
    "Die Zeiten, in denen ich eingebrochen bin und etwas geklaut habe, sind vorbei. Was soll ich für dich tun? - Du sollst einbrechen und etwas für mich klauen."
    Natürlich stellt auch "Ant-Man" das Superhelden-Universum nicht komplett auf den Kopf. Auch hier muss einem Größenwahnsinnigen Einhalt geboten werden, auch hier wird ein Mensch - trotz Ameisengröße - über sich hinauswachsen müssen. Aber der Charme der Figuren und der Humor in der Geschichte inklusive einer Reihe von ironischen Anspielungen auf die Superhelden-Kollegen - "Ich denke, als erstes sollten wir die Avengers anrufen", all das macht aus "Ant-Man" eine willkommene Alternative zu den finsteren und immer aufgeblaseneren Comicverfilmungen der letzten Jahre.
    "Ant-Man": empfehlenswert
    "Magic Mike XXL" von Gregory Jacobs
    Ein Film, bei dem es dagegen auf die Größe ankommt, ist "Magic Mike XXL". Das impliziert schon der frivole Titel der Fortsetzung von Steven Soderberghs Film aus dem Jahr 2012 über eine Gruppe männlicher Stripper.
    "Mal sehen, ob immer noch etwas Magic in diesem Mike steckt."
    Nicht nur die Magie, die schon in Soderberghs Film kaum vorhanden war, ist jetzt endgültig verflogen. Vor allem fehlt es "Magic Mike XXL" an einer Geschichte, die einen Weiterdreh rechtfertigen würde. Dafür gibt es auf der schier endlosen Reise der Six-Pack-Träger zu einem letzten großen Auftritt der Gruppe Küchenpsychologie von Strippern zu hören.
    "Diese Frauen müssen sich vielleicht jeden Tag mit Männern rumschlagen, die ihnen nicht zuhören. Wir sind wie Heiler oder so was."
    Mit Soderberghs erstem "Magic Mike" - einer Mischung aus Charakterstudie und leidlich amüsantem Blick hinter die Kulissen einer anrüchigen Branche - ist wirklich restlos alles erzählt gewesen.
    "Magic Mike XXL": ärgerlich
    "Um jeden Preis" von Anders Morgenthaler
    "Sie sollten akzeptieren, dass es für Sie keine Möglichkeit mehr gibt schwanger zu werden, weil Ihr Uterus zu stark geschädigt ist. - Es gibt bestimmt noch eine andere Möglichkeit. Es muss sie geben."
    Verzweiflung pur bei Maria. Nach ihrer inzwischen neunten Fehlgeburt, bei der sie fast selbst gestorben wäre, steht endgültig fest: Maria wird kinderlos bleiben. Damit aber will sich die von Kim Basinger gespielte Geschäftsfrau nicht abfinden. Dabei hat der geradezu krankhafte Kinderwunsch schon ihre langjährige Beziehung in die Brüche gehen lassen.
    Es sind nur wenige Szenen, in denen der dänische Regisseur Anders Morgenthaler in "Um jeden Preis" Marias Seelenqual skizziert. Doch Interesse am Schicksal dieser Frauenfigur weckt er mit ihnen nicht. Das liegt nicht an Kim Basinger, die man kaum noch sieht im Kino, die aber durchaus in der Lage ist eine solche Rolle auszufüllen. Schuld sind allein die prätentiöse Regie und das verquaste Drehbuch von Morgenthaler. Sein in bedeutungsschwangere, sterile Bilder getauchtes Psychodrama entwickelt in keiner einzigen Sekunde ein Eigenleben.
    "Um jeden Preis": enttäuschend
    "Becks letzter Sommer" von Frieder Wittich
    "Ich komme mir manchmal vor, als ob ich die einzige 27-Jährige wäre, die nicht schon seit fünf Jahren weiß, mit was sie in zehn Jahren ihr Geld verdient. - Ich hätte das vor zehn Jahren auch machen sollen. Aber ich war zu feige, habe damals auf Sicherheit gesetzt. Erst mal schön solide mein Referendariat durchgezogen. Ich dachte, ich könnte nebenbei ein paar Songs schreiben. Ich habe nicht einen einzigen geschrieben."
    Sein Leben als Rockmusiker hat Robert Beck vor vielen Jahren eingetauscht gegen einen Lehrerjob. Der aber ödet ihn an. Als sich einer seiner Schüler als musikalisches Genie entpuppt, nimmt Beck den Jungen unter seine Fittiche. Er kann sich sogar vorstellen seinen Job an den Nagel zu hängen.
    Die Geschichte vom Lehrer, der einen Neuanfang wagen will, stammt von Benedict Wells. Sein Roman "Becks letzter Sommer" ist jetzt mit Christian Ulmen in der Hauptrolle verfilmt worden. Aufgeteilt in eine A- und eine B-Seite, liefert die Geschichte - zumindest solange noch die A-Seite läuft - eine entspannte Alltagsbeschreibung mit mal komischen, mal tragischen Momenten. Startet allerdings die B-Seite, entwickelt sich "Becks letzter Sommer" zum wenig überzeugenden Road Movie. Ein Vorwurf, den man fairerweise allerdings weniger dem Film als Autor Benedict Wells machen muss.
    "Becks letzter Sommer": zwiespältig