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Neue Konzepte gegen Naturkatastrophen

Hochwasser ist unberechenbar und niemand weiß, wann Starkregen oder Schneeschmelze die Flüsse das nächste mal gefährlich ansteigen lassen. Meterhohe Deiche oder Mauern wären sicher der beste technische Schutz gegen Hochwasser, aber wer will schon immer auf den Deich gucken, wenn er am Wasser lebt und welcher Bürgermeister kann es verantworten eine historische Altstadt zu verbarrikadieren? Die Lösung sind deshalb mobile Schutzanlagen, die nur im Ernstfall zum Einsatz kommen und wieder abgebaut werden können, wenn das Wasser gesunken ist. Da solche Systeme aber auch erst aufgebaut werden müssen, ist es nötig rechtzeitig zu wissen, wann das Wasser ansteigt. Selbst wenn die Zeit zwischen Hochwasserwarnung und Flutwelle nicht mehr für den Aufbau solcher mobilen Schutzanlagen ausreicht, hält Dr. Elimar Precht von der Firma DHI Wasser und Umwelt solche Warnsysteme für unabdingbar:

Von Wolfgang Nitschke |
    Diese nach der Flutwelle neu entstandene Inseln waren zuvor Teil der Provinzhauptstadt  Banda Aceh in Indonesien
    Diese nach der Flutwelle neu entstandene Inseln waren zuvor Teil der Provinzhauptstadt Banda Aceh in Indonesien (AP)
    Man kann sich vorbereiten, in dem man zum Beispiel Hochwasservorhersagemodelle aufbaut, die dann auf Grund von Niederschlags-Messungen durch Radar oder durch klassische Messung, die Wasserstände vorhersagen und die Hochwasser vorhersagen, sodass man rechtzeitig Warnungen aussprechen kann. Und oft reicht es ja, wenn man ein paar Stunden vorher weiß, dass ein Hochwasser kommt, sodass die Leute ihr bewegliches Eigentum in andere Stockwerke tragen können oder ihre Autos woanders hinfahren können. Dadurch kann man schon große Verminderung der Schäden erreichen.

    Hochwasser gibt es aber nicht nur an Rhein, Donau und Oder – auch an den Küsten der Meere. Sturmfluten jedoch lassen sich schon heute gut vorhersagen. Dr. Guido Wolz vom Deutschen Wetterdienst:

    Bei einer Sturmflut zu sind die Warnmöglichkeiten deutlich besser, als vielleicht im Sommer, wo man es mit Unwettern und Gewittern zu tun hat, die kleinräumig und kurzfristig auftreten und sehr plötzlich auch auftreten können. Während natürlich Sturmfluten sich in einem räumlichen und auch zeitlichen Scale abspielen, der einfach auch größer ist und man da schon mehrere Tage vorher Indizien hat, dass so eine Lage kommen könnte. Natürlich verfestigt sich das dann mit zunehmender Dauer zum Ereignis immer präziser und genauer dann auch.

    Eine Flutwelle wie in Südostasien – also einen Tsunami – müssen die Deutschen aber nicht befürchten. Noch einmal Elimar Precht von der Firma DHI Wasser und Umwelt:

    Die Nordsee und die Ostsee sind einmal tektonisch stabil. Das heißt, wir werden dort keine Erdbeben haben in der Stärke, um eine derartige Flutwelle hervorzurufen. Vorstellbar wäre, dass größere Rutsche zu Flutwellen führen, aber auch dort ist es so, dass die Nordsee zu flach ist, als dass sie sich ausbreiten könnte und die Energie würde vorher verpuffen. Natürlich ist der Küstenschutz auch jetzt wieder mehr in das Zentrum der Wahrnehmung gerückt durch diese Katastrophe dort unten.

    Gleichwohl kann auch Europa vor ähnlichen Katastrophen heimgesucht werden. Beispielsweise durch Erdrutsche tief am Meeresboden vor den Kanarischen Inseln oder Erdbeben am Grunde des Mittelmeeres:

    Am Mittelmeer sind Tsunamis theoretisch vorstellbar, weil es ist ein tektonisch aktives Gebiet. Aber mir ist persönlich nicht bekannt, dass es in historischer Zeit vorgekommen wäre.

    Flutwellen durch Seebeben sind nämlich tatsächlich eher selten. Und bei aller Sorge und Anteilnahme für die Opfer des Tsunamis in Südostasien sollte man nicht vergessen, dass in Asien fast in jedem Jahr verheerende Hochwasser durch Wirbelstürme entstehen. 1991 forderte eine Flutwelle 150.000 Todesopfer in Bangla Desh – es waren aber keine Touristen darunter. Und deshalb war das Thema nach wenigen Tagen wieder aus Zeitungen, Fernsehen und Hörfunk verschwunden. Solche Hochwasser wird es aber auch in Zukunft öfter geben als Tsunamis – Wasser ist und bleibt nämlich ein gefährliches und unberechenbares Element.