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Neue Strategien gegen Aids

Medizin. - Infektionen mit dem HI-Virus sind nach wie vor nicht heilbar. Aufgrund der Behandlungsfortschritte verringert sich allerdings das Gefahrenbewusstsein in der Öffentlichkeit zunehmend. Weil die lebensverlängernden Arznei-Cocktails allerdings auch erhebliche Nebenwirkungen haben, will das US-Gesundheitsministerium im kommenden Monat seine Therapie-Richtlinien für Aids ändern.

    Mit einem paradox anmutendem Wechsel in den Behandlungsgrundsätzen für Aids sorgt derzeit das US-Gesundheitsministerium für Aufsehen: Demnach soll später als bisher aktiv gegen eine Infektion bei den Betroffenen vorgegangen werden. Denn: Die seit 1996 etablierte Kombinationstherapie mit drei verschiedenen Medikamenten, die den Erreger möglichst früh und hart treffen sollte, rufen erhebliche Nebeneffekte vor und schaffen selbst langfristige Risiken. So greifen etwa die so genannten Proteasehemmer massiv in den Fettstoffwechsel des Körpers ein und könnten Herzinfarkte und Schlaganfälle begünstigen. Um derartige Risiken zu mindern, soll die medikamentöse Therapie daher möglichst spät einsetzen.

    Die Richtlinien werden auch deshalb geändert, weil man nicht mehr glaubt, das Virus mit einer frühen und konsequenten Medikamentengabe vollständig aus dem Körper vertreiben zu können. Stattdessen soll jetzt vor allem das Immunsystem der Patienten stabilisiert werden, damit die Betroffenen Folgeinfektionen besser selbst abwehren können. Gleichzeitig will man die Nebenwirkungen so lange wie möglich hinauszögern. Künftig soll die Dreier-Therapie erst einsetzen, wenn das körpereigene Abwehrsystem nur noch 350 T-Helferzellen im Milliliter Blut - anstatt der 800 Zellen bei Gesunden - aufweist.

    Bei möglichen Neuinfektionen empfehlen die Experten dagegen auch weiterhin den quasi prophylaktischen Einsatz der Kombinationstherapie in hoher Dosis, um ein Ansiedeln der Viren im Menschen zu verhindern. Ist eine Infektion allerdings bereits erfolgt, soll zukünftig der Beginn der massiven medikamentösen Behandlung dem Zustand des Patienten entsprechend festgelegt werden und nicht mehr aufgrund von Labor-Parametern.

    [Quelle: Martin Winkelheide]