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Neue Regierung in Südafrika
Zwischen Kompromissen und Erneuerung

Kaum im Amt hat Südafrikas neuer Präsident angekündigt, die Regierung umzubilden und mit dem korrupten System von Ex-Präsident Jacob Zuma aufzuräumen. Die Nominierung des umstrittenen David Mabuza zum Vize-Präsidenten sorgte bei vielen Südafrikanern aber für Unverständnis.

Von Jan-Philippe Schlüter | 03.03.2018
    Ramaphosa steht lachend vor einem Mikrofon im Parlament und hält seine Brille in den Händen.
    Ein Mann der Tat: Kaum im Amt hat der neue südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa eine umfassende Kabinettsumbildung durchgezogen (Mike Hutchings / Reuters / dpa)
    Man kann Cyril Ramaphosa eines nicht vorwerfen: Müßiggang. Nur einen Tag nach der Vereidigung als fünfter Präsident des demokratischen Südafrika hat er schon die Rede zur Lage der Nation gehalten. Danach hat er dafür gesorgt, dass ein Staatshaushalt mit einigen Härten präsentiert wird. Dazwischen hat er noch Zeit gefunden, morgens an der Meerespromenade Kapstadts joggen zu gehen und mit entzückten Südafrikanern Selfies zu machen. Um wenig später eine umfassende Kabinettsumbildung durchzuziehen, von der nicht weniger als 34 Ministerinnen und Minister betroffen waren.
    Spätestens die allerdings hat manchen Südafrikaner aus dem Himmel der "Ramaphorie" auf den harten Boden der Realpolitik zurückgebracht.
    Zehn Minister gefeuert
    "Ich habe beschlossen, einige Veränderungen in der Regierung vorzunehmen. So soll sichergestellt werden, dass die Regierung besser vorbereitet ist, um unsere politischen Pläne umzusetzen."
    Einige dieser Veränderungen sind von den Südafrikanern positiv aufgenommen worden. So hat Ramaphosa zehn Minister gefeuert, die als Zuma-Günstlinge galten. Auch hat er anerkannte Fachleute wie die von Zuma geschassten Ex-Finanzminister Pravin Gordhan und Nhlanhla Nene zurück ins Kabinett geholt.
    Aber Ramphosa hat auch einige Entscheidungen getroffen, die für Unverständnis gesorgt haben. Mehrere skandalumtoste Kabinettsmitglieder wurden lediglich in andere Resorts versetzt. Am Unbegreiflichsten scheint vielen aber die Nominierung von David Mabuza zum Vize-Präsidenten Südafrikas.
    Vorwürfe gegen den Vize-Präsidenten
    Der Premier der Provinz Mpumalanga gilt als einer der entscheidenden Strippenzieher im Hintergrund, die Präsident Ramaphosa ins Amt gebracht haben. Allerdings begleiten zahlreiche Skandale Mabuzas politischen Aufstieg - von Korruption über Vetternwirtschaft bis hin zu politisch motivierten Morden. Vorwürfe, die er rundherum abstreitet.
    "Ich muss nichts richtigstellen. Ich stehe nicht über dem Gesetz. Wenn ich irgendwas falsch gemacht habe, dann wird die Justiz ihre Arbeit machen. Es ergibt wirklich keinen Sinn, irgendwelche Gerüchte und Vorwürfe zu diskutieren."
    Und in der Tat: Angeklagt wurde Mabuza noch nie. Sein Spitzname lautet "die Katze". Eine Anspielung auf seine zahlreichen politischen Leben.
    Diese halb gare Kabinettsumbildung hat an Ramaphosas Image als Erneurer gekratzt. Aber so ist eben die Realpolitik in Südafrikas Regierungspartei ANC, sagt Politikanalyst Livhuwani Ndou.
    "Das ist ja nicht nur Ramaphosas Kabinett. Da spielen auch innerparteiliche Dynamiken mit rein, es geht um die Geschlossenheit des ANC. Man will auch verbündete Parteien zufriedenstellen. So ist diese Kabinettsumbildung zu erklären."
    Erhofftes Ende von Korruption und Vetternwirtschaft
    Ramaphosas Gratwanderung hat viel mit den Mehrheitsverhältnissen im ANC zu tun. Der neue Präsident will mit dem korrupten System Zuma aufräumen. Allerdings ist er nur hauchdünn zum Parteivorsitzenden gewählt worden. Die Zuma-Günstlinge haben noch viel Einfluss und sträuben sich gegen den Verlust ihrer Privilegien.
    Südafrikas Präsident Jacob Zuma bei einer Ansprache an die Nation am 14. Februar 2018.
    Südafrikas Präsident Jacob Zuma trat zurück - nicht ganz freiwillig (AFP / Phill Magakoe)
    Und so hat Ramaphosa viele Südafrikaner ernüchtert zurückgelassen, wie die Politikwissenschaftlerin Busisiwe Khaba.
    "Ich hatte große Veränderungen erwartet. Aber das war eine vergebene Möglichkeit. Es widerspricht dem, was Ramaphosa mit einem 'Neubeginn' versprochen hat. Das ist ziemlich enttäuschend."
    Landenteignung - ein konflikträchtiges Thema
    Und Ramaphosa hat noch ein weiteres brisantes Thema zu moderieren: Landenteignungen. Etwa drei Viertel des landwirtschaftlich nutzbaren Landes in Südafrika sind auch rund 25 Jahre nach Ende der Rassentrennung noch in der Hand der weißen Minderheit. Viele Schwarze wünschen sich eine Landreform, die Gerechtigkeit bringt. Weil in dieser Hinsicht aber kaum etwas passiert ist, haben populistische Stimmen gerade Hochkonjunktur. Wie die von Julius Malema, Chef der links-populistischen Partei "Kämpfer für wirtschaftliche Freiheit", EFF:
    "Die Zeit der Versöhnung ist vorbei. Jetzt ist es Zeit für Gerechtigkeit. Unser Volk will sein Land zurück, in dem seine Würde wurzelt. Um dauerhaften Frieden, Sicherheit und Gerechtigkeit zu erreichen, muss Land ohne Entschädigung enteignet und gleichmäßig verteilt werden."
    Der ANC hat sich im Parlament einem EFF-Antrag angeschlossen. Eine Verfassungsänderung soll nun geprüft werden.
    Für Südafrikas vornehmlich weiße kommerzielle Großfarmer ist das ein rotes Tuch. Ihr Dachverband AgriSA kritisiert: Das Recht auf Eigentum dürfe nicht ausgehöhlt werden. Die Landreform sei nicht an der Verfassung gescheitert, sondern an mangelnden Ressourcen und fehlendem politischem Willen in der Regierung.
    "Kein Grund für Panik und Kriegsgeheul"
    Auch hier ist Präsident Ramaphosa zu einem Eiertanz gezwungen: Einerseits betont er, die Entscheidung seiner Partei und des Parlaments sei notwendig, um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Auf der anderen Seite aber fordert er, Enteignungen dürften weder die landwirtschaftliche Produktivität gefährden noch die Ernährungssicherheit im Land. Damit erschwert er geschickt mögliche Enteignungen - denn nur die technologisch auf Effizienz getrimmten landwirtschaftlichen Großbetriebe können das momentan garantieren. Und die gehören meist Weißen.
    Und so gab sich Ramaphosa in dieser Woche bei einer Rede trotz des emotional aufgeladenen heiklen Problems ganz entspannt.
    "Es gibt keinen Grund für Panik und Kriegsgeheul. Wir werden dieses Thema durch Dialog und Diskussionen angehen. Bis wir gute Lösungen finden, die unser Land voranbringen."