"ASA arbeitet, indem eben das Umdenken ermöglicht werden soll, vom Kleinen bis zum Multiplikatoreffekt."
"Hier in Deutschland?"
"Und gleichzeitig lokal vor Ort, so dass persönliche Beziehungen geschaffen werden können."
"Aber glaubt ihr, dass dadurch die Machtstruktur der Politik auch verändert wird?"
"Das ist doch lächerlich!"
"Vielleicht in Zukunft, wenn einer von uns mal Bundeskanzler oder Bundeskanzlerin wird."
"Na, wenn das das Ziel ist!"
Kann das ASA-Programm die Welt verbessern? Eine von vielen Fragen, über die am vergangenen Wochenende am Werbellinsee bei Berlin leidenschaftlich diskutiert wurde.
Über ASA hatten wir bereits berichtet. Die Abkürzung steht für Arbeits- und Studienaufenthalte in Afrika, Lateinamerika, Asien und Südosteuropa. Das Programm vergibt jährlich mehrere hundert Stipendien an junge Erwachsene für dreimonatige Entwicklungsprojekte.
Die Projekte des Jahrgangs 2005 sind mittlerweile gelaufen. und um sich nun über die gemachten Erfahrungen auszutauschen, kamen über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum ASA-ReNew-Seminar. Eine Erfahrung war fast allen "Asaten" gemein: Kaum ein Projekt war so gelaufen, wie zuvor in der Projektbeschreibung angepriesen. Ein Beispiel für ein Hebammenprojekt in El Salvador, das ebenfalls nicht ganz so geklappt hat:
"Ich hatte so das Fantasiebild: Ich wirklich in so einer kleinen Hütte, und da kommt ein Baby zur Welt, und ich sehe die erste Geburt meines Lebens. Und so haben auch meine ganzen Freunde immer so: 'Oh, wie krass, du wirst super viele Geburten sehen! Und du musst dann noch das Wasser kochen und die Kerze halten so ungefähr und…' halt auch so ein bisschen das Abenteuerflair, der da mitgespielt hat, wo ich gedacht hab: Okay, jetzt erlebst du noch mal was ganz anderes."
Feuer und Flamme für ihr ASA-Projekt setzte sich Medizinstudentin Johanna Höflich im Juli vergangenen Jahres in den Flieger. Zusammen mit Christina Friebel, Hebamme aus Speyer, sollte sie drei Monate lang Hebammen in El Salvador unter die Arme greifen. Doch schon bald entpuppte sich die Zusammenarbeit mit der Nichtregierungsorganisation vor Ort als Problem: Diese wollte die Stipendiatinnen in erster Linie als Computerfachfrauen im Büro einsetzen. Nur äußerst selten bekamen Höflich und Friebel die Möglichkeit, mit den einheimischen Hebammen aufs Land zu fahren.
"Und dann haben wir festgestellt, dass drei Hebammen mit uns gehen und wir im Endeffekt eine Schwangere im letzten Busch besuchen. Und die Anfahrt war zwei, drei Stunden, also einen Vormittag, und bei der Frau selber waren wir 20 Minuten und dann ging es gleich wieder zwei, drei Stunden zurück und das bei der Hitze – der Tag war gelaufen, wir waren erledigt."
Während des dreimonatigen Projektaufenthaltes änderte sich an der Situation wenig - und so bekamen die Teilnehmerinnen des Hebammenprojektes in El Salvador nicht eine einzige Geburt zu Gesicht. Als "gescheitert" möchte Johanna Höflich ihr Projekt jedoch trotzdem nicht bezeichnen.
"Wir haben Kontakt mit den Hebammen gehabt, haben auch viele Schwangere gesehen, haben auch Vorsorgen selber gemacht. Haben uns dann in Eigenregie dazu entschlossen, so ein kleines Heft für die Schwangeren zu machen, was auch von Analphabeten verstanden wird, weil die Analphabetenrate auf dem Land bei über 50 Prozent gerade bei den Frauen liegt. Und sind eigentlich auch mit dem Ergebnis sehr zufrieden"
Dass bei ASA-Projekten Theorie und Wirklichkeit weit auseinander klaffen, ist kein Einzelfall. Hanna Neuhaus ist Tutorin bei ASA. Während der zweiwöchigen Vorbereitungsseminare macht sie ihren Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer wieder klar: Flexibilität und Eigeninitiative sind bei der Projektdurchführung das A und O.
"Das passiert ja im normalen Leben auch, man macht Pläne und dann wirft man sie irgendwie um und passt sie auch immer an, also das ist ja was, was tagtäglich passiert! Nur dass es halt im ASA-Kontext dadurch, dass man halt so einen richtigen Arbeitsplan erstellt und so, wird es halt viel präsenter, dass es davon abweicht. Und eigentlich ist das eine ganz normale Projektentwicklung"
… und widerspricht auch nicht der Programm-Philosophie: ASA kommt es vor allem darauf an, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Auslandserfahrungen in Deutschland weitergeben – und sich im Idealfall weiter in der Entwicklungszusammenarbeit engagieren. Und genau in diesem Punkt unterscheidet sich ASA von anderen Organisationen, die Praktika oder Arbeitsaufenthalte im Ausland anbieten. Dort fehle der entwicklungspolitische Lernprozess, so Albrecht Ansohn, Leiter des ASA-Programms.
"Der Nutzen für unsere Gesellschaft ist deswegen leider oft gering. Auch weil die gemeinsame Reflektion hinterher fehlt. Also: Die Einzelnen haben es viel, viel schwieriger, mit anderen Leuten überhaupt in eine Diskussion zu kommen, wie wir sie hier auf dem 'ReNew' haben. Nämlich: 'Was macht denn die Nord-Süd-Beziehung aus? Wie habe ich das im Kleinen erlebt? Was kann ich jetzt praktisch damit weitermachen?' Und dafür ist ASA genau die Plattform."
Johanna Höflich und Christina Friebel sind auf dem Nachtreffen auch mit dabei. Auch wenn ihr Hebammenprojekt nicht ganz so ideal gelaufen ist – ASA hat bei beiden merklich Spuren hinterlassen: Johanna Höflich liebäugelt inzwischen mit einer medizinischen Tätigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit. Christina Friebel hat durch ASA den Sprung ins Ausland gewagt und arbeitet nun als Hebamme in Irland. Als viel gravierender bezeichnen beide jedoch den Einfluss, den das ASA-Programm auf ihr alltägliches Leben hat.
"Wie hier in Europa gelebt wird, was hier als Probleme angesehen wird, wie unser Konsumverhalten ist, und dass wir durchaus dadurch eine Wirkung auch auf andere Länder dieser Welt haben – und dass man das reflektieren muss. Und das man dann auch versucht, andere Leute zu beeinflussen und im Grunde merkt man, man ist sehr stark zum Multiplikator geworden."
"Hier in Deutschland?"
"Und gleichzeitig lokal vor Ort, so dass persönliche Beziehungen geschaffen werden können."
"Aber glaubt ihr, dass dadurch die Machtstruktur der Politik auch verändert wird?"
"Das ist doch lächerlich!"
"Vielleicht in Zukunft, wenn einer von uns mal Bundeskanzler oder Bundeskanzlerin wird."
"Na, wenn das das Ziel ist!"
Kann das ASA-Programm die Welt verbessern? Eine von vielen Fragen, über die am vergangenen Wochenende am Werbellinsee bei Berlin leidenschaftlich diskutiert wurde.
Über ASA hatten wir bereits berichtet. Die Abkürzung steht für Arbeits- und Studienaufenthalte in Afrika, Lateinamerika, Asien und Südosteuropa. Das Programm vergibt jährlich mehrere hundert Stipendien an junge Erwachsene für dreimonatige Entwicklungsprojekte.
Die Projekte des Jahrgangs 2005 sind mittlerweile gelaufen. und um sich nun über die gemachten Erfahrungen auszutauschen, kamen über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum ASA-ReNew-Seminar. Eine Erfahrung war fast allen "Asaten" gemein: Kaum ein Projekt war so gelaufen, wie zuvor in der Projektbeschreibung angepriesen. Ein Beispiel für ein Hebammenprojekt in El Salvador, das ebenfalls nicht ganz so geklappt hat:
"Ich hatte so das Fantasiebild: Ich wirklich in so einer kleinen Hütte, und da kommt ein Baby zur Welt, und ich sehe die erste Geburt meines Lebens. Und so haben auch meine ganzen Freunde immer so: 'Oh, wie krass, du wirst super viele Geburten sehen! Und du musst dann noch das Wasser kochen und die Kerze halten so ungefähr und…' halt auch so ein bisschen das Abenteuerflair, der da mitgespielt hat, wo ich gedacht hab: Okay, jetzt erlebst du noch mal was ganz anderes."
Feuer und Flamme für ihr ASA-Projekt setzte sich Medizinstudentin Johanna Höflich im Juli vergangenen Jahres in den Flieger. Zusammen mit Christina Friebel, Hebamme aus Speyer, sollte sie drei Monate lang Hebammen in El Salvador unter die Arme greifen. Doch schon bald entpuppte sich die Zusammenarbeit mit der Nichtregierungsorganisation vor Ort als Problem: Diese wollte die Stipendiatinnen in erster Linie als Computerfachfrauen im Büro einsetzen. Nur äußerst selten bekamen Höflich und Friebel die Möglichkeit, mit den einheimischen Hebammen aufs Land zu fahren.
"Und dann haben wir festgestellt, dass drei Hebammen mit uns gehen und wir im Endeffekt eine Schwangere im letzten Busch besuchen. Und die Anfahrt war zwei, drei Stunden, also einen Vormittag, und bei der Frau selber waren wir 20 Minuten und dann ging es gleich wieder zwei, drei Stunden zurück und das bei der Hitze – der Tag war gelaufen, wir waren erledigt."
Während des dreimonatigen Projektaufenthaltes änderte sich an der Situation wenig - und so bekamen die Teilnehmerinnen des Hebammenprojektes in El Salvador nicht eine einzige Geburt zu Gesicht. Als "gescheitert" möchte Johanna Höflich ihr Projekt jedoch trotzdem nicht bezeichnen.
"Wir haben Kontakt mit den Hebammen gehabt, haben auch viele Schwangere gesehen, haben auch Vorsorgen selber gemacht. Haben uns dann in Eigenregie dazu entschlossen, so ein kleines Heft für die Schwangeren zu machen, was auch von Analphabeten verstanden wird, weil die Analphabetenrate auf dem Land bei über 50 Prozent gerade bei den Frauen liegt. Und sind eigentlich auch mit dem Ergebnis sehr zufrieden"
Dass bei ASA-Projekten Theorie und Wirklichkeit weit auseinander klaffen, ist kein Einzelfall. Hanna Neuhaus ist Tutorin bei ASA. Während der zweiwöchigen Vorbereitungsseminare macht sie ihren Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer wieder klar: Flexibilität und Eigeninitiative sind bei der Projektdurchführung das A und O.
"Das passiert ja im normalen Leben auch, man macht Pläne und dann wirft man sie irgendwie um und passt sie auch immer an, also das ist ja was, was tagtäglich passiert! Nur dass es halt im ASA-Kontext dadurch, dass man halt so einen richtigen Arbeitsplan erstellt und so, wird es halt viel präsenter, dass es davon abweicht. Und eigentlich ist das eine ganz normale Projektentwicklung"
… und widerspricht auch nicht der Programm-Philosophie: ASA kommt es vor allem darauf an, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Auslandserfahrungen in Deutschland weitergeben – und sich im Idealfall weiter in der Entwicklungszusammenarbeit engagieren. Und genau in diesem Punkt unterscheidet sich ASA von anderen Organisationen, die Praktika oder Arbeitsaufenthalte im Ausland anbieten. Dort fehle der entwicklungspolitische Lernprozess, so Albrecht Ansohn, Leiter des ASA-Programms.
"Der Nutzen für unsere Gesellschaft ist deswegen leider oft gering. Auch weil die gemeinsame Reflektion hinterher fehlt. Also: Die Einzelnen haben es viel, viel schwieriger, mit anderen Leuten überhaupt in eine Diskussion zu kommen, wie wir sie hier auf dem 'ReNew' haben. Nämlich: 'Was macht denn die Nord-Süd-Beziehung aus? Wie habe ich das im Kleinen erlebt? Was kann ich jetzt praktisch damit weitermachen?' Und dafür ist ASA genau die Plattform."
Johanna Höflich und Christina Friebel sind auf dem Nachtreffen auch mit dabei. Auch wenn ihr Hebammenprojekt nicht ganz so ideal gelaufen ist – ASA hat bei beiden merklich Spuren hinterlassen: Johanna Höflich liebäugelt inzwischen mit einer medizinischen Tätigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit. Christina Friebel hat durch ASA den Sprung ins Ausland gewagt und arbeitet nun als Hebamme in Irland. Als viel gravierender bezeichnen beide jedoch den Einfluss, den das ASA-Programm auf ihr alltägliches Leben hat.
"Wie hier in Europa gelebt wird, was hier als Probleme angesehen wird, wie unser Konsumverhalten ist, und dass wir durchaus dadurch eine Wirkung auch auf andere Länder dieser Welt haben – und dass man das reflektieren muss. Und das man dann auch versucht, andere Leute zu beeinflussen und im Grunde merkt man, man ist sehr stark zum Multiplikator geworden."