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Neue Strategien im Pflanzenschutz müssen her

Im Laufe der Jahre hat sich das ja rasant entwickelt: Es wurden immer Pestizide entwickelt. Es hat sich ja doch gezeigt, dass man damit erst mal viel reparieren kann. Die Grundlagen, pflanzenbauliche Grundlagen wie Bodenbearbeitung, Fruchtfolge, wie Düngung - das ist eigentlich erst mal so in Vergessenheit geraten, ja beiseite geschoben worden. Man hatte ja die Pestizide und man konnte halt damit ne Menge erreichen. Man hat auch schnell was gesehen. Beispiel: Unkrautbekämpfung. Man hat was gespritzt und 10 Tage später war das Unkraut nicht mehr da. Und das ist natürlich ein voller Erfolg. Das ist für viele wirklich Innovation gewesen. Die schwere Handarbeit in Zuckerrüben zum Beispiel mit der Handhacke, die gibt es nicht mehr.

Yvonne Mabille |
    Unter dem Zwang, immer weiter zu rationalisieren - sagt Agraringenieur Markus Mücke von der Landwirtschaftskammer Hannover - seien die Pestizide vielen Landwirten gerade recht gekommen. Die konventionelle Landwirtschaft, wie sie heute praktiziert wird, kann nicht daran denken, auf chemischen Pflanzenschutz ganz zu verzichten.

    Aber es gibt Spielräume, und einige nutzen sie: Markus Mücke und zwei Kollegen haben sieben Jahre lang ein Projekt der europäischen Union betreut und auf niedersächsischen Betrieben ausprobiert, mit wie wenig Pestiziden gewirtschaftet werden kann - ohne dramatische Ertragseinbußen für die Bauern, versteht sich.

    Die Landwirte und Berater, das war unser Klientel. Da sollten wir ran und wir sollten denen halt zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, auch mit weniger Stickstoff -Einsatz, mit weniger Pestizideinsatz, mit entsprechenden Anbauverfahren da zu einer Reduktion beizutragen.

    Ein gutes halbes Jahrhundert ging die Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung. Im 2.Weltkrieg begann mit der industriellen Herstellung synthetischer Pestizide der Feldzug gegen die natürlichen Feinde unserer Kulturpflanzen. Damals galt DDT als Wunderwaffe. Aber nicht lange: Die Schädlinge wurden resistent gegen DDT, während sich das Gift im menschlichen Körper anreicherte.

    Seither wird eine Generation chemischer Verbindungen von der nächsten abgelöst: Fungizide gegen Pilze, Insektizide gegen Schadinsekten und Herbizide gegen Unkräuter. Werbekampagnen begleiten die neuen Produkte bei der Eroberung der Märkte.

    Vom Wirtschaften mit der Natur schienen die Pestizidhersteller lange Zeit keine Ahnung zu haben. Noch in den 80er Jahren präsentierte ihre Werbung Pflanzenschädlinge als Feind Nr.1 des Menschen. Die schlichte Botschaft auf den Plakaten hieß:

    "Sie oder wir!"

    Die katastrophale Kehrseite der "chemischen Innovationen" ist seit langem bekannt. Schon Anfang der 60er Jahre schlug die US-amerikanische Biologin Rachel Carson Alarm. Sie warnte in ihrem Buch "Der stumme Frühling" vor den schädlichen Auswirkungen des chemischen Pflanzenschutzes auf die Natur und die Menschen:

    In den nicht ganz zwei Jahrzehnten, in denen die synthetischen Mittel zur Schädlingsbekämpfung in Gebrauch sind, haben sie sich so gründlich über die ganze belebte und unbelebte Welt verteilt, dass sie eigentlich überall vorkommen. Man hat sie in den meisten großen Flusssystemen wiederentdeckt, ja selbst in den Grundwasseradern, die unsichtbar unter der Erde fließen. Rückstände dieser Chemikalien bleiben im Boden liegen.

    Das ist bis heute so. Die Pestizide sind überall. In ganz Europa finden sie sich im Grund- und Oberflächenwasser, vielfach in höheren Konzentrationen als zulässig. Spritzmittel belasten die Böden, gefährden die Fauna und gelangen am Ende der Nahrungskette auf unseren Teller. Auch wenn die Wirkstoffe in den Pestiziden inzwischen ganz andere sind, es besteht kein Anlass zur Entwarnung. Im Gegenteil, sagt der Leiter des Umweltbundesamtes, Andreas Troge.

    Insgesamt stellen wir fest, in den letzten 10, 12 Jahren sind die Pflanzenschutzmittel wirksamer in niedrigen Konzentrationen, also wirksamer geworden, als sie noch vor 20 Jahren waren. Und jetzt kommt's: Gleichzeitig sind die Verkaufsmengen gestiegen. Und das ist das, was mir große Sorgen macht.

    Mit ebenso großer Sorge sehen staatliche und nicht-staatliche Umwelt- und Verbraucherschützer, dass hierzulande niemand weiß, wo die Tonnen und Abertonnen von Pestiziden landen. In Deutschland wird bislang nicht dokumentiert was, wo, in welchen Mengen auf Äckern und Obstplantagen ausgebracht wird. Das Gesetz schreibt zwar vor, dass jede Firma, die Pestizide auf den Markt bringt, der zuständigen Behörde die Menge an verkauften Wirkstoffen meldet. 2001 waren das fast 28 000 Tonnen. Aber, was sagt diese Zahl aus?

    Wer Einzelheiten wissen will, muss kriminalistisch vorgehen. Die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln im Boden oder Wasser, erlauben Rückschlüsse auf vorangegangenes Sprühen und Spritzen. So zog das "Pestizid Aktionsnetzwerk", eine international aktive Nicht-Regierungsorganisation, bei der Auswertung deutscher Rückstandsdaten aus fünf Jahren folgende Bilanz:

    Insgesamt wurden 139 verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen: In Lebensmitteln, in Oberflächengewässern und im Grundwasser. Davon waren 2001 in Deutschland nur noch die Hälfte zugelassen. Von diesen wiederum klassifiziert die Weltgesundheitsorganisation 19 als giftig oder sehr giftig und 10 als extrem oder hoch gefährlich in ihrer akuten Toxizität.

    Das heißt der menschliche Körper reagiert sofort auf den giftigen Wirkstoff, zum Beispiel mit Schwindel oder Kopfschmerz. Im Gegensatz zu möglichen chronischen Wirkungen von Pestiziden - zum Beispiel Krebs.

    Und insofern muss .der Trend in Richtung Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln gehen, die erstens in ihrer Lebensdauer, in ihrer Wirkdauer auf den Bekämpfungszeitraum von Schädlingen begrenzt sind, möglichst wenig persistent. Das dient dem Verbraucher und dem Umweltschutz, denn diese Stoffe sind in der Regel auch weniger mobil und reichern sich natürlich in Biota inklusive dem Menschen weniger an.

    Andreas Troge vom Umweltbundesamt plädiert nicht nur für kurzlebige Pestizide, die gezielt wirken, sondern für eine grundsätzliche Richtungsänderung.

    Wir brauchen eine Verbreitung weniger Pflanzenschutzmittel-bedürftiger Anbaupraktiken. von mechanischen und biologischen Pflanzenschutz -Methoden, die ja im Ökolandbau weitgehend erprobt sind.

    Kommt die Agrarwende im Pflanzenschutz? Nach der BSE-Krise formulierte Verbraucherschutzministerin Renate Künast das Ziel, den ökologischen Landbau bis 2010 auf 20 Prozent auszuweiten. Davon unberührt bleibt der Rest: Die konventionelle Erzeugung von Getreide, Gemüse und Obst - über 80 Prozent der heutigen Landwirtschaft. Neue Strategien im Pflanzenschutz müssen her - so steht es auch im Koalitionsvertrag der Regierung.

    Zum Beispiel die Frage, ob in Deutschland eine Pestizid-Abgabe eingeführt werden soll. Die Umweltschutzverbände fordern sie und verweisen auf die guten Erfahrungen andere Länder - zum Beispiel Frankreich, Dänemark und Schweden. Großbritannien erhebt eine Pestizid-Steuer allein auf die Mengen, unabhängig von den Eigenschaften der Wirkstoffe. Norwegen handhabt es anders. Carina Weber, Geschäftsführerin beim Pestizid Aktionsnetzwerk in Deutschland.

    In Norwegen hat man die einzelnen Pestizide, auf ihre Gefährlichkeit hin durchgeprüft und hat die Kosten dementsprechend festgelegt. Es gibt in Norwegen Pestizide, die als sehr riskant eingestuft werden und die haben dann auch eine sehr hohe Steuer, sie sind sehr teuer im Einkauf.

    Das Pestizid Aktionsnetzwerk, kurz PAN, gründete sich Anfang der 80er Jahre in Malaysia im Anschluss an eine Konferenz zum Welthandel mit Pestiziden. Bestürzende Konferenzberichte über Pestizidvergiftungen und Umweltschäden in den Ländern des Südens waren der unmittelbare Anlass, das Netzwerk ins Leben zu rufen. Inzwischen arbeitet PAN auf allen Kontinenten. PAN-Europa ist ein Zusammenschluss von Landwirtschafts-, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen, die Einfluss auf die europäische Pestizidpolitik nehmen wollen. Bald zwei Jahrzehnte steht das Thema Pestizidminimierung in der Europäischen Union auf der Tagesordnung. Schon das 5. Umweltaktionsprogramm forderte:

    ... den Pestizideinsatz in Europa deutlich zu reduzieren.

    Das Programm lief im Jahr 2000 aus - ungenützt, ergebnislos. Im Sommer 2002 kam die EU-Kommission mit einer "Mitteilung" zum Thema nachhaltiger Einsatz von Pestiziden heraus, wiederum fehlt jeder konkrete Vorschlag für Minimierungsmaßnahmen. Dabei mehren sich die Stimmen, dass Pestizideinsparungen ohne große Ertragseinbußen für die Bauern möglich sind.

    30 Prozent nach Menge - ja. 30 Prozent nach Wirkung ist noch zu wenig.

    Rolf Altenburger, Wissenschaftler und Vorstandsmitglied von PAN-Deutschland

    30 Prozent Einsatzreduktion in dieser Legislaturperiode - wäre das nicht ein Ziel für die Rot-grüne Koalition? Man könnte mal über die Möglichkeiten verhandeln. Ich halte 30 Prozent aus den Erfahrungen, die es ja aus Ländern in Europa gibt, die Programme aufgelegt haben -in Skandinavien, Niederlanden, Benelux - für durchaus realistisch. Aber ich denke, wir werden niemanden abwatschen, der ernsthaft Schritte in die richtige Richtung geht.

    Für die chemische Industrie scheint diese Richtung nicht die richtige. Sie lehnt feste Reduktionsziele ab. Oskar Böttcher, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes Agrar, betont, dass die Pestizid-Hersteller bereit seien, mögliche Risiken des Pflanzenschutzes zu minimieren. Aber nicht über die Verringerung der Menge, sondern über die Weiterentwicklung der Pestizide.

    Das ist in erster Linie also eine Risikominderungsstrategie und keine, wie von den Umweltverbänden immer wieder angemahnt, mengenmäßige Reduktion. Wir haben in der Vergangenheit einen eindeutigen Trend zu weniger toxischen Präparaten, die schneller abbauen und Präparate, die hinsichtlich ihres Austrags in die Umwelt durch eine verbesserte Anwendungstechnik sehr viel zielgerechter ausgebracht werden können. Wodurch dann auch zum Schluss eine Mengenreduzierung sich ergibt.

    Der Ansatz bleibt der gleiche, er setzt auf Pestizide und fördert damit kein Umdenken bei den Landwirten. Neue Strategien im Pflanzenschutz müssten aber den nicht-chemischen Schutzmaßnahmen in der Praxis wieder Geltung verschaffen. Agraringenieur Markus Mücke, der das EU-Projekt "Umweltgerechte Landbewirtschaftung" betreute

    Wir haben dem Landwirt verschiedene Wege aufgezeigt. Es gibt die und die Möglichkeiten, Stickstoff oder Pestizide zu reduzieren , und er muss sich halt für seinen Betrieb das Entsprechende raussuchen und selbst die Erfahrung machen. Das war auch ganz entscheidend. Er hat ja als Beispielbetrieb die Erfahrung selbst gesammelt, hat dadurch ne höhere Umweltkompetenz erlangt, ein größeres Fachwissen und hat das natürlich an seine Berufskollegen, teilweise sogar an die Berater selber weitergegeben.

    Neue Wege werden an der Biologischen Bundesanstalt in Kleinmachnow südwestlich von Berlin gesucht. Dort läuft seit Mitte der 90er Jahre der Langzeitversuch "Wirkung der halben Dosis von Pflanzenschutzmitteln". Versuchsleiter Bernhard Pallutt ist optimistisch in Sachen Pestizideinsparung

    Eine Reduktion von 30 Prozent innerhalb der nächsten drei Jahre - halte ich für realistisch. Allerdings bedarf das dann einer sehr guten Beratung. Das ist ganz wichtig und auch weitere Untersuchungen zu dieser Problematik. Aber mit dem Wissen, über das wir jetzt verfügen - wenn das voll umgesetzt wird bei den Landwirten - dann halte ich eine Reduzierung der Aufwandmenge, sagen wir mal so im Bereich von 20-30 Prozent durchaus für realistisch.

    Die Wissenschaftler im Brandenburgischen beobachteten an verschiedenen Standorten, wie sich die reduzierten Spritzmittelmengen - über die Jahre - auswirken: auf Krankheitsbefall, auf die Entwicklung der Unkräuter und auch der Erträge. Pauschallösungen gibt es nicht. Um ohne gravierende Ertragseinbußen Pestizide einzusparen, müssen Klima- und Bodenverhältnisse, die gesamte Situation auf dem Feld berücksichtigt werden. Diese Daten bilden die Grundlage der "situationsbezogenen Dosierung", wie es heißt.

    Dazu gehört dann, dass die nicht-chemischen Maßnahmen der Schaderreger-Regulierung optimal genutzt werden, wie Fruchtfolge, wie Bodenbearbeitung, wie Aussaattermin, wie Aussaatmenge usw. Sortenresistenz - spielt bei Krankheiten eine ganz wichtige Rolle. Dann kommt hinzu, dass wir uns fragen müssen, ist denn in der jeweiligen Situation die Wirtschaftlichkeit der Anwendung der Pflanzenschutzmittel gewährleistet? Dazu haben wir Schwellenwerte, ökonomische Schwellenwerte oder auch Prognosesysteme, Entscheidungssysteme. Dass die mitgenutzt werden.

    Die Bedeutung der Fruchtfolge betont auch Markus Mücke von der Landwirtschaftskammer Hannover. Wenn die gleichen Früchte - zum Beispiel Zuckerrüben und Weizen - dicht hintereinander angebaut werden, fördere das die Schädlinge:

    Durch diese engen Fruchtfolgen ist auch der Pestizideinsatz wirklich gestiegen. Uns machen das ja die Ökolandwirte vor: Die fahren halt sehr, sehr weite Fruchtfolgen, müssen es natürlich auch, weil halt Pestizide verboten sind - also chemisch-synthetische Pestizide verboten sind und auch schnell wirkende, lösliche Stickstoff -Dünger verboten sind - die müssen halt über eine weite Fruchtfolge versuchen, dass irgendwelche Kreisläufe von Krankheitserregern und Schädlingen unterbrochen werden. Das schafft man halt auch.

    In der konventionellen Landwirtschaft sind Pestizide zwar erlaubt, ihre Ausbringung muss aber bestimmten Vorschriften entsprechen. So heißt es im deutschen Pflanzenschutzgesetz von 1998

    Pflanzenschutz darf nur nach guter fachlicher Praxis durchgeführt werden. Dazu gehört, dass die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes berücksichtigt werden.

    Das klingt klar und umweltschonend, besagt aber nicht viel. Begriffe wie "Integrierter Pflanzenschutz" und "gute fachliche Praxis" sind nicht eindeutig definiert. Die chemische Industrie benutzt sie anders als die Umweltschützer. Deren Forderung geht denn auch dahin, "die gute fachliche Praxis" für jede angebaute Kultur zu definieren. Carina Weber von PAN :

    In Deutschland ist bisher die "gute fachliche Praxis" nur allgemein für alle Kulturen definiert worden. Das ist völlig unzureichend, weil es ja gar nicht konkret regeln kann, wenn es um verschiedene Kulturen geht. Da geht's um Petersilie genau so wie um Weizen oder um Hafer. Deshalb hat PAN Deutschland schon von Beginn an immer die Forderung gestellt, dass die gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft und eben auch die gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz kulturspezifisch erfolgen muss. Das ist bisher nicht umgesetzt worden, außer im Apfelanbau.

    Die Umweltschützer treten dafür ein, chemische und nicht-chemische Pflanzenschutzmaßnahmen für jede Anbaukultur zu regeln. Darüber hinaus sollen Indikatoren bestimmt werden, an denen sich ablesen lässt, wieweit die Abhängigkeit vom Pflanzenschutzeinsatz abgenommen hat. Einsatzhäufigkeit oder Aufwandmengen kämen in Betracht.

    Dass die Landwirte künftig schriftlich festhalten, wo sie welche Pestizide eingesetzt haben, wirft organisatorische Fragen auf, ist aber vom Grundsatz her zwischen den verschiedenen Interessenvertretern nicht strittig. Rolf Altenbuger vom PAN-Vorstand:

    Wir brauchen Kriterien, wir brauchen Transparenz. Und das Werkzeug für Transparenz wäre aus unserer Sicht ein Einsatzkataster. Da werden viele Wissenschaftler, Kollegen zustimmen. Klar, fordern wir seit 20 Jahren. Warum gibt's das nicht? Das ist doch die Möglichkeit, mit der man der Öffentlichkeit gegenüber belegen kann, dass auch die Landwirtschaft ehrgeizige Ziele verfolgt.

    Aber alleine werden sie es nicht schaffen, unsere Lebensmittel künftig mit deutlich weniger Pestiziden zu erzeugen. Da müssen schon alle Akteure mitmachen.

    Ist das Wurstbrot gut belegt, sich des Bauern Laune hebt. Wenn wir uns die Situation heute ansehen, kann man schnell den Eindruck gewinnen, dass es den Menschen nicht immer darum geht, dass das Wurstbrot gut belegt ist, sondern dass es erst mal möglichst billig belegt ist. Das hat natürlich Folgen .. Die größten Renner sind im Augenblick die ultimativen Schnäppchen. Machen wir uns (auch) nichts vor, dieses billig-billig wird nach hinten durchgereicht. Hinten an der Kette steht der Landwirt, der dann entsprechend seine Produktion umstellt. Deshalb plädiere ich für eine neue Preiskultur Wo man dann sagt: Eine Preiswert-Kultur, statt einen Billig-Billig-Kult.

    Renate Künast zitierte die Bauernregel beim verbraucher-politischen Forum auf der diesjährigen Grünen Woche in Berlin. Sie zielte damit in Richtung Verbraucher. Eine Kaufentscheidung, die sich nur am niedrigst-möglichen Preis orientiert, kann sich als kurzsichtig entpuppen. Wer sich über billige, weil industriell erzeugte Nahrungsmittel freut, darf nicht aus dem Auge verlieren, welche Kosten zum Beispiel die Pestizidbeseitigung bei der Trinkwasseraufbereitung verursachen. Wenn die Landwirte künftig weniger Chemie einsetzen sollen, müssen die agrarpolitischen Rahmenbedingungen sich ändern. Und die Verbraucher müssen bereit sein, mehr für eine umweltschonendere Wirtschaftsweise zu bezahlen.

    Was der Handel tun kann, macht die große Handelskette Co-op vor. Seit September 2001 verbietet Co-op den Einsatz von 24 besonders schädlichen Pestiziden bei Obst und Gemüse, das für ihre Supermärkte angebaut wird. Das setzte Signale bei Produzenten und anderen Supermärkten. In Deutschland hat die Handelskette tegut eine Vorreiterrolle übernommen. Georg Sedlmaier vom tegut-Vorstand

    Es gibt zwei verschiedene Einkaufsmöglichkeiten. Unser Einkäufer kauft entweder nach 'm Preis ein. Das sieht dann nur nach Apfel aus. Oder, die andere Variante, die haben wir über 15 Jahre aufbauen müssen und denen nehmen wir dann auch die Ware zum teureren Einkaufspreis ab, das sind Vertragslandwirte, die halt weniger spritzen oder gar nicht spritzen. Und das kostet etwas mehr.