Drei Trends beschäftigen die Zeitungsmacher derzeit besonders: Zum einen die noch immer aktuelle Debatte nach dem richtigen Zeitungsformat, die Verkleinerung der Zeitungen auf das so genannte "Berliner" oder auch das "Tabloid"- Format, zum anderen die zunehmende "Magazinierung" der Zeitungen mit deutlich mehr Hintergrundberichten und aufwändigeren Fotostrecken. Drittens ist der "Citizen Journalism" ein Thema: Der Leser als Reporter, der SMS, Fotos, Berichte oder ähnliches an die Zeitungen schickt.
Einer, der schon seit geraumer Zeit mehr Hintergrundberichterstattung von den Zeitungen einfordert, ist ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, ehemals Chefredakteur des Berliner Tagesspiegels und Seite-Drei-Chef der Süddeutschen Zeitung. Di Lorenzo fordert von seinen Kollegen "mehr Mut und mehr Kreativität", die selbstbezogene Arroganz vergangener Tage, wie es sie zum Teil auch bei der ZEIT gegeben habe, sei vorbei. Die ZEIT erlebe zwar einen deutlichen Auflagenzuwachs, dieser Erfolg sei aber nicht selbstverständlich.
"Ich glaube, es ist ein großes Bedürfnis da, nach Orientierung, nach Beständigkeit, nach Seriosität. Man muss aber sagen, dass generell der Trend dahin geht, dass eine hohe Zahl von Lesern sagt: Mir reicht unterhalb der Woche das Internet, das Radio und einmal die Woche leiste ich mir eine gute Zeitung. Davon profitieren wir ein bisschen, ich sage das durchaus mit Bedauern, denn ich finde es schade um jede Tageszeitung, die Leser verliert."
Besonders die jungen Leser, die mit Handy, Labtop und MP3-Player aufgewachsen sind, kehren sich vom Medium Zeitung ab. Sie erreicht man nur noch auf anderen Wegen, als den bisherigen. Gratiszeitungen, das Schreckgespenst für deutsche Verleger, kann für die Zeitungen nicht nur eine Bedrohung, sondern auch eine Chance sein. In der Schweiz kann man beobachten, wie kreativ ein Verlag mit der vermeintlichen Bedrohung umgehen kann.
"Le Matin", ein gehobenes Boulevardblatt aus Genf, leistet sich seit knapp einem Jahr eine zusätzliche Gratiszeitung namens "Le Matin Bleu". Das Gratisblatt ist deutlich dünner, enthält keine Meinungsbeiträge oder längere Reportagen, dafür aber Ausgehtipps, Fernsehprogramm etc. Das Gratisblatt erreicht täglich rund 200.000 zumeist junge Leser – der Kaufzeitung "Le Matin" hat das so gut wie gar nicht geschadet. "Gerade einmal dreitausend Exemplare weniger" verkaufe man, sagt stolz der "Le Matin" - Chefredakteur Peter Rothenbühler:
"Wir haben das nur gemacht, weil wir gesagt haben, wir sind der Platzhirsch in unserer Region; wenn einer aus Zürich oder aus Frankreich kommen sollte, und eine Gratiszeitung lancieren möchte, dann müssen wir zuerst sein. Wir können diesen Markt nicht einem anderen überlassen, und der kommt, der kommt überall. Weil: Es ist ein interessanter Markt und lustigerweise rekrutiert der wirklich eine neue Leserschaft, das sind alles die Kids von zehn bis 20. Und die lesen und kaufen keine andere Zeitung, vielleicht die Zeitung von Papa am Abend, aber sonst nicht, aber die stürzen sich auf die Gratiszeitung und das ist ein Phänomen. Es ist besser das zu beherrschen, als davon beherrscht zu werden. "
In Skandinavien, wo man Gratiszeitungen wie "Metro" schon seit Jahren kennt, setzen die Macher auf andere, innovative Konzepte der Leserbindung. Bei "Verdens Gang", einer Boulevardzeitung aus Oslo, nutzt man konsequent die neuen technischen Möglichkeiten. Die Redaktion fordert ihre Leser ausdrücklich dazu auf, ihre Fotos, Texte und SMS zu schicken. Mit einer eigens entwickelten Software speichert der Server die eingehenden Nachrichten und die Redakteure können später Interessantes heraussuchen.
Chefredakteur Torry Pedersen räumt ein, dass nicht jeden Tag wichtige Meldungen eingehen, aber: Der Tsunami, bei dem auch Norweger ums Leben kamen, sei ein Einschnitt gewesen. Bereits zehn Minuten danach standen auf der Internetseite von "Verdens Gang" die ersten Fotos. Der Erfolg des Konzepts gibt dem Blatt offenbar recht: Rund 1,2 Mio Leser verfolgen" Verdens Gang" im Netz und als gedruckte Ausgabe. Die Software, die die eingehenden Nachrichten ordnet, wird nun auch in Deutschland bei der "Saarbrücker Zeitung" getestet.
Wie man eine attraktive Lesergemeinschaft aufbauen kann, beweist die "Rheinische Post", die mit "Opinio" ein eigenes Portal für Lesereinsendungen geschaffen hat. 16.000 Beiträge verzeichnet die Seite und rund 2000 Leser haben sich bislang bei "Opinio" beteiligt, mit teils interessanten, oft aber auch recht banalen Einsendungen. Das Originelle des Konzepts ist: Die "Rheinische Post" veröffentlicht einmal pro Woche auch eine gedruckte Ausgabe als Beilage, nur bestehend aus Beiträgen der Leser.
Neben den neuen Ideen zur besseren Leserbindung steht bei Europas Zeitungsmachern noch immer die Frage nach der richtigen Größe der Zeitungen auf der Tageordnung. Dabei ist interessant, dass es von Land zu Land große Unterschiede gibt: Während es etwa in Spanien und Portugal ausschließlich Zeitungen im handlichen "Tabloid"-Format, also in U-Bahn-freundlicher Magazingröße gibt, erscheinen die überregionalen Zeitungen in Deutschland, ausschließlich im großen, so genannten "Broadsheet"-Format.
Im heiß umkämpfen britischen Zeitungsmarkt haben mittlerweile fast alle Zeitungen auf kleine Formate umgestellt. Der liberale "Guardian" etwa schrumpfte vor drei Jahren auf das "Berliner Format", einer mittlere Größe, die nach der "Berliner Zeitung" benannt ist.
Chefredakteur Alan Russbridger sagt, dass man bei der Umstellung habe aufpassen müssen, dass mit dem kleineren Format nicht auch eine reißerische Berichterstattung und Ausdünnung der redaktionellen Inhalte einhergehe:
"Das muss aber nicht unbedingt so sein, denn wenn Sie sich die spanischen Zeitungen "El Pais" oder "El Mundo" ansehen, dann sind das sehr ernstzunehmende Zeitungen, aber vielleicht sind die Kollegen dort nicht so sehr unter Druck, was den Verkauf am Kiosk betrifft. Was in Großbritannien passierte, war, dass die Umstellung auf das Tabloid-Format einherging mit reißerischen Titelbildern und mehr Sensationsjournalismus, und auch grafischen Mätzchen und ähnliches. Das verändert den Journalismus und das war einer der Gründe, warum wir uns nicht für das ganz kleine Tabloid-Format entschieden haben. "
Einer, der schon seit geraumer Zeit mehr Hintergrundberichterstattung von den Zeitungen einfordert, ist ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, ehemals Chefredakteur des Berliner Tagesspiegels und Seite-Drei-Chef der Süddeutschen Zeitung. Di Lorenzo fordert von seinen Kollegen "mehr Mut und mehr Kreativität", die selbstbezogene Arroganz vergangener Tage, wie es sie zum Teil auch bei der ZEIT gegeben habe, sei vorbei. Die ZEIT erlebe zwar einen deutlichen Auflagenzuwachs, dieser Erfolg sei aber nicht selbstverständlich.
"Ich glaube, es ist ein großes Bedürfnis da, nach Orientierung, nach Beständigkeit, nach Seriosität. Man muss aber sagen, dass generell der Trend dahin geht, dass eine hohe Zahl von Lesern sagt: Mir reicht unterhalb der Woche das Internet, das Radio und einmal die Woche leiste ich mir eine gute Zeitung. Davon profitieren wir ein bisschen, ich sage das durchaus mit Bedauern, denn ich finde es schade um jede Tageszeitung, die Leser verliert."
Besonders die jungen Leser, die mit Handy, Labtop und MP3-Player aufgewachsen sind, kehren sich vom Medium Zeitung ab. Sie erreicht man nur noch auf anderen Wegen, als den bisherigen. Gratiszeitungen, das Schreckgespenst für deutsche Verleger, kann für die Zeitungen nicht nur eine Bedrohung, sondern auch eine Chance sein. In der Schweiz kann man beobachten, wie kreativ ein Verlag mit der vermeintlichen Bedrohung umgehen kann.
"Le Matin", ein gehobenes Boulevardblatt aus Genf, leistet sich seit knapp einem Jahr eine zusätzliche Gratiszeitung namens "Le Matin Bleu". Das Gratisblatt ist deutlich dünner, enthält keine Meinungsbeiträge oder längere Reportagen, dafür aber Ausgehtipps, Fernsehprogramm etc. Das Gratisblatt erreicht täglich rund 200.000 zumeist junge Leser – der Kaufzeitung "Le Matin" hat das so gut wie gar nicht geschadet. "Gerade einmal dreitausend Exemplare weniger" verkaufe man, sagt stolz der "Le Matin" - Chefredakteur Peter Rothenbühler:
"Wir haben das nur gemacht, weil wir gesagt haben, wir sind der Platzhirsch in unserer Region; wenn einer aus Zürich oder aus Frankreich kommen sollte, und eine Gratiszeitung lancieren möchte, dann müssen wir zuerst sein. Wir können diesen Markt nicht einem anderen überlassen, und der kommt, der kommt überall. Weil: Es ist ein interessanter Markt und lustigerweise rekrutiert der wirklich eine neue Leserschaft, das sind alles die Kids von zehn bis 20. Und die lesen und kaufen keine andere Zeitung, vielleicht die Zeitung von Papa am Abend, aber sonst nicht, aber die stürzen sich auf die Gratiszeitung und das ist ein Phänomen. Es ist besser das zu beherrschen, als davon beherrscht zu werden. "
In Skandinavien, wo man Gratiszeitungen wie "Metro" schon seit Jahren kennt, setzen die Macher auf andere, innovative Konzepte der Leserbindung. Bei "Verdens Gang", einer Boulevardzeitung aus Oslo, nutzt man konsequent die neuen technischen Möglichkeiten. Die Redaktion fordert ihre Leser ausdrücklich dazu auf, ihre Fotos, Texte und SMS zu schicken. Mit einer eigens entwickelten Software speichert der Server die eingehenden Nachrichten und die Redakteure können später Interessantes heraussuchen.
Chefredakteur Torry Pedersen räumt ein, dass nicht jeden Tag wichtige Meldungen eingehen, aber: Der Tsunami, bei dem auch Norweger ums Leben kamen, sei ein Einschnitt gewesen. Bereits zehn Minuten danach standen auf der Internetseite von "Verdens Gang" die ersten Fotos. Der Erfolg des Konzepts gibt dem Blatt offenbar recht: Rund 1,2 Mio Leser verfolgen" Verdens Gang" im Netz und als gedruckte Ausgabe. Die Software, die die eingehenden Nachrichten ordnet, wird nun auch in Deutschland bei der "Saarbrücker Zeitung" getestet.
Wie man eine attraktive Lesergemeinschaft aufbauen kann, beweist die "Rheinische Post", die mit "Opinio" ein eigenes Portal für Lesereinsendungen geschaffen hat. 16.000 Beiträge verzeichnet die Seite und rund 2000 Leser haben sich bislang bei "Opinio" beteiligt, mit teils interessanten, oft aber auch recht banalen Einsendungen. Das Originelle des Konzepts ist: Die "Rheinische Post" veröffentlicht einmal pro Woche auch eine gedruckte Ausgabe als Beilage, nur bestehend aus Beiträgen der Leser.
Neben den neuen Ideen zur besseren Leserbindung steht bei Europas Zeitungsmachern noch immer die Frage nach der richtigen Größe der Zeitungen auf der Tageordnung. Dabei ist interessant, dass es von Land zu Land große Unterschiede gibt: Während es etwa in Spanien und Portugal ausschließlich Zeitungen im handlichen "Tabloid"-Format, also in U-Bahn-freundlicher Magazingröße gibt, erscheinen die überregionalen Zeitungen in Deutschland, ausschließlich im großen, so genannten "Broadsheet"-Format.
Im heiß umkämpfen britischen Zeitungsmarkt haben mittlerweile fast alle Zeitungen auf kleine Formate umgestellt. Der liberale "Guardian" etwa schrumpfte vor drei Jahren auf das "Berliner Format", einer mittlere Größe, die nach der "Berliner Zeitung" benannt ist.
Chefredakteur Alan Russbridger sagt, dass man bei der Umstellung habe aufpassen müssen, dass mit dem kleineren Format nicht auch eine reißerische Berichterstattung und Ausdünnung der redaktionellen Inhalte einhergehe:
"Das muss aber nicht unbedingt so sein, denn wenn Sie sich die spanischen Zeitungen "El Pais" oder "El Mundo" ansehen, dann sind das sehr ernstzunehmende Zeitungen, aber vielleicht sind die Kollegen dort nicht so sehr unter Druck, was den Verkauf am Kiosk betrifft. Was in Großbritannien passierte, war, dass die Umstellung auf das Tabloid-Format einherging mit reißerischen Titelbildern und mehr Sensationsjournalismus, und auch grafischen Mätzchen und ähnliches. Das verändert den Journalismus und das war einer der Gründe, warum wir uns nicht für das ganz kleine Tabloid-Format entschieden haben. "