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Neue Landebahn in Frankfurt

Das größte deutsche Luftdrehkreuz wird noch größer: Heute geht die neue Landebahn des Frankfurter Flughafens in Betrieb - allerdings nicht, wie vom Betreiber vehement gefordert, rund um die Uhr.

Von Ludger Fittkau | 21.10.2011
    "Ich wohne in Mainz-Lerchenberg, bin selbst Fluglärmbetroffener, heute Morgen schon um fünf Uhr geweckt worden, das geht bei schönem Wetter immer so, oft auch die ganze Nacht durch."

    "So ist es immer und zwar zwei-dreimal pro Minute. Und nicht etwa pro Stunde, das geht im Sommer "Brumm, Brumm"

    Die Brummer im Luftraum über Mainz werden ab heute noch mehr werden. Bis zu 50 Prozent wird die Zahl der Flugbewegungen mit der heutigen Inbetriebnahme der Nord-West-Landebahn am Frankfurter Flughafen zunehmen. Und damit auch der Fluglärm. Das konnten alle Proteste gegen den Flughafenausbau nicht verhindern.

    Es gibt jedoch etwas, dass Gegner wie Befürworter der neuen Nord-Westlandebahn als Erfolg betrachten: Dass es nicht, wie noch bei den Protesten gegen die Startbahn-West 1987, Tote gab. Damals waren aus einer Demonstration heraus zwei Polizisten mit einer zuvor geraubten Polizeiwaffe erschossen worden. Dass es beim Bau der Nord-West-Landebahn in den letzten Jahren keine gewaltsamen Auseinandersetzungen gab, ist vor allem dem sogenannten "Mediationsverfahren" zum Flughafenausbau zu verdanken. Angeregt von der Hessischen Landesregierung trafen sich seit 1998 Flughafenbefürworter und -gegner um auszuloten, unter welchen Bedingungen ein Ausbau des Flughafens überhaupt denkbar wäre. Das Ergebnis waren Verpflichtungen für Lärmschutzmaßnahmen im Flughafenumfeld und vor allem die sogenannte "Mediationsnacht" – ein Verbot planmäßiger Flüge zwischen 23 Uhr und 5 Uhr morgens für alle Start- und Landebahnen auf dem Rhein-Main-Flughafen.

    Auf Druck der Fluggesellschaften genehmigte die hessische Landesregierung zwar schließlich dennoch 17 Nachtflüge. Doch vor wenigen Wochen kippte der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel diese Regelung wieder und erließ ein komplettes Nachtflugverbot, über das nun im Frühjahr 2012 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig abschließend zu entscheiden hat.

    Auch wenn die sogenannte "Mediationsnacht" zwischen 23 Uhr und 5 Uhr vor Gericht bestätigt wird, sie bleibt umstritten. Beim "Fluglärmkirchentag" in Mainz, eine der vielen Protestveranstaltungen der letzten Tage im Rhein-Main-Gebiet, äußerte sich etwa Katrin Eder, die grüne Umweltdezernentin der Stadt Mainz, kritisch zu einer allzu kurzen Nachtruhe.

    "Es wird geredet, auch von politischer Seite über die sogenannte Mediationsnacht von 23 Uhr bis 5 Uhr. Wann gehen den Kinder ins Bett? Doch nicht erst um 23 Uhr. Und das ist die Absurdität. Wir haben die gesetzliche Nachruhe von 22-6 Uhr eigentlich eingefordert, aber wir haben ja jetzt durch das Urteil beim VGH in Hessen mitbekommen, es ist wieder nur die 23 Uhr bis 5 Uhr. Das freut uns schon. Aber ob das das Ende vom Lied ist und ob das über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hinaus bestand hat, das wissen wir heute noch nicht."

    Das Land Rheinland-Pfalz kritisiert vor allem die Ost-West-Ausrichtung der neuen Landebahn. Diese belastet die Städte und Gemeinden im rheinland-pfälzischen Teil des Rhein-Main-Gebietes besonders stark, so Ministerpräsident Kurt Beck, SPD.

    "Dass dann die Landebahn anders gedreht worden ist, als im Mediationsverfahren zugesagt worden war, war ein erster unfreundlicher Akt, der zusätzlich in diese Region Rheinhessens hinein Fluglärm trägt, der vorher nicht da war, der bei einer anderen Ausrichtung der Landebahn vermeidbar gewesen wäre".

    An der Ausrichtung der Landebahn ist nun nichts mehr zu ändern, doch ein Nachflugverbot ist auch für die rheinland-pfälzische Landesregierung unverzichtbar. Deswegen werden zahlreiche Regierungsmitglieder morgen an der Demonstration in Mainz teilnehmen, die unter dem Motto steht "Stille Nacht". Mindestens 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden erwartet.