Sprecher: (Zitat aus der schriftlichen Stellungnahme vom 27.10.04)
Zum Thema Rente müssen unsere Leser informiert werden. Gemeinschaftlich geht es bei diesem Thema besser. Focus Money kann nur allgemeine und kompetent recherchierte Renten-Informationen bieten. Ein seriös ausgewählter Partner kann mit einer individuellen Renten-Beratung in jeder persönlichen Lebenssituation einen sinnvollen Zusatzbeitrag leisten. Dabei ist dem Leser klar ersichtlich gemacht, wer der Absender ist.
In der Tat kündigt der Verlag seine Zusammenarbeit mit dem Geldinstitut im zweiten Teil des Hefts sowohl in einer gelb unterlegten Ecke des Titelblatts als auch im Kopf des Vorsorge-Specials an. Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalistenverbands, hat bei dem Produkt aus dem Focus Magazin Verlag jedoch trotzdem Bauchschmerzen:
Einerseits wird natürlich darauf hingewiesen, dass es sich da um eine Kooperation zwischen Focus Money und der Deutschen Bank handelt. Allerdings wird dann schon durch den Text und auch durch die Hinführung des Lesers zu dem Thema eine sehr klare Verbindung hergestellt zwischen Vorsorge fürs Alter und den Produkten der Deutschen Bank. Das ist journalistisch sicher nicht einwandfrei. Da besteht sicherlich schon das Risiko, dass durch eine solche Kooperation der gute Ruf zumindest in eine gewisse Schieflage geraten könnte.
Wie eine solche Verlagsbeilage juristisch zu werten ist, ist für den Kölner Medienanwalt Jörg Bange eine spannende Frage. § 4, Absatz 3 des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb verbiete zwar die irreführende Werbung. Ob ein Gericht jedoch eine Veröffentlichung als irreführend werte, hänge wesentlich von der Deutlichkeit der Kennzeichnung ab.
Die Gretchenfrage ist: Ist es für den Leser als Werbung erkennbar? Und während man früher von einem flüchtigen, unkritischen Verbraucher ausgegangen ist, traut man dem Verbraucher heutzutage durchaus mehr zu. Man spricht von einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher. Man kann im Moment beobachten, dass Werbung und Verlage die Grenzen dieses neuen Verbraucherleitbilds austesten.
Auch wenn es sich bei vielen Verlagsveröffentlichungen, die derzeit auf dem Markt im Umlauf sind, um solche Grenzgänger handelt, werden die wenigsten jemals von einem Gericht oder von der Wettbewerbszentrale geprüft. Warum das so ist, liegt für den Branchenkenner Jochen Kalka vom Fachdienst Media & Marketing auf der Hand.
Das ist fast wie ein Stillhalteabkommen unter den Verlagen auf der einen Seite und unter den werbungstreibenden Unternehmen auf der anderen Seite. Wenn Sie den Werberat fragen, sie kriegen da fast keine Klagen. Und die Unternehmen denken selbst: das ist zwar mein Konkurrent, der das gemacht hat, aber vielleicht will ich das ja selbst auch mal irgendwo machen und da will man auch keine schlafenden Hunde wecken. Man will ja den Werbebereich immer mehr ausdehnen.
In der Tat sind wegen des eingangs erwähnten Beispiels Klagen von Mitbewerbern eher nicht zu erwarten. Denn in ähnlichen Gemeinschaftsaktionen wie mit Focus Money kooperiert die Deutsche Bank in diesem Jahr auch mit ‘Capital', ‘Börse-Online', dem ‘Stern' oder der Frauenzeitschrift ‘Brigitte'.
Vor der großen Werbekrise waren derartige Kooperationen vor allem in den Redaktionen verpönt. Heute ist es in der Branche, so erzählt Werbefachmann Jochen Kalka, nichts Ungewöhnliches mehr, wenn Redaktionen in die Anzeigenaquise eingebunden werden.
Die Redaktion wurde involviert. Es gab erstmals Sitzungen, wo Anzeigenabteilungen und Redaktionen zusammen gesessen sind. Die haben eine Betonmauer zwischen sich gehabt und plötzlich wurden Türen eingezogen. Und die zweite, neuere Entwicklung ist, dass man merkt: Ok, die Kunden wollen Sonderwerbeformen. Die Kunden selbst üben damit Druck aus. Und früher hat man ganz klar gesagt: ‚Nö, das ist zu redaktionell, machen wir nicht.' Heute ist die Stufe erreicht, dass man sagt: ‚Ok, wir machen was, was vielleicht sich auch irgendwie ein bisschen vermischt, aber dafür nimmst du auch so und soviel normale Anzeigen im Paket mit.' Also hier ist wirklich was passiert, was Negatives passiert, dass einige Redaktionen leider immer mehr sich der Käuflichkeit hingeben, ja?