Von einer gewaltigen Glasglocke, die das ganze Globalia überspannt, worunter man sich die westliche Welt vorstellen muss, erzählt Jean-Christophe Rufin in seinem futuristischen Abenteuerroman "Globalia". Gegen den Terrorismus, der aus den außerhalb liegenden Non-Zones droht, d. h. aus der heutigen dritten Welt, werden die neuen Menschen durch ein politisches Biotop geschützt, gesellschaftlich zusammengehalten werden sie von kollektiver Angst. Mit diesem Utopie-Modell endete, im so genannten Streitraum, das F.I.N.D- Festival.
Begonnen hatte es mit einer Utopie des Publizisten Mathias Greffrath, der in seinem Stück "Windows" von persönlichen Ökosphären sprach, die ein computergestütztes Haus seinen Einwohnern beschert. In persönlichen Profilen gespeicherte virtuelle Welten, Musik Raumtemperatur, die einen bei den Gängen durchs große Heim begleiten. Sei es Rufins Globalia-Glocke oder Greffraths virtuelle Cocons, die Menschen treten nicht mehr nackt und bloß in Erscheinung, sondern als Mittelpunkt von flirrenden Wolken, und sind selbstreferenzielle, also selbstbezügliche Systeme. Wenn immer von solchen Dingen in den Stücken des Festivals die Rede war, drohte dem Theater der Garaus der Mittel, musste es mit der Performance vorlieb nehmen. Da war Konzeptionelles im Spiel, Soziologie, die sich über die Wirklichkeit von Räumen Sorgen macht. Und deshalb war fast schon beruhigend zu beobachten, wie der Begegnungsraum des Journalisten Ian und des Mädchens Cate, in Ostermeiers Inszenierung von Sarah Kanes "Zerbombt" ganz anschaulich in die Luft fliegt und als Cocon - in diesem Fall ein luxuriöses Hotelzimmer - in Bombardement aufgelöst wird. Das geschieht, indem die Wände zur Decke emporfliegen und auf dem kahlen Boden nichts übrig bleibt als sehr theatralische Styroporstückchen.
Der Schutz- und Angstraum, in dem der kranke Journalist ein mitleidiges Mädchen vergewaltigt hat, ist verschwunden und nun wird er selbst, in einer Art endzeitlicher Tragödienstimmung griechischer Prägung von einem abgefuckten Soldaten vergewaltigt, geblendet, gefoltert. Zerbombt ist zweifellos eine Vivisektionen, mit der das Theater gegen die Auslöschung der Person im namenlosem Glück der künstlichen Biotope ankämpfen kann. Aber, bei Sarah Kane ist es die kriegerische, die mörderische Situation, in der so etwas wie eine Theaterfigur hergestellt wird. Übrigens hat Ostermeier in den beiden Teilen des Stücks eigentlich kaum mehr als einen Ton gefunden und das dramatische Umschlagen dem Bühnenbild überlassen.
Immer wieder kommt bei den szenischen Lesungen der Stücke aus u.a. aus Deutschland, Kanada, Argentinien und vor allem südostasiatischer Länder die Sorge auf, auch ausgearbeitete Inszenierungen könnten dann doch wieder nur die derzeitige Machtlosigkeit des Theaters offenbaren, seine Rolle als Abladeplatz für Formschlacken aus anderen audiovisuellen Künsten, vom Kino zum Comic-Strip. Wo die Stücke, und sei es nur in einer Art dramatischer Fingerübung wie der "Optic Trilogy" von Alfian Bin Sa'at aus Singapur, z.B. Mann und Frau als Figuren durchgängig entwickeln, bekommen die Akteure aus dem Schaubühnenensemble sofort Profil. Und einen offensichtlichen Spaß macht es ihnen, wenn sie die absurden Dialoge und Szenen in Rafael Spregelburds "Panik" spielerisch durchskizzieren. Der Argentinier hat in seinem fünften Teil seiner von Hieronymus Bosch inspirierten Heptalogie über die klassischen Todsünden einen alten Mythos mit zeitgenössischen Situationen erzählt.
Das Ergebnis ist eine Figurenreiche Allegorie um einen verlorenen Schlüssel. Dieser Spielspaß äußert sich in einem nervös-rapiden Umschlagen von Stimmungen, so wollten die Schaubühnenschauspieler ich Talent zum Vaudeville oder Schwank beweisen. Es zeigt sich auch in "Cheech oder die Männer von Chrysler sind in der Stadt" von François Létourneau. Der Frankokanadier erzählt in kurzen Szenen Momentsplitter eines verrückten Tages in der Welt der Hostessenservices und Prostitution. Wohnungen ändern ganz schnell ihre Funktion verwandeln sich, ein wenig winkt die alte Tür auf, Tür zu Komödie von ferne, das Spiel mit der Doppelexistenz und Doppelmoral, zwischen Wohlanständigkeit und Rotlichtmilieu. Etwas mehr in theatralischer- eins zu eins Übersetzung dringt zeitgenössische Wirklichkeit in Christoph Nussbaumeders
"Mit dem Gurkenflieger in die Südsee", und in das "Geisterschiff" der Italienerin Margareth Obexer. Da geht es um illegale Einwanderer, Havarie und Tod im südlichen Mittelmeer. Also auch um Flucht nach "Globalia" - unter die Wohlstandsglocke des Nordens. Über all dem, und über den Stücken von Find 5 liegt ein Hauch von Krieg. Das passte. Da die Schaubühne in den Find -Tagen stolz ihre Sarah-Kane-Reihe vollendete und nun alle fünf Stücke der englischen Dramatikerin im Programm hat, sie also quasi post-hum zur Hausautorin gemacht hat, war auch Find 5 ein bisschen ein Sarah Kane Festival, international reich garniert.
Begonnen hatte es mit einer Utopie des Publizisten Mathias Greffrath, der in seinem Stück "Windows" von persönlichen Ökosphären sprach, die ein computergestütztes Haus seinen Einwohnern beschert. In persönlichen Profilen gespeicherte virtuelle Welten, Musik Raumtemperatur, die einen bei den Gängen durchs große Heim begleiten. Sei es Rufins Globalia-Glocke oder Greffraths virtuelle Cocons, die Menschen treten nicht mehr nackt und bloß in Erscheinung, sondern als Mittelpunkt von flirrenden Wolken, und sind selbstreferenzielle, also selbstbezügliche Systeme. Wenn immer von solchen Dingen in den Stücken des Festivals die Rede war, drohte dem Theater der Garaus der Mittel, musste es mit der Performance vorlieb nehmen. Da war Konzeptionelles im Spiel, Soziologie, die sich über die Wirklichkeit von Räumen Sorgen macht. Und deshalb war fast schon beruhigend zu beobachten, wie der Begegnungsraum des Journalisten Ian und des Mädchens Cate, in Ostermeiers Inszenierung von Sarah Kanes "Zerbombt" ganz anschaulich in die Luft fliegt und als Cocon - in diesem Fall ein luxuriöses Hotelzimmer - in Bombardement aufgelöst wird. Das geschieht, indem die Wände zur Decke emporfliegen und auf dem kahlen Boden nichts übrig bleibt als sehr theatralische Styroporstückchen.
Der Schutz- und Angstraum, in dem der kranke Journalist ein mitleidiges Mädchen vergewaltigt hat, ist verschwunden und nun wird er selbst, in einer Art endzeitlicher Tragödienstimmung griechischer Prägung von einem abgefuckten Soldaten vergewaltigt, geblendet, gefoltert. Zerbombt ist zweifellos eine Vivisektionen, mit der das Theater gegen die Auslöschung der Person im namenlosem Glück der künstlichen Biotope ankämpfen kann. Aber, bei Sarah Kane ist es die kriegerische, die mörderische Situation, in der so etwas wie eine Theaterfigur hergestellt wird. Übrigens hat Ostermeier in den beiden Teilen des Stücks eigentlich kaum mehr als einen Ton gefunden und das dramatische Umschlagen dem Bühnenbild überlassen.
Immer wieder kommt bei den szenischen Lesungen der Stücke aus u.a. aus Deutschland, Kanada, Argentinien und vor allem südostasiatischer Länder die Sorge auf, auch ausgearbeitete Inszenierungen könnten dann doch wieder nur die derzeitige Machtlosigkeit des Theaters offenbaren, seine Rolle als Abladeplatz für Formschlacken aus anderen audiovisuellen Künsten, vom Kino zum Comic-Strip. Wo die Stücke, und sei es nur in einer Art dramatischer Fingerübung wie der "Optic Trilogy" von Alfian Bin Sa'at aus Singapur, z.B. Mann und Frau als Figuren durchgängig entwickeln, bekommen die Akteure aus dem Schaubühnenensemble sofort Profil. Und einen offensichtlichen Spaß macht es ihnen, wenn sie die absurden Dialoge und Szenen in Rafael Spregelburds "Panik" spielerisch durchskizzieren. Der Argentinier hat in seinem fünften Teil seiner von Hieronymus Bosch inspirierten Heptalogie über die klassischen Todsünden einen alten Mythos mit zeitgenössischen Situationen erzählt.
Das Ergebnis ist eine Figurenreiche Allegorie um einen verlorenen Schlüssel. Dieser Spielspaß äußert sich in einem nervös-rapiden Umschlagen von Stimmungen, so wollten die Schaubühnenschauspieler ich Talent zum Vaudeville oder Schwank beweisen. Es zeigt sich auch in "Cheech oder die Männer von Chrysler sind in der Stadt" von François Létourneau. Der Frankokanadier erzählt in kurzen Szenen Momentsplitter eines verrückten Tages in der Welt der Hostessenservices und Prostitution. Wohnungen ändern ganz schnell ihre Funktion verwandeln sich, ein wenig winkt die alte Tür auf, Tür zu Komödie von ferne, das Spiel mit der Doppelexistenz und Doppelmoral, zwischen Wohlanständigkeit und Rotlichtmilieu. Etwas mehr in theatralischer- eins zu eins Übersetzung dringt zeitgenössische Wirklichkeit in Christoph Nussbaumeders
"Mit dem Gurkenflieger in die Südsee", und in das "Geisterschiff" der Italienerin Margareth Obexer. Da geht es um illegale Einwanderer, Havarie und Tod im südlichen Mittelmeer. Also auch um Flucht nach "Globalia" - unter die Wohlstandsglocke des Nordens. Über all dem, und über den Stücken von Find 5 liegt ein Hauch von Krieg. Das passte. Da die Schaubühne in den Find -Tagen stolz ihre Sarah-Kane-Reihe vollendete und nun alle fünf Stücke der englischen Dramatikerin im Programm hat, sie also quasi post-hum zur Hausautorin gemacht hat, war auch Find 5 ein bisschen ein Sarah Kane Festival, international reich garniert.