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Neue Käfer hat das Land

Eine neue Art von Käfern kommt zu uns. Seit einigen Jahren breitet sich der Asiatische Marienkäfer aus. Bei genauerem Hinsehen unterscheidet er sich deutlich von dem bekannten Exemplar, wie Professor Michael Schmitt, Käferexperte im Zoologischen Forschungsmuseum König in Bonn, erklärt.

Von Mechthild Kevenhörster |
    "Also, ich habe den Asiatischen Marienkäfer zum ersten Mal im Herbst 2002 selbst gesehen, und zwar hier im Park des Museums an der Giebelwand vom Käferhaus an einem sonnigen Herbsttag. Dutzende von Käfern, die ich vorher noch nie gesehen habe, an der Wand. Augenscheinlich nur, um sich zu sonnen."

    Der asiatische Marienkäfer ist etwas größer als der bei uns häufig anzutreffende Sieben- oder Zwei-Punkt-Marienkäfer. Der neue Siedler trägt in der Regel 19 Punkte auf seinen Flügeldecken, einen gelblichen Kopf sowie eine schwarze M-Zeichnung und entpuppt sich als ein munterer Vielfraß, so Dr. Reiner Schrage von der Landwirtschaftskammer Bonn:

    "Der asiatische Marienkäfer ist etwas aktiver , etwas reger, frisst mehr als unser heimischer Marienkäfer, es wird von 200 bis 300 Blattläusen pro Tag berichtet, er hat auch eine höhere Vermehrungsrate und ist also im Ganzen etwas aggressiver, sagen wir mal."

    In den USA wurde der asiatische Marienkäfer schon in den 60er Jahren zur biologischen Blattlausbekämpfung in Gewächshäusern und Gärtnereinen eingesetzt, um den Gebrauch von Pestiziden zu reduzieren. Seit etwa zehn Jahren setzte man ihn auch vermehrt in deutschen Gewächshäusern und Gärtnereien als chemiefreien Blattlausvertilger ein. Der asiatische Marienkäfer erwies sich als außerordentlich widerstandsfähig, schaffte es, über den Winter zu kommen und vermehrte sich fleißig:

    "Der asiatische Marienkäfer ist seit 2001 im Westen von Deutschland belegt, und seither hat er sich ausgebreitet und ist heute in ganz Deutschland zu finden, je weiter man nach Osten kommt, um so seltener, aber er ist dieses Jahr aus Berlin gemeldet worden. Man kann davon ausgehen, dass er demnächst noch weiter nach Osten auswandert."

    Der konkurrenzlos gefräßige Marienkäfer frisst nicht nur Blattläuse. Auch weichhäutige Nützlinge wie Schmetterlingslarven und selbst Marienkäferlarven stehen auf seinem Speiseplan. Das schreckt Gärtner und Experten gleichermaßen auf, die fürchten, dass der Marienkäfer die einheimischen Arten verdrängen könnte. Prof. Dr. Schmitt wagt eine Prognose:

    "Die Gefahr, dass der asiatische Marienkäfer den einheimischen Marienkäfer verdrängt, halte ich für relativ gering. Es ist nicht ganz auszuschließen. Aber da die Einheimischen keine Spezialisten sind, und es Blattläuse in rauen Mengen gibt, glaube ich nicht , dass das Nahrungsangebot ein begrenzender Faktor ist und dass daher ein zusätzlicher blattlausfressender Marienkäfer den Einheimischen gefährlich werden könnte. Da er aber auch nachgewiesenermaßen die Larven der Einheimischen frisst, ist nicht auszuschließen, dass er die Einheimischen langfristig dezimiert. Es gibt allerdings dafür aus dem Freiland noch keine Belege. Ich denke, es werden sich natürliche Kontrollelemente entwickeln, einerseits, indem ursprüngliche natürliche Feinde aus dem ursprünglichen Verbreitungsgebiet hierher kommen, zum anderen, indem die einheimischen Käfer sich einstellen und Gegenstrategien entwickeln."

    Neuer Glücksbringer oder Verdränger der heimischen Marienkäferarten? Die Experten sind noch zurückhaltend bei der Bewertung des Asiatischen Marienkäfers und seiner Rolle innerhalb der heimischen Fauna. Die Entwicklung der Populationen bleibt weiter abzuwarten. Dr. Schrage von der Landwirtschaftskammer Bonn sieht den Marienkäfer hinsichtlich des Pflanzenschutzes zunächst mal ganz pragmatisch:

    "Das ist immer die Befürchtung, dass alles, was nicht heimisch ist, andere Arten verdrängt. Also als allererstes Mal, es ist ein Maienkäfer, und er ist nützlich, und er vertilgt die Blattläuse, also ein Nützling, nichts, was schädlich ist."

    Eins ist sicher, der Asiatische Marienkäfer wird Deutschland nicht mehr verlassen und im Blattlausfressen ist er der Größte. Jetzt macht er zunächst einmal eine Fresspause. In diesen Herbsttagen findet man ihn hier und da in großer Ansammlung in Häusern, in einer Garage oder in Fensterrahmen. Immer wieder wenden sich in diesen Tagen überraschte Hausbesitzer an die Experten, um zu erfahren, ob die Tiere Schaden anrichten, dabei sind sie nur harmlose Gäste auf Zeit, so Prof. Dr. Schmitt:

    "Dass sie in die Häuser eindringen, das ist zu beobachten, aber sie wollen überhaupt nichts von uns, sie wollen nicht essen, was wir essen, sie wollen auch nicht unsere Balken und Dachstühle essen, sie wollen nur überwintern. Und das heißt, im Frühjahr verlassen sie uns wieder. Es bleibt nichts zurück. Nicht einmal Kot."