
"Meine Schwestern" von Lars Kraume
"Ich hasse Ärzte. Und ich hasse Krankenhäuser. Ich hasse das alles. Ich will da nicht mehr hin",
bricht es aus Linda heraus. Seit ihrer Kindheit ist sie herzkrank. Aber nun ahnt Linda, dass sie die nächste Operation nicht überleben wird. Und so machen sich Jördis Triebel, Nina Kunzendorf und Lisa Hagmeister im Film "Meine Schwestern" auf zu einer Reise in die gemeinsame Vergangenheit, nach Tating auf Eiderstedt, wo sie als Kinder immer Urlaub machten.
"Wir wollen nach Tating fahren. - Ach du großer Gott! - Was wollt ihr denn da? - Wir hatten einfach Lust, da mal wieder hin zu fahren."
Es geht in Lars Kraumes Film nicht um die Frage, ob Linda stirbt oder nicht stirbt, sondern um das Verhältnis der drei Schwestern, das keineswegs romantisch verklärt wird, sondern sich in vielen Brüchen, Verwerfungen, Enttäuschungen, aber auch in einer großen Vertrautheit zeigt. Inklusive von Angst-Wut.
"Soll ich dir zugucken, wie du dich hier kaputtmachst? Da mache ich nicht mit. Das gucke ich mir nicht an."
"Meine Schwestern" entfaltet ein komplexes, ein spannendes, aber auch - wie kann es anders sein angesichts des Abschieds von einem geliebten Menschen -, ein sehr trauriges Panorama menschlicher Beziehungen. Und das sehr, sehr weit weg von Hollywood-Kitsch.
"Meine Schwestern" von Lars Kraume - empfehlenswert.
"Jappeloup - Eine Legende" von Christian Duguay
Auf den ersten Blick ist es eine Geschichte über Leistungssport und den größten anzunehmenden Erfolg in der Reiterei. Based on a true story. 1988 gewann der Franzose Pierre Durand mit seinem Pferd Jappeloup das Springreiten bei den Olympischen Spielen in Seoul. Wie es dazu kam? Regisseur Christian Duguay erzählt in "Jappeloup - eine Legende" vom Vater - Daniel Auteuil -, der den pferdebegeisterten Sohn fördert; der trifft Jahre später auf das Superspringpferd. Und am Ende die Goldmedaille. Wenn das allein die Geschichte wäre, es wäre keiner weiteren Erwähnung wert. Doch in "Jappeloup - Eine Legende" geht es um eine dornige, am Anfang alles andere als glückliche Beziehung. Denn der Wallach Jappeloup ist nicht das ideale "Sportgerät". Und als Pierre, arrogant, ehrgeizig, unsympathisch, egozentrisch, besessen von seinem Turniererfolg, [...]
"Du hattest noch nie ein Gespür für gute Pferde."
[...] als Pierre eine Ahnung von dem Springpotenzial dieses an sich zu kleinen Pferdes bekommt, erweist sich Jappeloup als schwierig, ja zickig. Der Wallach verweigert auf einmal den Sprung. Doch an dieser Stelle nimmt Christian Duguays Film eine ganz andere Wendung: Denn die Pferdepflegerin Raphaëlle macht ihrem Chef klar, warum am Ende er selber für die sportlichen Misserfolge verantwortlich ist. Jappeloup brauche Vertrauen:
"Er braucht Ihr Vertrauen, und Sie das seine."
Jetzt fängt dieser Film an zu erzählen von der Beziehung zwischen dem Menschen und dem Pferd. Dass das so überzeugend wirkt, hat auch damit zu tun, dass Hauptdarsteller Guillaume Canet, früher Springreiter, den ganzen Film hindurch selber reitet.
Wenn denn am Ende, nach allen Hoch und Tiefs, Pierre und Jappeloup auf dem Olympia-Parcour in Seoul starten, dann bekommt wahrscheinlich jeder, auch der, der Springreiten an sich öde findet - ich rede von mir! -, auch der bekommt feuchte Hände.
"Jappeloup. Eine Legende" von Christian Duguay - herausragend.
"RoboCop" von José Padilha
"Wir können keine Maschinen auf die Straße schicken. Vergessen Sie die Maschinen."
Meint der Chef des Unternehmens für avancierte Robotertechnologie. Klar, dass die Bürger keine Maschine als Polizisten akzeptieren, aber doch sicher den nächsten Entwicklungsschritt:
"Wir stecken einen Menschen in eine Maschine."
Und so wird aus den biologischen Resten des fast toten Detroiter Cops Alex der neue Superpolizist RoboCop. Unverwundbar, halb Mensch, halb Roboter, vor allem aber - wie eine Drohne - aus der Ferne kontrollierbar. Was natürlich der grundsätzliche Haken an dieser Genre-Geschichte ist:
"Sie wollten einen Mann in einer Maschine, aber der Faktor Mensch wird immer präsent sein",
meint Dr. Norton, Schöpfer des RoboCop, zum Firmenchef. Der Androiden-Polizist ist heute weniger Science-Fiction als 1987, als Paul Verhoeven den Ur-"RoboCop" drehte. Die Diskussion über Drohnen - sowohl im Kriegs-, als auch im amazon-Paketversand-Einsatz -, die Frage, inwieweit wir im weltweiten Netz nur noch Datenlieferanten, Teil der Maschine also, sind, sind heute alles andere als erledigt.
"Furcht, Instinkt, Vorurteile, Mitgefühl werden immer in das System eingreifen."
José Padilhas "RoboCop"-Version ist mehr als nur ein aufgemotztes Remake der Verhoeven-Film von '87. Der brasilianische Regisseur schafft es, in seinem Hollywood-Debüt das uralte Mensch-Maschine-Thema und die Androidenproblematik sehr aktuell zu diskutieren. Über das süßliche Familien-Zusammenführungsgesäusel am Ende darf gern ein wenig hinweg geschaut werden.
"RoboCop" von José Padilha - empfehlenswert.