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Neuer Erwerbszweig für Bauern

Kamille, Johanniskraut und Fenchel. Das sind Arzneipflanzen und zum Teil auch Gewürze. Seit Jahrzehnten schon werden die nicht mehr nur im Garten angebaut, sondern auch hektarweise kultiviert. Ihre natürlichen Inhaltsstoffe sind bei den Arzneimittel-Herstellern und den Kunden gefragt. Kann man als Landwirt vom Anbau der Arzneipflanzen leben Zehntausend Hektar Anbaufläche für Arznei- und Gewürzpflanzen in Deutschland lassen ahnen: Das geht es um mehr als den Nebenberuf, wenn auch die Fläche natürlich nicht vergleichbar ist mit anderen Kulturflächen. Die Bundesfachagentur für nachwachsende Rohstoffe in Güstrow hat den Überblick. Und der Fachmann dort ist Henryk Stolte.

von: : Cornelia Dührsen |
    Also es gibt ca. 70 Arznei- und Gewürzpflanzenarten, die in Deutschland anbaubar sind. Es gibt darüber hinaus eine Vielzahl von Arten, das könnten vielleicht derzeit ca. 500 Arten sein, die hier in Deutschland Verwendung finden.

    90 Prozent etwa sind Import. Die Traditionsgebiete für den heimischen Anbau liegen in Thüringen, unter anderem dort mit der Kamille. Sie liegen in Bayern, in Hessen und in Niedersachsen. Niedersachsen mit der marinen Distel. Diese vier Bundesländer decken mehr als 70 Prozent der deutschen Produktion von Arznei- und Gewürzpflanzen ab. Ist da noch Platz für andere? Henryk Stolte sagt, ja. Unter bestimmten Bedingungen. Was in mediterranen Gebieten zum Teil einfach noch gesammelt wird, sind kleine wenn auch preiswerte Partien. Der Kontrollaufwand ist groß. Das Pharma-Unternehmen mag es eigentlich lieber anders.

    Der Arzneimittelproduzent wird immer Wert darauf legen, daß er möglichst große ,einheitliche Partien bekommt, die in Anbauverfahren produziert wurden, die protokolliert, kontrolliert sind. Wo das Unternehmen genau weiß, welche Pflanzenschutzmittel sind hier zum Einsatz gekommen. Sind überhaupt Pflanzenschutzmittel zum Einsatz gekommen. Ist die Artenreinheit gewährleistet. Und das bewegt die Unternehmen dazu, daß sie zum Teil bereit sind, sehr viel höhere Preise auch zu zahlen als das, was dort am Weltmarkt an Preisniveau herrscht.

    Mitten in Mecklenburg-Vorpommern, in einem Dorf namens Gransebieth, wagt es eine Firma seit zwei, drei Jahren: Herba-Farm. Ihr Geschäftsführer ist Bernd Roloff.

    Tja, wir bauen in erster Linie die Ihnen bekannten Kräuter an, Thymian, Pfefferminze, Kletten. Von der Klette wir die Wurzel geerntet, die dann in kleinen Mengen auch an die Pharma- Industrie geliefert werden, getrocknet an die Pharmaindustrie geliefert werden, aber der Absatz in diesem Jahr ist noch nicht allzu groß.

    Das soll sich ändern. Rund 50 ha hat Bernd Roloff mit seiner jungen Firma jetzt in Regie: eigene und gepachtete Flächen und viel durch Verträge mit anderen Landwirten. Seine Firma gehört dem Biopark an. Da muß alles minutiös dokumentiert werden. Und- Thymian einfach so, wie wir das im Garten machen, über Jahr stehen lassen..

    Geht nicht , sagt der Chef.

    Maximal, so in Abstimmung mit unseren Vertragspartnern, drei, vier Jahre – können wir ihn im Feld halten und ernten. Dann müssen wir dann halt nach zwei, drei Jahren uns Gedanken machen, eine neue Fläche in Anbau zu bringen, weil der Thymian, je länger er steht, von den Inhaltsstoffen her nachläßt.

    Sehr viel Fachwissen haben die Leute von Herba-Farm in Mecklenburg-Vorpommern erwerben müssen. Wissen und Technik für Ernte und Bearbeitung.

    Bei uns ist im Moment noch der Engpaß die technische Trocknung. Da ist aber auch vorgesehen, diesen Engpass auch noch in diesem Jahr noch zu beseitigen, daß wir im kommenden Jahr auch in der Lage sind, alle angebauten Kräuter entsprechend zu trocknen und weiter zu bearbeiten.

    Spezialtechnik, Spezialwissen, Risiko- und Experimentierfreudigkeit und ein gewisser Anbau-Umfang. Wer dafür Geld und Begeisterung aufbringt , für den bietet der Arzneipflanzenanbau Chancen. Übrigens: EU-Quoten für Brennesseln und Johanniskraut gibt es - noch nicht.