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Neue Produkte im Fairen Handel

In Deutschland ist Fairer Handel vor allem durch Kaffee bekannt, Kakao und Tee und so weiter. Wir möchten aber, dass Fair Trade ein Lebensstil wird.

    Luuk Zonneveld, Direktor des internationalen Dachverbandes des Fairen Handels, FLO (Fairtrade Labelling Organizations) mit Sitz in Bonn, gibt sich derzeit äußerst optimistisch. Von der millionenschweren Finanzspritze für den Fairen Handel, die die Bundesregierung angekündigt hat, erhofft Zonneveld sich durchschlagende Wirkung. Denn erstmals seit vielen Jahren sollen neue Produkte auf dem fairen deutschen Markt angeboten werden. Dabei könnte Reis eine wichtige Rolle spielen. Der Dachverband FLO prüft im Vorfeld, ob eine Neueinführung machbar ist, legt die Standards für das Label "fair gehandelt" fest und führt die Zertifizierung bei den Produzenten durch:

    Reisanbau ist natürlich in Asien eine der wichtigsten Möglichkeiten für ärmste Leute, was zu verdienen, und wenn wir Reis auf eine gute Art und Weise auf den deutschen Markt bringen könnten, würde das Hunderttausenden von Leuten potenziell helfen. Das Problem aber bei Reis ist, dass die Kleinstbauern öfters schlecht organisiert sind, das sind meistens so informelle Zusammenschlüsse in Dörfern, die ihren Reis dann informell entweder individuell oder gemeinsam dann an irgendwelche Aufkäufer verkaufen.

    Abhängigkeit von Aufkäufern, mangelnde Eigenorganisation und dadurch eine schlechtere Verhandlungsposition der Kleinbauern – genau das will der Faire Handel ändern:

    Es geht ja nicht nur, den Bauern einen fairen Preis zu geben. Fairer Handel ist auch, richtig Entwicklung zu ermöglichen und auch auf englisch gesagt: Empowerment, Verstärkung deren Strukturen, Verstärkung deren Verhandlungsmöglichkeiten. Und wir möchten gerne auch einen Teil dieser Gelder dazu benutzen, um die Arbeit vor Ort, die Bauern zu unterstützen bei der Organisation. Zu unterstützen, dass die auf gleichwertiger Ebene verhandeln können mit ihrem Reisaufkäufer. Das ist ein wesentlicher Bestandteil des Fairen Handels. Wichtig ist dabei vor allem, dafür zu sorgen, dass die irgendwann so stark sind, dass die auf dem normalen Markt auch als gleichberechtigte Handelspartner agieren können.

    Doch nicht nur fairen Reis sollte es demnächst in deutschen Supermärkten geben. Auch die Hoffnung auf Wiedereinführung der Banane mit dem TransFair-Siegel keimt auf. Die hatte es in Deutschland 1998 schon einmal gegeben – doch dann musste das Experiment aufgrund von Lieferschwierigkeiten eingestellt werden. Grund dafür unter anderem: ein verheerender Hurrikan im karibischen Exportland Dominikanische Republik. Bisher vermarktet lediglich die Initiative BananaFair die krummen fairen Dinger in Deutschland – allerdings in geringerem Umfang und ohne TransFair-Siegel. Diese Bananen von Kleinbauern aus Ecuador sind in Weltläden, Bioläden und bei einigen Bio-Großhändlern erhältlich. Nach Ansicht von Dieter Overath, Geschäftsführer der Siegel-Initiative TransFair sind aber jetzt die Voraussetzungen günstig, die faire Banane auch flächendeckend in Supermärkten einzuführen:

    Wir sind jetzt, wie man so schön neudeutsch sagt, besser aufgestellt, sprich, dass aus anderen Ländern, aus Ecuador, aus Kolumbien, aus Peru zusätzlich zur Dominikanischen Republik Fair Trade-Bananen bezogen werden können, und wir können dem Handel jetzt eine höhere Liefersicherheit anbieten, indem wir ja aus mehr Ländern Fair Trade-Bananen bekommen können.

    Ein weiteres Novum: Auch faire Produkte aus dem Non-Food-Bereich könnten demnächst in bundesdeutschen Supermarkt-Regalen landen, wie zum Beispiel Textilien, Fußbälle, Kinderspielzeug – ebenfalls gefördert mit Geldern aus dem Entwicklungsministerium. In anderen Ländern gibt es eine derartige Unterstützung für den Fairen Handel von Regierungsseite schon länger – wie etwa in der Schweiz. Und dort, wie auch in anderen europäischen Nachbarländern, ist der faire Marktanteil eindeutig höher. Er beträgt in der Schweiz beim Kaffee zum Beispiel fünf Prozent, in Großbritannien und Holland jeweils drei Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt der Marktanteil von fair gehandeltem Kaffee nur ein bis zwei Prozent. Aber vielleicht könnte die neue Kampagne für den Fairen Handel in Deutschland schon bald Schweizer Verhältnisse schaffen? Leider nicht ganz so schnell, vermutet TransFair-Geschäftsführer Dieter Overath:

    In der Schweiz gibt es nicht so den Discount. Es gibt dort nicht die Billigmanie, was es dort gibt, sind zwei große Handelsketten, die sich einen Wettkampf um Öko und Ethik liefern und von sich aus unsere Schwesterorganisation bitten, doch Blumen, doch Wein und Nüsse und die Produkte in Fair Trade-Qualität zu liefern. Davon sind Metro, REWE, EDEKA, Spar, Tengelmann und andere Ketten sehr weit entfernt. Und es macht uns immer noch große Mühe, diese Handelsketten zu begeistern, die alle ein Stück dieser Billigmanie nachhängen, und Lebensmittel in Deutschland werden eben in vielen Punkten zu deutlich niedrigeren Preisen angeboten, wie eben in der Schweiz.