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Neue Schnittstellen zwischen Mensch und Computer

Als Woodstock der angewandten Informatik wird die alljährlich in den USA stattfindende CHI-Konferenz bezeichnet, auf der neueste Entwicklungen bei den Benutzerschnittstellen zwischen Mensch und Computer diskutiert werden. In der vergangenen Woche kamen dazu rund 2500 Experten nach Pittsburgh. Vorgestellt wurden unter anderem Technologien, die Behinderten die Nutzung von Computern ermöglichen sowie Weiterentwicklungen bestehender Konferenzsysteme mit Hilfe von Virtueller Realität.

Peter Welchering, Michael Pieper |
    Personal Computer mit ihren Tastaturen und Bildschirmen werden den Anforderungen des Medienzeitalters nicht mehr gerecht. Sie werden deshalb bald ausgedient haben, glauben viele Teilnehmer der Konferenz für das "Computer Human Interface" in Pittsburgh. An Stelle der etablierten Ein- und Ausgabegeräte könnten interaktive Räume treten. Einen Prototyp zeigte das Forschungszentrum Informationstechnik aus St. Augustin bei Bonn. Hier wurde ein System entwickelt, mit dem ein vom Nacken abwärts gelähmter Bettlägeriger Texte schreiben kann. Dr. Michael Pieper, der das System auf der CHI-Konferenz vorstellte, erläutert: "Die grafische Benutzeroberfläche eines Textverarbeitungssystems wird auf die Zimmerdecke projiziert, der Endbenutzer verfaßt im Dialog mit der Zimmerdecke über seinem Bett literarische Texte per Spracheingabe." Solche ungewöhnlichen Ansätze sind nicht nur technisch anspruchsvoll. Pieper: "Wir müssen davon ausgehen, daß die Skepsis älterer Menschen gegenüber der Anwendung neuer Technologien nur durch neuartige Benutzeroberflächen, neuartige Informationsumgebungen überwunden werden kann, und in diesem Zusammenhang wurden hier die sogenannten NGIs, Next Generation Interfaces, diskutiert."

    Die CHI-Konferenz hat sich den Problemfeldern industrieller Anwendungen in diesem Jahr sehr weit geöffnet. Im Projekt "Island" des GMD-Forschungszentrums etwa geht es um die Arbeitsorganisation in virtuellen Unternehmen. Die einzelnen Mitglieder des Projektteams arbeiten jeweils in ihren Städten und müssen lediglich fallweise für bestimmte Besprechungen und Meetings virtuell an einen Tisch geholt werden. Bewährte Technologie aus dem Videokonferenz-Bereich, Groupware-Verfahren, Anwendungen aus dem Forschungsbereich Virtueller Realität und neue Ausgabemedien lassen Dienstreisen dabei überflüssig werden. Den meisten Konferenzteilnehmern geht es aber um leicht nutzbare, intuitiv zugängliche Benutzerschnittstellen, die Älteren und besonders behinderten Menschen den Umgang mit Informationstechnologie ermöglichen sollen. Informationstechnologie hat dabei dienenden Charakter: Sie soll Handicaps ausgleichen und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.