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Sozialunternehmer, Frauenschicksale und Feel-Good-Kino

    Charly Hübner und Katja Riemann in "Ohne Dich"
    Charly Hübner und Katja Riemann in "Ohne Dich" (dpa/picture alliance/Rene Müller/teamWERK)
    Diese Woche in der Kritik:
    • "Who Cares - Du machst den Unterschied" von Mara Mourão
    • "Ohne Dich" von Alexandre Poweiz
    • "Mit ganzer Kraft" von Nils Tavernier
    Muhammad Yunus stammt aus Bangladesch. 2006 ist er mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden für soziales Engagement und eine Idee, mit der die Entwicklungshilfe grundlegend umgestaltet werden sollte. Yunus hatte in seinem Heimatland eine Bank gegründet, die Mikrokredite an Arme vergibt.
    "I went to the banks to pursuade them ... but they didn´t listen."
    Er sei - so erzählt Yunus - zu den Banken gegangen, um sie davon zu überzeugen, dass sie den armen Menschen auf den Dörfern Geld leihen, damit diese nicht zu den Kredithaien gehen müssen. Die Banken aber hätten seinen Vorschlag abgelehnt und ihm gar nicht zugehört.
    Muhammad Yunus ist der wohl prominenteste Vertreter eines neuen Berufs. Er ist Sozialunternehmer. Die brasilianische Filmemacherin Mara Mourão hat für ihre Dokumentation "Who Cares? - Du machst den Unterschied" 18 von ihnen besucht und zu ihren Projekten befragt. Die Bandbreite ist riesig. Da ist Joaquin Leguìa aus Peru, der Kinder lehrt die Natur zu schützen. Oder der belgische Mönch Bart Weetjens, der in Tansania Ratten trainiert, damit diese Landminen aufspüren.
    Bill Drayton aus New York hat eine Gesellschaft gegründet, die knapp 3.000 Sozialunternehmer in mehr als 60 Ländern unterstützt.
    "We are not not something. We are citizens ... the multiplication of change-makers or citizens."
    Wir sind - betont Drayton - nicht nichts, sondern Bürger, die große Veränderungen bewirken können. Die wichtigste Veränderung sei es, sogenannte Change-Maker oder aktive Staatsbürger zu multiplizieren.
    Wenn die Ideen und Ziele von Bill Drayton wie die eines Sektenoberhaupts klingen, dann ist daran vor allem Mara Mourãos Inszenierung Schuld. In einer Mischung aus Imagefilm und Motivationsvideo lässt sie ihre Protagonisten direkt in die Kamera sprechen und schmückt diese Statements mit verschnörkelten Animationen aus. Auch die eingestreuten Reportageelemente, die Eindrücke von den jeweiligen Projekten vermitteln sollen, greifen zu kurz. Alles wird nur angerissen in einer Dokumentation, die gut gemeint ist, aber nicht gut gemacht.
    "Who Cares? – Du machst den Unterschied": enttäuschend.
    "Ich würde alles tun aus Liebe. Alles. - Ich auch."
    Darin sind sich Therapeut Marcel und seine Haushaltshilfe Layla einig. Layla will nicht akzeptieren, dass ihr Freund sie für eine Jüngere verlassen hat. Marcels Ehefrau Rosa ist an Krebs erkrankt und hat sich längst aufgegeben.
    "Es ist mein Krebs. - Ja, und du musst ihn besiegen. - Ich muss gar nichts. - Doch du musst kämpfen. Ich schau doch nicht zu, wie du an Krebs krepierst. - Du sagst mir nicht, was ich tun soll. - Doch."
    Katja Riemann und Charly Hübner geben alles, spielen sich die Seele aus dem Leib. Und doch bleiben ihre - wie auch alle anderen - Figuren in "Ohne Dich", dem Spielfilmdebüt von Alexandre Poweiz, blutleer, ihre Geschichten konstruiert. Die Sterbende bringt Leben auf die Welt. Rosa arbeitet als Hebamme. Sie wird auf Motte treffen, eine junge Außenseiterin, die schwanger ist.
    Die Schicksale der drei Frauen - Layla, Rosa und Motte - werden parallel erzählt und überschneiden sich hin und wieder. Jeder der drei Erzählstränge hätte spannend sein können, wenn die Charaktere nicht wie auf dem Reißbrett entworfen daher kämen. Das unfertige Drehbuch ist der Hauptgrund, warum sich hier alles aufgesetzt anfühlt.
    "Ohne Dich": enttäuschend.
    Der Startschuss. Hunderte Sportler rennen zum Wasser und stürzen sich in die Fluten. Sie alle sind Teilnehmer an einem Ironman-Wettbewerb. Unter ihnen auch Paul und sein 17-jähriger, von Geburt an behinderter Sohn Julien. Es sind die ersten Bilder in Nils Taverniers Film "Mit ganzer Kraft". Die Szene vom Anfang wird nach rund einer Stunde wiederholt. Eine Stunde, in der die Vorgeschichte des außergewöhnlichen Sportlerpaares ziemlich gewöhnlich erzählt wird - sprich komplett überraschungsfrei.
    "Ich möchte, dass wir den Ironman zusammen machen. - Was erzählst du denn da? - Den Ironman? Wir beide? ... Ich bin sicher, dass wir es schaffen können. - Hör doch auf, Julien! Du siehst doch, wie du dran bist. Das ist schon allein die Hölle. Zu zweit ist das völliger Quatsch. Vergiss es! Ich sage nein. - Papa!"
    Der Vater, der natürlich noch nie wirklichen Draht zu seinem Sohn hatte, lässt sich letztlich zu dem Kraftakt überreden. Die Mutter ist selbstverständlich dagegen. Vater und Sohn trainieren trotzdem, stoßen dabei an ihre Grenzen, finden immer wieder neuen Mut und am Ende natürlich auch zueinander. Man sieht die Handlung förmlich vor seinen Augen ablaufen. Genau das ist das Problem dieses schematischen Films nach einer wahren Begebenheit aus der Abteilung Feel-Good-Kino. Dass er seine Wirkung dennoch nicht verfehlt, sollte allerdings auch nicht unerwähnt bleiben.
    "Mit ganzer Kraft": zwiespältig.