Samstag, 23. September 2023

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Neue Studie zu Schwundursachen im Ausländerstudium

Bildungsausländer, also junge Menschen, die eigens für das Studium nach Deutschland kommen, gibt es immer mehr. Mittlerweile sind es rund 180.000. Aber nur 35 Prozent von ihnen beenden das Studium. Der DAAD hat deswegen vor zwei Jahren eine Studie beim Hochschulinformationssystem in Auftrag gegeben.

Von Miriam Grabenheinrich | 03.04.2007

    Mehrere hundert Studierende aus sechzig Nationen wurden befragt. Das Ergebnis: es gibt zwei grundlegende Probleme. Auf der einen Seite sind die Rahmenbedingungen in Deutschland schwierig: Viele ausländische Studierende haben finanzielle Probleme und fühlen sich nicht integriert. Auf der anderen Seite kommen etliche Studierende mit einer falschen Motivation nach Deutschland, weil hier die Studiengebühren im Vergleich zu anderen Ländern relativ gering sind. Erst während des Studiums merken sie dann, dass ihre Voraussetzungen nicht genügen. Ein großes Problem sagt Ulrich Heublein vom Hochschulinformationssystem sind die Sprachkenntnisse.

    "Vor allem bei ostasiatischen Studierenden: das hörende Verstehen. Also dass das Verfolgen der Vorlesung immer noch nicht hinreichend gelingt. Und ein ähnliches Problem ist das Verfassen von Fachtexten. Auch da sind 2/5 am Ende des Studiums nicht so weit einen wissenschaftlichen Fachtext verfassen zu können. Das heißt sie können keine Diplomarbeit schreiben, sie können keine Abschlussarbeit schreiben."

    Mit dem Sprachproblem hatte auch die Chinesin Zin Zia lange zu kämpfen. Die 32-Jährige studiert an der Universität Bielefeld im achten Semester Soziologie. Sie findet am deutschen Studium aber vor allem die Selbstorganisation schwierig. Zum Beispiel, dass man sich eigenständig eine Wohnung suchen oder für Prüfungen anmelden muss.

    "In China brauchen wir das nicht. Der genaue Plan hängt an der Wand. Wir wissen genau, wann kommt die Prüfung. Studierende haben gar keine andere Aufgabe außer studieren, ja außer in der Bibliothek sitzen. Ich China haben wir auch Seminare, aber hier ist es anders. Hier müssen wir über ein bestimmtes Thema so aktiv reden."

    Mit dieser aktiven, ja sogar kritischen Teilnahme an der Seminardiskussion tun sich laut der Studie viele Studierende schwer. Ulrich Heublein:

    "Viele ausländische Studierende ... haben andere Bildungserfahrungen gemacht. Sie werden groß in einem schulischen System, dass sich dadurch auszeichnet, dass ihnen bestimmtes Wissen vorgetragen wird und dieses Wissen von ihnen zu wiederholen ist. Das betrifft vor allem die Studierenden aus dem asiatischen Raum, aus afrikanischen Ländern, weniger die aus Westeuropa. In Deutschland ist eher das Unterrichtsgespräch anzufinden. Es gibt die Diskussionen man debattiert miteinander. "

    Auf diese kulturellen Unterschiede sind etliche Studierende aus dem Ausland nicht vorbereitet. Der HIS-Studie zufolge führt das in den Geisteswissenschaften zu einer hohen Abbrecherquote. Der DAAD erprobt daher an zwölf Hochschulen ein neues Aufnahmeverfahren. Mit dem sogenannten "test us"-Fragebogen" werden die Voraussetzungen und die Motivation der ausländischen Studienanwärter überprüft. Bislang genügt die Hochschulzugangsberechtigung, um sich in Deutschland einzuschreiben. Helmut Buchholt vom DAAD findet das aber nicht mehr sinnvoll.

    "Weil wir gemerkt haben durch die Untersuchung... dass allein die Aussage, jemand hat eine Abiturnote von so und so ...nicht ausreicht, dass wir einfach eine verbesserte Auswahl brauchen von Bewerbern und dass wir ihnen auch gleichzeitig die Hilfestellung geben können mit diesem" test us" zu zeigen ihr habt euch zwar für diesen Studiengang beworben, aber der ist für Euch im Grunde nicht geeignet."
    An seiner Studienwahl hat der 23-Jährige Christian Vouffo nie gezweifelt. Der Kameruner studiert im dritten Semester Molekularbiotechnologie an der Universität Bielfeld. Er hatte zu Studienbeginn aber ganz andere Probleme.

    "Am Anfang war die Hölle für mich. Weil man musste finanziell klarkommen... Aber das ist hart. Es gibt Tage wo man sich fragt, hätte ich das machen sollen? War das wirklich die richtige Entscheidung? "

    Die HIS-Studie hat ergeben, dass die finanziellen Sorgen durch die Studiengebühren steigen. Außereuropäische Studierende bekommen von den deutschen Banken keine Kredite. Viele von ihnen können die 500 Euro Gebühren nicht aufbringen. Die Universität Bielefeld hat sich daher etwas einfallen lassen. Thomas Lüttenberg, Leiter des Akademischen Auslandsamtes:
    "Die Uni Bielefeld gewährt ausländischen Studierenden zur Finanzierung der Studienbeiträge ein sogenanntes unechtes Stipendium in Höhe von 4/5 des Studienbeitrags also 400 Euro sind das bei nem Studienbeitrag von 500. Warum heißt es unechtes Stipendium, deshalb weil die Universität erwartet, dass das Stipendium nach Abschluss des Studiums und nach ner Karenzzeit von zwei Jahren in der man hoffentlich nen Beruf gefunden hat zurückgezahlt werden soll. "