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Neue Waffe gegen Malaria

Medizin. - Die Malaria gehört nach wie vor zu den schwersten Infektionskrankheiten der Welt - eine Million Menschen sterben daran jährlich. Überdies treten zunehmend Resistenzen gegen bestehende, auch für ärmere Länder erschwingliche Mittel auf. Auf der Suche nach einer Alternative wurden US-Forscher jetzt fündig.

Von Michael Lange |
    Eine gut sortierte Apotheke in den USA oder Deutschland führt über 1000 verschiedene Medikamente. Jedes hat eine festgelegte Indikation. Das heißt: es wirkt gegen eine bestimmte Krankheit. Möglicherweise könnte das gleiche Medikament auch gegen andere Krankheiten wirken. Aber das weiß niemand, denn man hat es nie untersucht. David Sullivan von der Johns Hopkins Medical School in Baltimore wollte wissen, ob unter den zahlreichen Pillen möglicherweise ein dringend benötigter Wirkstoff gegen Malaria versteckt ist.

    "2000 verschiedene Medikamente haben wir getestet. Jede Substanz haben wir auf ein paar Tropfen Blut gegeben, in dem sich der Malaria-Erreger vermehrt hatte. Nach zwei und nach vier Tagen haben wir dann nachgesehen, ob sich die Zahl der Malaria-Parasiten verändert hatte. Und tatsächlich: Hunderte Medikamente wirkten gegen den Parasiten."

    Dann begann das große Sortieren. Krebsmedikamente und andere Wirkstoffe mit starken Nebenwirkungen kamen nicht Frage. Auch bereits bekannte Anti-Malaria-Mittel wurden aussortiert. Die Besten unter den übrig gebliebenen haben die Wissenschaftler dann an infizierten Mäusen getestet.

    "Das Anti-Allergikum Astemizol erzielte die beste Wirkung. Es reduzierte auch im Tierversuch die Zahl der Malaria-Parasiten deutlich. Es war jedoch weniger wirksam als typische Malaria-Mittel wie Chinin, Chloroquin oder Artemisinin. "

    Astemizol wurde in den neunziger Jahren überall auf der Welt gegen Allergie-Symptome wie Heuschnupfen eingesetzt. In Deutschland wurde es unter dem Handelsnamen Hismanal vertrieben. Nachdem es in wenigen Einzelfällen zu Komplikationen gekommen war, wurde Astemizol im Jahr 2000 vom Markt genommen und durch Medikamente mit weniger Nebenwirkungen ersetzt. David Sullivan hält die Risiken für vernachlässigbar. Denn Malaria sei gefährlicher.

    "Dieses Anti-Allergikum wird seit 15 Jahren eingesetzt. Zig Millionen Menschen haben es eingenommen. Wir kennen seine Eigenschaften und Risiken sehr genau. Es könnte auf jeden Fall eine Ergänzung für die Malaria-Therapie sein - in Kombination mit anderen Anti-Malaria-Mitteln. "

    Hilfsorganisationen und die Welt-Gesundheitsorganisation befürworten den neuen Forschungsansatz. Denn preiswerte neue Medikamente gegen Malaria werden dringend gebraucht - und Astemizol ist als preiswertes Generikum fast überall erhältlich. Die Experten warnen allerdings davor, Astemizol vorschnell als Anti-Malaria-Mittel zu empfehlen. Dem schließt sich der Wissenschaftler David Sullivan an:

    "Wir empfehlen Astemizol noch nicht als Malaria-Medikament. Die Wirksamkeit wurde schließlich noch nicht am Menschen überprüft. Wenn das geschehen ist, müssen wir über eine Empfehlung nachdenken. Aber so weit sind wir noch nicht. "

    Eine klinische Studie muss folgen, und dazu brauchen die Forscher nun doch das Geld der Pharma-Unternehmen.