Archiv


Neue Wege bei der Metall-Rückgewinnung

Bei der Förderung von Braunkohle fällt Grubenwasser an, das oft sehr sauer und eisenhaltig ist. Abpumpen, reinigen, entsorgen: So sieht die gängige Verfahrensweise damit aus. Dabei könnte aus Grubenwasser auch Metall zurückgewonnen werden - mithilfe spezialisierter Mikroorganismen.

Von Volker Mrasek |
    Der Tagebau Nochten in der Nähe von Weißwasser ist einer der größten in Deutschland. Hier fördert der Energiekonzern Vattenfall Braunkohle. Jedes Jahr fallen dabei 300 bis 360 Millionen Kubikmeter Grubenwasser an. Ein riesiges Volumen - gut anderthalb Mal so viel, wie Deutschlands größter Stausee fasst, die Bleilochtalsperre in Thüringen.

    Die Zahlen nannte der Chemiker Franz Glombitza jetzt auf einem Kolloquium der Fachgesellschaft Dechema in Frankfurt am Main. Das Nochtener Grubenwasser sei sehr sauer und zudem stark eisenhaltig, bedingt durch Minerale aus dem Gestein. Es werde gegenwärtig abgepumpt, gereinigt und dann in Vorfluter geleitet, so der Experte vom Ingenieurbüro GEOS in Freiberg:

    "Die klassische Technologie sieht ebenso aus, dass dem Wasser Kalk zugesetzt wird. Dann wird belüftet, weil das Eisen oxidiert werden muss. Und dann fällt dort ein eisenhaltiger Schlamm an. Das Eisen muss man rausholen. Es gibt also einen Grenzwert für Eisen in Gewässern. Und die Eisenkonzentrationen, die hier sind, die sind also ein Vielfaches darüber."

    Die Idee des Chemikers und weiterer Forscher ist eine andere. Statt die Grubenwässer bloß aufzubereiten und zu entsorgen, könnte man aus ihnen das Eisen zurückgewinnen. Oder auch andere Metalle, sofern sie in ausreichender Menge darin vorkommen. Diesen Job erledigen spezialisierte Mikroorganismen. Immer mehr von ihnen werden heute genauer untersucht.

    "Es sind unterschiedlichste Stämme. Der Sammelbegriff ist eisenoxidierende Mikroorganismen. Die sind in den Wässern drin. Das ist also, sagen wir mal, die normale Begleitpopulation, die in solchen Wässern vorhanden ist."

    Mit diesen Bakterien lassen sich spezielle Bioreaktoren bestücken, die von dem Grubenwasser durchströmt werden. In dem sauren Reaktionsmilieu kommt es dann zur mikrobiologischen Oxidation des Eisens aus dem Wasser. Es kristallisiert aus in Form eines rötlichen Minerals, das sich Schwertmannit nennt. Chemisch handelt es sich um Eisenhydroxysulfat.

    "Dieser Stoff ist relativ sauber. Und den kann man dann für die verschiedensten Zwecke verwenden. Als Pigmente in der Farbenindustrie. Man kann das den Putzen zusetzen. Man kann das in der Baustoffindustrie verwenden. Man kann das für die Färbung von Dachziegeln verwenden. Und diese unterschiedlichsten Anwendungszwecke, die sind ganz intensiv geprüft und getestet worden."

    Das geschah im Rahmen eines langjährigen Forschungsprojektes im Tagebau Nochten. Dort wurde ein Pilotreaktor installiert, um Schwertmannit aus dem eisenreichen Grubenwasser zu gewinnen. Sowohl die EU wie auch die Bundesregierung förderte das Projekt. Chemiker Glombitza war von Beginn an dabei:

    "Alleine hier in dieser Anlage in dem Tagebau könnte man ungefähr so 10.000 Tonnen von diesen Pigmenten produzieren."

    Und das kontinuierlich, Jahr für Jahr!

    Auch die Mikrobiologin Sabrina Hedrich beschäftigt sich mit eisenoxidierenden Mikroben und Reaktoren zur Metall-Rückgewinnung. Seit kurzem arbeitet sie an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover. Davor forschte sie in Wales, an der Bangor University ...

    "Man kann verschiedene Arten von Bergbauwässern behandeln, auch Wässer, die anfallen bei der Metallgewinnung aus Erzen. Wir haben Wässer untersucht aus einem Tagebau in Schweden. Das war zink- und eisenhaltig. Und da haben wir auch ein Verfahren entwickelt, wo man jetzt dieses Eisen und Zink abtrennen kann mithilfe biologischer Prozesse."

    Die Ausbeute laut Sabrina Hedrich: jeweils mehrere Kilogramm Schwertmannit und Zinksulfit sowie auch noch etwas Kilo Kupfer aus gerade mal zehn Kubikmetern Grubenwasser.

    "Das hat schon einen beträchtlichen Wert, sag' ich mal, auf dem Markt dann wieder. Das sind große Mengen an Wertmetallen, die sonst einfach in den Wässern abgegeben würden und verloren gehen. Und deswegen werden diese Verfahren auch weiterentwickelt."

    Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Rückgewinnung von Metallen. Allerdings gebe es ein grundlegendes Problem, wie Franz Glombitza sagt. Es sei sehr schwer, die Metalle aus dem Minenwasser am Markt unterzubringen.

    "Die chemische Industrie, die also solche Sachen produziert, die hat zum Beispiel in China Anlagen aufgebaut, um von dort die Pigmente wieder nach Deutschland zu bringen."

    Das wird vielleicht die schwierigste Aufgabe der Forscher sein: der Industrie klar zu machen, dass sie es sich viel leichter machen könnte – wenn sie die Metalle aus hiesigen Minenwasser-Reaktoren bezöge.