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Neuer Atommüllbehälter im Fallversuch getestet

Technik. - Atommülltransporte werden seit Jahren von Protesten begleitet. Gegner kritisieren, sie seien nicht sicher, auch weil die Behälter nicht nach allen Regeln der Technik und Wissenschaft getestet worden seien. Über diese Regeln, den Bau der Behälter und ihren Transport diskutieren alle drei Jahre Experten auf den PATRAM Konferenzen. Dieses Mal, seit Montag, in Berlin. Das nahm die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung zum Anlass, ihren neuen Versuchstand für Falltests mit den Tagungsteilnehmern einzuweihen.

Von Michael Fuhs |
    Noch hängt der 180.000 Kilogramm schwere Constor-Behälter, das ist das Gewicht von gut 100 Pkws, neun Meter hoch in der Luft, festgezurrt mit Seilen an einem Gestänge aus blauen Stahlrohren. Nach dem Fallversuch liegt das etwa fünf Meter lange und zweieinhalb Meter dicke zylinderförmige Gefäß auf dem Betonboden unter dem Fallturm im brandenburgischen Horstwalde. Bis auf die Stoßdämpfer, nach Augenschein intakt. Der Constor ist ein neuer Behälter für radioaktiven Müll und wird aus speziellem Schwerbeton gebaut, der die schädliche ionisierende Strahlung abschirmen soll. Der Beton wird wie in einem Sandwich 30 Zentimeter dick zwischen zwei Stahlwände gefüllt. Dadurch ist der Constor einfacher zu bauen als die in Deutschland eingesetzten Castorbehälter. Vor allem Kunden aus Osteuropa hätten danach gefragt, sagt Rudolf Diersch, Leiter der Entwicklungsabteilung beim Hersteller, der Gesellschaft für Nuklear-Behälter. Seit einigen Jahren ist er nun in Litauen im Einsatz, momentan nur zur Lagerung von abgebrannten Brennelementen aus dem dortigen Atomkraftwerk. Doch auch die Transportgenehmigung liegt vor, so Rudolf Diersch. Dazu muss der Antragsteller nachweisen, dass der Behälter sicher ist. Zum Beispiel, wenn der Transporter eine Brücke hinunterfällt.

    In der Vergangenheit wurden dazu an verkleinerten Modellbehältern Fallversuche durchgeführt, insbesondere im Maßstab eins zu zwei verkleinert, das ist eine international übliche Methode und die Ergebnisse haben wir in der Vergangenheit mit Gesetzmäßigkeiten der Ähnlichkeitsmechanik auf das Original übertragen. Der heutige Versuch dient nun dazu, diese Übertragung zu überprüfen, um später dann auch letztlich dahin zu kommen, dass man nur noch mit Modellbehältern diese Versuche durchführen kann. Das ist auch eine Preisfrage.

    Denn der Behälter für den heutigen Versuch hat einige hunderttausend Euro gekostet. Ein kleineres Modell kostet weniger. Gegner der Atommülltransporte kritisieren jedoch genau diese Praxis. Sie führte dazu, dass auch nicht alle Castor Behälter im Original getestet worden wären. Im Vergleich zu den Gesamtkosten der Atomenergie sei der Preis der Falltests nämlich gering. Und auch das Bundesamt für Strahlenschutz fordert in einer Broschüre aus dem Jahr 2000, dass überprüft werden müsse, ob durch Ähnlichkeitsschlüsse von kleineren Modellen wirklich die Sicherheit gewährleistet werden kann. Unabhängig vom Hersteller schätzt die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung die Festigkeit ab. Bernd Schulz-Forberg, Direktor der Abteilung Gefahrgutbehälter:

    Und so wird man diesen Eins-zu-eins-Versuch, den wir gemacht haben, mit Sicherheit nehmen, um die Computerprogramme, die parallel dazu laufen, zu justieren. Und dann hat man den großen Vorteil, dass man dann andere Aufschlagwinkel dann rechnen kann. Man kann mit solchen justierten Computerprogrammen dann feststellen, wo wäre der nächste interessante Versuch. Man kann ja mit so einem Schwerbehälter nicht 20, 30 Versuche machen. Aber man kann die raussuchen, die dann untersuchenswert sind.

    Mit Sensoren im gigantischen Betonfundament, zehnmal schwerer als der Behälter selber, bestimmen die Forscher, wie viel der Aufprallenergie der Boden aufgenommen und wie viel wirklich den Behälter geschädigt hat. Das müssen 95 bis 98 Prozent sein, nur dann gilt der Boden als "unnachgiebig" und nur dann entspricht der Test internationalen Richtlinien. Denn vom Bestehen des 9-Meter-Crashs soll auf reale Stürze aus größerer Höhe geschlossen werden. Zum Beispiel wenn beim Einschleusen in ein Kernkraftwerk der Kranhaken reißt. Die 30 Meter Fall auf den dortigen, weicheren und nachgiebigeren Betonboden, so Bernd Schulz-Forberg, würde der Behälter dann locker aushalten.