Grippeviren spielen Hase und Igel mit dem menschlichen Immunsystem. Kaum haben die Abwehrzellen Antikörper gegen den aktuellen Grippestamm gebildet, schon kommt im nächsten Winter eine leicht veränderte Variante - und das Spiel geht von vorne los. Alle paar Jahrzehnte wird aus dem Igel in wahres Stacheltier. Dann wechselt ein Virus mit ganz neuer Oberfläche aus Enten, Hühnern oder Schweinen auf den Menschen, überrascht das Immunsystem und kann dann eine verheerende Pandemie auslösen. 1918 und in den Jahren danach starben an der Spanischen Grippe etwa 50 Millionen Menschen. Auch die Asiatische Grippe von 1957 und die Hong Kong Grippe von 1968 forderten Millionen Opfer. Die aktuelle Pandemie nimmt sich demgegenüber fast harmlos aus. Überraschenderweise konnte das Virus vor allem älteren Menschen wenig anhaben – für Forscher ein Rätsel. Die Lösung haben Ian Wilson vom The Scripps Research Institute in Kalifornien und parallel Wissenschaftler aus Maryland entdeckt. Sie liegt im Hämagglutinin, dem H in dem bekannten Kürzel H1N1. Mit diesem Bestandteil seiner Außenhaut bohrt sich das Virus ins Innere der Zellen. Überraschenderweise ähneln sich die Hämagglutinine der Schweinegrippe und der Spanischen Grippe. Ian Wilson im "Science"-Podcast.
"Zwar ist das Schweinegrippevirus Innen ganz anders zusammengesetzt, sein Hämagglutinin auf der Außenseite aber ähnelt dem der Grippe von 1918. Und eben dieses Hülleneiweiß wird von den menschlichen Antikörpern erkannt. Wenn ein älterer Mensch diesem Eiweiß also schon einmal begegnet ist, dann ist er gegen die aktuelle Schweinegrippe geschützt."
Der Erreger der Spanischen Grippe verschwand nicht einfach nach dem Winter 1918/1919. In abgeschwächter Form entwickelte er sich weiter im alten Hase-und-Igelspiel zwischen menschlichem Immunsystem und Virenevolution. Erst Ende der Fünfziger war das Potential der Spanischen Grippe ausgereizt. In die Lücke stieß ein Geflügelvirus. Mit einer ganz neuen Form des Hämagglutinins löste es die nächste Pandemie aus und zog als Asiatische Grippe um die Welt. In Tieren gibt es insgesamt 16 Hämagglutinintypen. Die Spanische Grippe war vom Typ H1, die Asiatische vom Typ H2 und die Hongkong Grippe vom Typ H3. Forscher hatten deshalb erwartet, dass nur ein neuer Typ eine Pandemie starten kann. Die Schweinegrippe belehrte sie eines besseren. Sie ist wie die Spanische Grippe vom Typ H1 und damit sozusagen die Rückkehr der Grippe von 1918. Wahrscheinlich konnte der Erreger in den Schweinen kaum verändert überdauern. Das Hase-und-Igelspiel zwischen Immunsystem und Virus gibt es nämlich nur in langlebigen Arten, wie dem Menschen. Schweine werden dagegen schnell geschlachtet, haben gar keine Gelegenheit einen umfassenden Immunschutz aufzubauen. Im Schwein gab es für die Viren keinen Druck, das Hämagglutinin von 1918 zu verändern. Als dann die Immunität der Menschen nachließ, bekamen Influenzaviren vom Typ H1 eine zweite Chance. Das hat die Forscher auf eine neue Impfstrategie gegen künftige Pandemien gebracht. Ian Wilson.
"Vielleicht könnte man gegen Typen impfen, die schon einmal eine Pandemie ausgelöst haben, und so eine breite Immunität auslösen."
Ein Blick in die Tiere zeigt, welche Influenzatypen in Wartestellung stehen. Solange sie den Sprung auf den Menschen nicht geschafft haben, verändern sie sich kaum, weil in den kurzlebigen Tieren das Hase-und-Igel-Spiel erst gar nicht in Gang kommt. Ein Impfstoff gegen diese Hämagglutinintypen könne also für längere Zeit vor einer neuen Pandemie schützen. Das zumindest ist die Theorie, was die Idee taugt, muss in nächster Zeit ausgelotet werden.
"Zwar ist das Schweinegrippevirus Innen ganz anders zusammengesetzt, sein Hämagglutinin auf der Außenseite aber ähnelt dem der Grippe von 1918. Und eben dieses Hülleneiweiß wird von den menschlichen Antikörpern erkannt. Wenn ein älterer Mensch diesem Eiweiß also schon einmal begegnet ist, dann ist er gegen die aktuelle Schweinegrippe geschützt."
Der Erreger der Spanischen Grippe verschwand nicht einfach nach dem Winter 1918/1919. In abgeschwächter Form entwickelte er sich weiter im alten Hase-und-Igelspiel zwischen menschlichem Immunsystem und Virenevolution. Erst Ende der Fünfziger war das Potential der Spanischen Grippe ausgereizt. In die Lücke stieß ein Geflügelvirus. Mit einer ganz neuen Form des Hämagglutinins löste es die nächste Pandemie aus und zog als Asiatische Grippe um die Welt. In Tieren gibt es insgesamt 16 Hämagglutinintypen. Die Spanische Grippe war vom Typ H1, die Asiatische vom Typ H2 und die Hongkong Grippe vom Typ H3. Forscher hatten deshalb erwartet, dass nur ein neuer Typ eine Pandemie starten kann. Die Schweinegrippe belehrte sie eines besseren. Sie ist wie die Spanische Grippe vom Typ H1 und damit sozusagen die Rückkehr der Grippe von 1918. Wahrscheinlich konnte der Erreger in den Schweinen kaum verändert überdauern. Das Hase-und-Igelspiel zwischen Immunsystem und Virus gibt es nämlich nur in langlebigen Arten, wie dem Menschen. Schweine werden dagegen schnell geschlachtet, haben gar keine Gelegenheit einen umfassenden Immunschutz aufzubauen. Im Schwein gab es für die Viren keinen Druck, das Hämagglutinin von 1918 zu verändern. Als dann die Immunität der Menschen nachließ, bekamen Influenzaviren vom Typ H1 eine zweite Chance. Das hat die Forscher auf eine neue Impfstrategie gegen künftige Pandemien gebracht. Ian Wilson.
"Vielleicht könnte man gegen Typen impfen, die schon einmal eine Pandemie ausgelöst haben, und so eine breite Immunität auslösen."
Ein Blick in die Tiere zeigt, welche Influenzatypen in Wartestellung stehen. Solange sie den Sprung auf den Menschen nicht geschafft haben, verändern sie sich kaum, weil in den kurzlebigen Tieren das Hase-und-Igel-Spiel erst gar nicht in Gang kommt. Ein Impfstoff gegen diese Hämagglutinintypen könne also für längere Zeit vor einer neuen Pandemie schützen. Das zumindest ist die Theorie, was die Idee taugt, muss in nächster Zeit ausgelotet werden.